Gautschfest auf Burg Altena

Seit 1989 wird im Rahmen des Märkischen Sommers immer am letzten Samstag vor den Sommerferien in Nordrhein-Westfalen das „Traditionelle Gautschfest“ auf der Burg Altena gefeiert. Die Wiederbelebung des alten Brauchs der „Schwarzen Kunst“, der seit Anfang des 19. Jahrhunderts nachgewiesen ist, wurde öffentlich durch den Bezirk Hagen und Sauerland im Fachverband Führungskräfte der Druckindustrie und Informationsverarbeitung (FDI) erstmals 1975 im Westfälischen Freilichtmuseum zu Hagen ausgeführt und dort bis 1988 gefeiert. Um die Tradition unabhängig vom FDI-Bezirk durchzuführen, kam es 2012 zur Gründung der „Interessengemeinschaft Traditionelles Gautschfest Hagen und Sauerland“.

Was ist Gautschen?

An dieser Stelle muss für die Lesenden erst einmal geklärt werden, was Gautschen ist. Das Wort ist der Fachsprache der Papiermacher entnommen. Dort werden die Papierbahnen gepresst, um das Wasser herauszubringen. Der Vorgang heißt Gautschen. Das Gautschen als Handwerksbrauch war nur bei den Buchdruckern und Schriftsetzern bekannt. Durch das Gautschen werden die Jünger der Schwarzen Kunst in die Berufsgemeinschaft aufgenommen. Diese Gemeinschaft beschränkt sich längst nicht mehr nur auf die durch Gutenberg in Szene gesetzten Buchdrucker und Schriftsetzer. Deren Berufsbezeichnungen sind seit Jahren von der Liste der Ausbildungsberufe gestrichen worden und durch neue Namen, wie Mediengestalter Druck und Print und Medientechnologe Druck ersetzt worden. Zum Traditionellen Gautschfest auf der Burg Altena sind alle willkommen, die heutzutage in der Druck- und Medienbranche mit den Aufgaben, eine Drucksache oder auch eine digitale Veröffentlichung fachgerecht zu erstellen, betraut sind und ihre Ausbildung erfolgreich beendet haben. Die meisten der Täuflinge besuchten das Cuno-Berufskolleg II in Hagen. Dadurch wird die Organisation erleichtert. Aber auch „alte Hasen“ dürfen sich der Gautschzeremonie unterziehen, wenn sie den begehrten Gautschbrief bisher noch nicht erhalten haben. Früher war es üblich, dass in den Betrieben gegautscht wurde. Der Gautschbrief war beim Stellenwechsel wichtiger als der Gesellenbrief. Konnte dieser nicht vorgezeigt werden, so wurde die ganze Prozedur wiederholt, und die oft recht beträchtlichen Kosten für das Gautschmahl waren nochmals zu entrichten. Beim „Traditionellen Gautschfest“ auf der Burg Altena geht es nicht so kostspielig zu, aber die Täuflinge müssen eine äußerliche und innerliche „Reinigung“ ertragen können.

Der Ablauf der Gautschfeier

Das Gautschkollegium besteht aus dem Gautschmeister, dem Schwammhalter und den vier Packern. Auf dem Podium stehen ein Schemel und ein großes Fass, das mit kaltem Leitungswasser gefüllt ist. Nach und nach werden die Täuflinge aufgerufen und auf das Podium gebeten. „Packer, packt an!“, ruft der Gautschmeister, „lasst seinen corpus posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm bis triefen beide Ballen.“ Die kräftigen Packer setzen den Täufling auf den Schemel, auf dem ein großer nasser Schwamm liegt. Dann waltet der Schwammhalter seines Amtes und drückt seinen Schwamm mehrmals über dem zappelnden Täufling aus, damit er „vorgekühlt“ ist, bevor ihn die Packer „zusammenfalten“ und kopfüber in das Gautschfass tauchen. Unter dem Beifall der Zuschauenden taucht der Täufling wieder auf, erhält einen Maßkrug Bier oder auch ein alkoholfreies Getränk, das er oder sie, im Fass stehend, hinunterspülen muss. Jetzt sind die Unbilden der Lehrzeit äußerlich und innerlich abgespült. Zum Abschluss der Gautschfeier halten alle Gegautschten den ersehnten Gautschbrief in Händen und stoßen mit den Altvorderen auf ein gutes Gelingen der Arbeit in der Zukunft an. Eine engagierte Schar von Fachleuten aus der Druck- und Medienindustrie und dem beruflichen Schulwesen zeigt beim Gautschfest, dass das gegenwärtige Tun, das durch modernste Techniken geprägt wird, seine traditionellen Wurzeln nicht verlieren darf.

Wer dem quirligen Treiben auf dem oberen Burghof der Burg Altena zuschauen möchte, ist am Samstag, dem 17. Juni 2023, um 12.30 Uhr, herzlich eingeladen. Da keine Parkmöglichkeiten auf der Burg vorhanden sind, müssen die Parkplätze Langer Kamp/Bungernzentrum unten in der Stadt Altena an der Lenne benutzt werden.