Schmallenberg ist ohne FALKE und FALKE ohne Schmallenberg nicht vorstellbar. Seit über 125 Jahren hat das Textilunternehmen den Wirtschaftsstandort Schmallenberg maßgeblich mitgeprägt. Von den markanten Gebäuden und vor allem in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung. Nicht ohne Grund wird Schmallenberg in weiten Teilen des Landes immer noch als die Strumpfstadt angesehen. Heute ist FALKE eines der wenigen verbliebenen Bekleidungsunternehmen in Deutschland mit internationaler Bedeutung und großer lokaler Produktion. FALKE ist ein typisches Familienunternehmen, aktuell in der vierten Generation von den Cousins Franz-Peter (70) und Paul Falke (64) geführt. Paul Falke, Sohn des bekannten Bürgermeisters gleichen Namens, hat dem WOLL- Magazin vor einigen Tagen im Stammhaus in der Oststraße in Schmallenberg einen Einblick in das international aufgestellte Unternehmen gegeben.
Seit 1990 leitet Paul Falke zusammen mit seinem Cousin Franz-Peter in vierter Generation das Familienunternehmen. Zu den größten unternehmerischen Herausforderungen in den vergangenen 32 Jahren zählt der Familienunternehmer die Internationalisierung und den Ausbau der Premium-Marke FALKE. Paul Falke: „Am Anfang lag unser Fokus auf der Stabilisierung der wirtschaftlichen und natürlich auch der markentechnischen Situation. Die Marke FALKE hatte damals schon ein sehr gutes und erfolgreiches Image. Die Konkurrenzsituation war vor 32 Jahren eine deutlich andere, als sie heute ist, vor allem in unserem ureigensten Bereich, dem Beinbekleidungssektor. Eine weitere Herausforderung war das Vorantreiben des internationalen Vertriebes. Wir haben diesbezüglich sehr viel unternommen und investiert, desinvestiert und Lehrgeld bezahlt. Trotzdem haben wir es erreicht, dass wir heute einen erheblichen Teil unseres Umsatzes außerhalb von Deutschland erzielen.“ Heute liegt der Exportanteil von FALKE bei etwa 50 Prozent.
In Schmallenberg verwurzelt
Die nunmehr 127-jährige Firmengeschichte von FALKE ist eng mit der Entwicklung der Stadt Schmallenberg verbunden. So hat FALKE schon in den 50er und 60er Jahren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland, zum Beispiel aus Italien, nach Schmallenberg geholt. Damals wie heute gab es auf dem heimischen Arbeitsmarkt nicht genügend Arbeitskräfte für das expandierende Unternehmen. In dieser Zeit war der Vater von Paul Falke nicht nur Unternehmer, er war auch Bürgermeister von Schmallenberg. „Bis 1984 war mein Vater 33 Jahre ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Schmallenberg, danach war er noch im Rat der Stadt. Wenn man damals in das Büro der beiden Brüder kam, hatte sich mein Vater an den Schreibtisch noch ein Regal zimmern lassen, auf dem das Amtshaustelefon stand“, so Paul Falke. „Jeden Sonntag wurde immer nach dem Rechten geguckt. Ich kann mich nicht erinnern, dass es irgendeinen Sonntag gab, an dem mein Vater nicht einmal durch die Räume oder die Werkshallen lief, um nach dem Rechten zu schauen. Und nachmittags fuhr er häufig, meist mit meiner Mutter, im VW-Käfer über die Dörfer und schaute dort, was sich vielleicht verändert hatte.“ Wie der Unternehmer Falke unumwunden zu-gibt, war die vorherige Generation noch deutlich verwurzelter mit Schmallenberg, als es die heutigen Inhaber Franz-Peter und Paul Falke sind. Paul Falke: „Mit 15 Jahren habe ich Schmallenberg verlassen und bin, als mein Vater starb, mit 31 Jahren zurückgekehrt. Insofern war ich genauso lange Zeit woanders wie hier. Im Nachhinein kann ich ehrlicherweise nur sagen, dass es die beste Entscheidung war, mit 15 Jahren das Tal zu verlassen und die Nase woanders und international „in den Wind zu halten“. Im Gegensatz zu mir haben meine Kinder in Schmallenberg ihr Ab-tur absolviert und hier sehr gerne ihre Zeit verbracht – und tun das heute noch. Die heutige Situation ist jedoch anders. Unsere Kinder haben es nie so empfunden, dass man doch ein wenig hinter den Bergen und fernab der Metropolen lebte. Sie sind Digital Natives, sie waren schon immer vernetzt, egal ob sie in Schmallenberg waren, oder anderswo. Das empfinden sehr viele Menschen ebenso und es hat dem ländlichen Raum sehr geholfen und ihn aufgewertet.“
