FRIEDA BRAUN – EIN SAUERLÄNDER ORIGINAL

Von Winterberg in die große, weite Welt

Anschmiegsam wie eine Scheibe Kochschinken

WOLL: Frau Braun, man mag es kaum glauben, aber in den entlegensten Ecken des Sauerlandes soll es ein paar Leute geben, die noch nie von Ihnen gehört haben. Können Sie sich bitte einmal kurz vorstellen?
Frieda Braun:
Mein Name ist Frieda Braun und ich wohne mit meinem Mann Erwin in Winterberg. Als waschechte Sauerländerin bin ich so, wie die Leute aus unserer Gegend eben sind: Wir wirken am Anfang immer etwas ungeschlachter, aber wenn wir erst einmal Ansprache gehabt haben, werden wir so anschmiegsam wie eine Scheibe Kochschinken.

WOLL: Wenn ich mir Ihren Tourplan so ansehe, kommen Sie ja ziemlich viel rum … Erzählen Sie der „Splittergruppe“ von Ihren Erlebnissen, wenn Sie wieder zurück nach Hause kommen? Und sind die ehrenwerten Damen vielleicht sogar ein bisschen neidisch auf Sie?
Frieda Braun:
Neid ist der Pfeffer in einer Beziehung, ein bisschen davon kann nicht schaden. Manchmal nehme ich die anderen aber auch mit. Dann lasse ich mich von unserem Hanni fahren, die hat ja diesen schnellen Wagen, den VW Chicorée. Die anderen Damen sitzen in den Autos hinter uns – im Opel Kapitän und der Ente. Wir fahren immer im Korso; kein Blatt passt zwischen uns.Ich habe viel mit Frieda gemeinsam

WOLL: Frau Berkenkopf, ohne Sie würde es „Frieda Braun“ nicht geben. Wie sind die auf die Idee zu diesem doch etwas schrulligen Bühnen-Charakter gekommen?
Karin Berkenkopf:
Es gab lebende Vorbilder. Ich bin in einer Nachbarschaft aufgewachsen, in der die Frauen nicht berufstätig waren; die haben den Haushalt geschmissen und sich um die Kinder gekümmert, was ja durchaus eine Aufgabe ist, waren aber eben viel zuhause. Sie haben sich gegenseitig besucht und viel erzählt, da waren wirklich Originale dabei. Diese Frauen haben meine Kindheit geprägt, und ich hatte sie vor Augen, als „Frieda Braun“ entstanden ist. Ich habe lange als Werbetexterin gearbeitet, habe schwer verständliche Produkte für Laien erklärt; das Schreiben, Dinge auf den Punkt zu bringen, mit Sprache zu spielen, das habe ich gelernt, und das hat mir auch immer Spaß gemacht. Im „Radio Sauerland“ habe ich kleine Statements von drei Minuten gemacht, als „Frieda Braun“, auch schon mit diesem Slang. Irgendwann hatte ich ganz viele dieser Drei-Minuten-Geschichten zusammen, und als ich meinen Partner Joseph Collard kennenlernte, der selbst als Pantomime und Clown auf der Bühne steht, bekam ich dann den „Tritt in den Hintern“, den ich brauchte, um mich auch auf die Bühne zu trauen. 1997 habe ich zum ersten Mal einen Auftritt gemacht, und zwar im Karneval in Neuastenberg. Eigentlich bin ich keine Karnevalistin, in Winterberg wird das auch nicht groß gefeiert, aber ich habe gedacht, dass man es da mal ganz gefahrlos ausprobieren kann. Selbst wenn es nicht so gut ist – im Karneval wird viel verziehen, zumindest hier auf dem Land.

WOLL: War es für Sie eine Überwindung, sich plötzlich ganz allein auf eine Bühne zu stellen und die Scheinwerfer auf Sie gerichtet zu sehen?
Karin Berkenkopf: Ich habe mich anfangs tatsächlich sehr schwer damit getan, über anderthalb Stunden allein auf der Bühne zu stehen. Ich habe jemanden gesucht, der mitmacht, aber ich habe niemanden gefunden; es blieb also nichts anderes übrig, als es einfach zu machen. Die Kostümierung hat mir dabei sehr geholfen. Sobald man eine Verkleidung hat, und sei es nur eine Clownsnase oder eine auffällige Brille, fühlt man sich schon in einer anderen Haut, und dann ist es auch leichter, den Schalter umzulegen und aus sich herauszukommen.


WOLL: Geht es nur um das Erzählte oder welche Rolle spielen Mimik und Gestik für Ihre Auftritte?
Karin Berkenkopf:
Wenn ich meinen Partner Joseph nicht hätte, würde ich wahrscheinlich heute nur auf der Bühne stehen und Text erzählen. Das Bewegen habe ich durch Joseph gelernt, es hat lange gedauert und es ist mir echt schwergefallen. Aber es ist wichtig. Der Auftritt wirkt dadurch viel lebendiger. Heute genieße ich das sogar, dass ich keine Angst davor habe, mich auch mal außergewöhnlich zu bewegen.

