Pilzsuche in den Sauerländer Wäldern
Mit Argusaugen geht Mirek auf die Pirsch. Zwei Spezies stehen im Mittelpunkt seiner Wünsche: Cantharellus cibarius und Boletus edulis – nicht nur Naturfreunden besser bekannt als echter Pfifferling und Steinpilz. Vor 20 Jahren kam der 56-Jährige aus Masuren stammende Pole ins Sauerland, arbeitet seither als Forstarbeiter in einem Privatunternehmen in Oberhundem. Sein täglicher Aufenthalt auf dem Rücken des Rothaargebirges und den Tälern und Bergen ringsum bieten natürlich die ideale Voraussetzung für eine Pilzsuche.
Von klein auf hat ihn sein Vater über die unterschiedlichen essbaren und ungenießbaren Pilze unterrichtet. Steinpilze sowie Pfefferpilze, die in seiner Heimat auch als „Gurki“ bekannt waren, zählten zu den bevorzugten Objekten der Begierde. Seiner Leidenschaft frönt Mirek, der im Schatten des Rhein-Weser-Turms wohnt, auch im Land der tausend Berge. Er ist nicht nur perfekt im Umgang mit der Motorsäge, ihm entgeht so leicht keiner der begehrten Pilze. Dankbarer Abnehmer seines Sammelergebnisses ist Chefkoch Bernhard Schwermer vom Restaurant im benachbarten Aussichtsturm. Die Lage der Fundorte behält der Naturliebende Pole für sich: „Du würdest es ja auch niemandem verraten, wenn du eine Goldader entdeckt hättest, wo diese sich befindet.“
In diesem Jahr ist er mit den Ergebnissen seiner Pilzsuche nicht restlos zufrieden. Mal war es in den letzten Monaten zu nass, mal zu trocken. Einige Wochen lang fahndete er vergeblich auf Exkursionen in den heimischen Wäldern nach den begehrten Steinpilzen. Inzwischen gibt es diese wieder, doch viele von ihnen sind von winzigen Würmern überfallen. Auch findet er nicht immer Abnehmer für die teilweise stattlichen Ergebnisse seiner Pilzsuche. In diesen Fällen hat Mirek technisch aufgerüstet. Sowohl Pfifferlingen als auch Steinpilzen wird in einem kleinen Trockenapparat die Feuchtigkeit entzogen. Nach acht bis zehn Stunden können die Pilze dann zu hocharomatischem Pulver zerbröselt werden.
„Eine fantastische Zutat für Suppen und Saucen, die den Gerichten ein unvergleichliches Aroma verleihen“, so Bernhard Schwermer. Die getrockneten Pilze verströmen einen intensiven Duft von Wald und freier Natur. Liebhaber genießen sie in den verschiedensten Variationen. Als Pilzpfanne aus verschiedenen Mischpilzen, als Cremesüppchen oder als Rahmpilze mit Knödeln – dem Einfallsreichtum von Köchen, die besonders gerne regionale Produkte verarbeiten, sind keine Grenzen gesetzt. Dabei können sich die Gäste zu einhundert Prozent darauf verlassen, dass sich unter den angebotenen Pilzen kein „falscher“ befindet. Mirek ist mit seiner Jahrzehnte langen Erfahrung ein absoluter Kenner der Materie. Dezidiert erläutert er die Unterschiede zwischen „echten“ und „falschen“ Pfifferlingen. Die falschen würden über eine orange-rötlichere Farbe verfügen, ihre Trichter seien tiefer und der Hutrand sei eingerollt. Unterscheidungsmerkmale, die die meisten Hobbysammler nicht beherrschen würden.
Gehandelt wird in der heimischen Region ein Kilogramm der begehrten Pilze zwischen acht und zwölf Euro. Der sympathische Pole kann da nur staunen, was Städter bereit sind, für etwa die begehrten Steinpilze zu zahlen. Auf dem großen Wochenmarkt in Düsseldorf waren zuletzt die Steinpilze in 1a-Qualität mit einem Preisschild ausgezeichnet: 9,80 Euro beziehungsweise 12 Euro, allerdings für jeweils lediglich 100 Gramm. Mirek kann da nur ungläubig den Kopf schütteln. Er fragt sich: „Sind die Steinpilze in den Städten etwa aus purem Gold?“ Bei derartigen Preisen würde er ein delikates Pilzgericht sicherlich nicht mehr mit Appetit essen können.