Schmallenberg als Herz Europas
Zusammen mit dem Familienfreund Klaus Gerwin bezeichneten in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Brüder und damaligen Inhaber des Unternehmens, Paul und Franz-Otto Falke, Schmallenberg als „Mittelpunkt Europas“. In Fachanzeigen für die Geschäftspartner in der Branche behaupteten sie mit sauerländischem Augenzwinkern: „Das Herz Europas heißt Schmallenberg. Fragen Sie Paul und Franz-Otto Falke – die glauben das allen Ernstes: Nirgendwo gibt es reinere Luft, klareres Wasser, grünere Tannen, nettere Leute oder bessere Socken und Pullover … .“ Fünfzig Jahre und eine Generation später scheinen diese Aus-sagen immer noch zu stimmen, auch wenn das mit den Tannen aktuell etwas in Zweifel gezogen werden kann. Paul Falke heute: „Das war damals ein starkes Statement und zweifelsohne provokantes Marketing. Unsere Väter haben sich diesbezüglich damals schon das eine oder andere Bemerkenswerte getraut.“ Paul Falke schaut mit Respekt auf die unternehmerische Zeit seines Vaters und seines Onkels zurück. „Wir haben uns natürlich sehr oft die Frage gestellt: Was haben wir wirklich anders gemacht, als viele unserer Mitbewerber? Das konsequente Festhalten am Grundsatz, eine Premiummarke zu sein und alles dafür zu tun, das hat wohl den großen Unterschied gemacht. Wir hatten damals und wir haben bis heute immer sehr kreative, findige und fleißige Menschen am Werk, die die Produktionsprozesse hervorragend managen. Als ich in den 90er Jahren hier anfing, war die ganze Branche beeindruckt, wie wir diese gewaltige Anzahl von Positionen und die Lizenzmarken logistisch meisterten.“Trotz der betriebswirtschaftlich immer notwendiger werdenden Verlagerung der Produktion ins Ausland, hat FALKE am Produktionsstandort Schmallenberg festgehalten und sogar die Produktion der Feinstrümpfe nach Schmallenberg geholt. Mitten in Schmallenberg wurden zusätzliche Produktionsflächen geschaffen. Paul Falke: „Wir haben damals die Grundsatzentscheidung getroffen, dass wir hier in Schmallenberg, im Stammhaus, sämtliche Prototypen entwickeln und in kleinen Serien produzieren können. Große Serienproduktionen können auch woanders stattfinden.“ Die Suche nach den für die Entwicklung und die Produktion der hochwertigen Produkte erforderlichen Fachkräfte war in allen Jahrzehnten stets eine Herausforderung für das Unternehmen. Hieran hat sich auch durch die zunehmende Digitalisierung wenig geändert. Paul Falke sieht ebenso wie sein Cousin Franz-Peter Falke hierin die derzeit größte Herausforderung: „Das Nadelöhr für uns sind die produktionstechnischen Tätigkeiten. Wir brauchen noch mehr qualifizierten Nachwuchs in allen technischen Bereichen. Leider gibt es auch national kaum noch Mitbewerber mit einer Strumpfproduktion und somit auch keine Fachkräfte mehr. Wir werden unseren Nachwuchs noch stärker selbst ausbilden und trainieren müssen als bisher.“
Fachkräfte und qualifizierter Nachwuchs