WOLL: Inzwischen haben Sie zehn Solo-Programme entwickelt. Wie kommen Sie auf immer wieder neue Ideen dafür?
Karin Berkenkopf:
Das ist die eigentliche Arbeit dahinter. Das Auftreten selbst ist eine Freude für mich, aber die richtige Arbeit ist das, was man vorher macht. Die Geschichte erfinden und entwickeln, das fällt einem ja nicht mal eben so „auf dem Klo“ ein. Ich schreibe die Texte so, dass die Pointen an den richtigen Stellen sitzen, und das ist ein langer Prozess. Dann muss ich das auswendig lernen; das klappt aber ganz gut, weil es ja meine eigenen Texte sind, und mein Partner hat mir auch ein paar Techniken beigebracht, wie man sich lange Passagen besser merken kann. Für den Notfall habe ich einen Spickzettel dabei, und das sage ich den Leuten auch; wenn ich mal den Faden verliere, hilft mir auch das Publikum weiter. Das ist kein Problem, das macht es ja nur menschlich!

WOLL: Hand aufs Herz: Wie viel Karin Berkenkopf steckt in „Frieda Braun“?
Karin Berkenkopf:
Ich glaube, ganz schön viel. Das lässt sich gar nicht vermeiden, wir sind über die Jahre zusammengewachsen, wir nähern uns inzwischen ja auch altersmäßig an. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich denke: Frieda hätte jetzt genauso reagiert.

WOLL: In unterschiedlichen Formaten kommen Sie immer wieder auch mit anderen Comedians zusammen. Sind diese Menschen auch hinter der Bühne so witzig wie darauf?

Karin Berkenkopf:
Es geht meistens schon ziemlich locker ab. Wenn man die Richtigen zusammen hat, und in der Lage ist, das Ganze nicht so bierernst zu nehmen, kann man sich in diesem Beruf schon sehr amüsieren. Kurz bevor es losgeht, ist man unter Spannung; besonders, wenn es fürs Fernsehen ist. Aber gerade da sind alle um einen herum, Techniker und Maskenbildner, darauf geschult, Wohlfühlatmosphäre zu schaffen und Ruhe zu bewahren. Da erlebt man selten jemanden, der hektisch ist, und das tut gut! Ich selbst bin nämlich manchmal doch etwas hibbelig, denn zum Beispiel bei der „Ladies Night“ hat man eine vorgegebene Auftrittsdauer von dreieinhalb Minuten, und muss sehen, dass man eine Nummer, die eigentlich viel länger ist, zusammenkürzt und so auch auswendig lernt, obwohl man sie in der langen Fassung im Kopf schon betoniert hat. Das klappt zwar, aber es ist eine andere Spannung, als wenn ich mit meinem Solo-Programm unterwegs bin.

WOLL: Der Tour-Plan ist ja aktuell auch recht voll. Sind Auftritte im Sauerland dabei? Und kommen Ihre Gags hier anders an als zum Beispiel in Berlin?
Karin Berkenkopf:
Es sind ab Frühjahr 2024 wieder einige Auftritte im Sauerland geplant. Den Auftakt macht Altenhundem im Februar, dann folgen Lippstadt, Arnsberg und Menden. Im April stelle ich in Bestwig mein neues Programm vor. Das Publikum reagiert hier übrigens nicht anders als anderswo. Ich werde oft gefragt, ob mich die Leute außerhalb denn überhaupt verstehen. Na klar, ich habe zwar meinen Slang, aber spreche doch kein Platt. Und obwohl Frieda vom Dorf kommt, kennen die Leute in der Großstadt solche Personen; die haben auch ihren Mikrokosmos, so etwas kennen alle, und das lieben auch alle, weil es so vertraut ist.

WOLL: Sie haben in Düsseldorf und in Bonn gelebt. Warum hat es Sie nach Winterberg zurückgezogen?
Karin Berkenkopf:
Ich habe wirklich ein bisschen gejammert. Ich hatte zwar in Düsseldorf auch Familie und kannte mich aus, aber Winterberg ist meine Heimat. Ich kenne fast alle Leute, habe hier viele Freunde und finde, dass man hier gut leben kann – wenn nicht gerade Hochsaison ist. Dann ist es manchmal etwas überlaufen, aber davon leben die Leute, das muss man akzeptieren. Das Einzige, was mich nervt, sind die langen Reisezeiten. Wenn ich Auftritte in Berlin, Hamburg oder Köln habe, kann ich mich nicht einfach hier in den Zug setzen und da wieder aussteigen. Auf dem Land braucht man ein Auto, und in meinem Job auch eins, was man innerhalb von drei Minuten auftanken kann. Ich übernachte inzwischen auch häufig nach den Auftritten in den jeweiligen Städten und fahre von dort aus weiter, weil das sonst zeitlich kaum zu machen ist.

WOLL: Ohne Kostüm werden Sie vermutlich eher weniger erkannt und können sich ganz entspannt in der Umgebung bewegen. Was machen Sie gern in Ihrer Freizeit, welche sind Ihre Lieblingsorte in der Region?

Karin Berkenkopf: Richtig, ich werde meistens nicht erkannt, und das ist auch gut so. Einer meiner Lieblingsorte ist das Winterberger Kino, da war ich letzte Woche drei Mal hintereinander, und natürlich auch die Gastronomie im Ort; ich gehe gern mal aus. Manchmal wandern wir auch in die Dörfer raus, und da gibt es immer Hütten oder kleine Cafés, wo man einkehren kann – Kaffee und Kuchen gehört bei einem Sonntagsspaziergang einfach dazu. Das ist wie bei der „Splittergruppe“!