Am Standort Schmallenberg steht FALKE bei der Suche nach qualifiziertem Nachwuchs in einem zunehmenden Wettbewerb mit zahlreichen anderen mittelständischen Betrieben. Paul Fal-ke: „Es gibt eine Vielzahl von erfolg-reichen Unternehmen im Schmallenberger Sauerland. Leider hat sich in vielen Köpfen festgesetzt, dass in der Textil- und Bekleidungsindustrie die Löhne und Gehälter nicht so hoch sind. Wenn man jedoch die Stundenlöhne und Gehälter tatsächlich vergleicht und effektiv ins Verhältnis setzt, stellt sich die Situation anders dar. Das müssen wir deutlich machen, um Vorurteilen zu begegnen.“ Für die derzeit hervorragende Gesamtsituation des Wirtschaftsstandortes Schmallenberg trägt das Traditionsunternehmen FALKE heute wie damals einen sehr großen Teil bei. Paul Falke bewertet dies entsprechend: „Ich kann nur feststellen, dass wir hier Mitarbeiter suchen. Es scheint also ein gesunder Wirtschaftsstandort zu sein. Die Arbeitslosenquote liegt bei 2,9 Prozent. Unter Experten heißt das im Grunde Vollbeschäftigung. Eigentlich wunder-bar und sehr erfreulich. In den Schmallenberger Industriegebieten gibt es eine Vielzahl neuer und erfolgreicher Unter-nehmen. Das finde ich wirklich toll und erweitert auch den Horizont und die Möglichkeit derjenigen, die sich jetzt schon entschieden haben, auf Dauer zu bleiben. Ich weiß nicht, ob es präzise Zahlen gibt, wie viele junge Menschen Schmallenberg verlassen oder hierbleiben. Das wäre interessant zu erfahren, natürlich auch um den Verbleib hier noch attraktiver zu machen.“
Zum guten Schluss!
Gibt es einen Lieblingsplatz, einen Lieblingsort für Paul Falke hier in der Stadt Schmallenberg?
Paul Falke: Es gibt schon ein paar Plätze, wo ich wahnsinnig gerne hingehe. Wenn wir zum Essen gehen, dann besonders gerne in den Gasthof zum Grubental nach Latrop, Hotel Deimann, Hotel Störmann, ins Waldhaus Ohlenbach, genauso gerne gehe ich aber auch zu Schütte nach Oberkirchen oder in andere Lokale.
Welche Personen verbindet man sofort mit Schmallenberg?
Paul Falke: Ich muss sagen, dieses Trüppchen, das mein Vater um sich hatte, das waren schon Originale. Es gibt aktuell einige Menschen, die mir diesbezüglich einfallen. Gestern hatte ich zum Beispiel ein Gespräch mit RA Christian Berken, der ist für mich ein typischer Schmallenberger. Ich habe ihn gefragt, wie lange er schon im Aufsichtsrat der Volksbank sei. Seine Antwort: 31 Jahre. Das ist unglaublich! Durch die erneute Fusion hat sich die hiesige Volksbank enorm entwickelt. Es gibt hier wirklich viele großartige Menschen, jetzt eine bestimmte Person zu benennen, fällt mir schwer. Ich habe auch ein großes Faible für den Sauerländer Friedrich Merz. Er macht seinen Job glänzend. Es gibt noch viele andere Menschen aus dieser Gegend, die ihre Aufgaben großartig meistern. Dazu zählt sicher auch einer unserer früheren Mitarbeiter, der Landrat Dr. Karl Schneider und viele, viele ambitionierte und erfolgreiche Menschen, gerade auch im Handwerk.
Wie geht es mit FALKE in den nächsten 25 Jahren weiter?
Paul Falke: Hoffentlich erfolgreich! Vielleicht wird die fünfteGeneration eine andere Rolle spielen. Wir haben entsprechende Vorkehrungen getroffen. Ich bin letzte Woche 64 Jahre alt geworden, Franz-Peter wird 71 Jahre alt. Wir haben uns gut vorbereitet, damit das Unternehmen erfolgreich weiterläuft, auch dann, wenn einer von uns nicht mehr dabei sein kann. Wir haben ein hervorragendes Management etabliert. Wie aktiv die Inhaberrolle in Zukunft ausgeübt wird, wird die nächste Generation entscheiden.
WOLL: Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch und den Einblick, den wir in das Unternehmen FALKE bekommen haben.
Dieser Beitrag ist erstmalig erschienen im WOLL-Extramagazin „Made in Schmallenberg“ – Erschienen im August 2022 – Bezug direkt über WOLL-Magazin – info@woll-magazin.de – Versandspesen 3,00 Euro