„Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, einen gepäppelten Vogel wieder in seine Freiheit zurück lassen zu können“ 

Quelle: Nina Karpinski

Wildvogelpäpplerin Nina Karpinski

Wildvogelnotfall was tun? Nina Karpinski, 38 Jahre alt, aus Messinghausen widmet sich in ihrer freien Zeit der Pflege von verletzten und kranken Wildvögeln. Wann immer es an der Haustür klingelt oder das Telefon bimmelt, lässt sie alles stehen und liegen, da sie bereits ahnt, dass ihr ein verletzter Vogel gebracht werden.  
 
WOLL: Frau Karpinski, woher kommt Ihr Engagement für verletzte Vögel? 
 
Nina Karpinski: Das Fundament, Interesse an Tieren und Natur, war schon lange gelegt. Über das Hobby der Fotografie bin ich immer aufmerksamer gegenüber unseren Wildvögeln geworden. Ein paar Jahre habe ich mich belesen und mich mit anderen Wildvogelpäpplern ausgetauscht. Ein gewisses Grundwissen sowie gute Kontakte, u.a. zu vogelkundigen Tierärzten, müssen gewährleistet sein. 

Es ist ein unbeschreibliches Gefühl einen gepäppelten Vogel wieder in seine Freiheit zurück lassen zu können oder aber eine Aufzucht auf den Weg in sein eigenes Leben begleiten zu können. Aber wir können leider nicht jedes Leben retten, auch damit muss man umgehen können, auch das gehört dazu. 

Quelle: Nina Karpinski
Nina Karpinski

WOLL: Seit wann helfen Sie Wildvögel in Not? 

Nina Karpinski: Dass ich tatsächlich Wildvögel päppeln würde, stand für mich bereits vor ein paar Jahren fest, jedoch sah der zeitliche Plan etwas anders aus. Nach dem Umzug nach Brilon sollte zunächst das Haus fertig renoviert werden und dann wollte ich beginnen. Mein erster Patient ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Ich fand ihn im Frühjahr 2020 vor meiner eigenen Tür. Das war im Grunde der Start in die eigenständige Wildvogelpflege. Denn ich fand heraus, dass es im größeren Umkreis keinerlei Anlaufstellen für gefundene Wildvögel gab, die Nachfrage aber durchaus groß ist. 

WOLL: Wie finanzieren Sie ihre Projekte?  

Nina Karpinski: Das ist eine sehr kostenintensive Angelegenheit. Es sind die Unterbringungsmöglichkeiten, hier werden keine Käfige genommen, da sie dem Gefieder schaden, sondern z. B. Flexarien, Softboxen und Moskitozelte. Die Futter-, Tierarzt-, und Spritkosten. Es können auch immer mal Sonderfälle sein, die in einer Tierklinik versorgt werden müssen oder längerfristige Spezialbehandlungen benötigen. Wir, ich nutze das „wir“, weil es allen Wildtierpäpplern so ergeht, finanzieren das aus den eigenen Portemonnaies und sind daher natürlich auch auf Spenden angewiesen. Wir haben häufig Kosten von mehreren hundert Euro im Monat, wobei ich hier von der Hauptsaison, im Sommer, spreche. Ja, so ein junger und kleiner Pieps hat einen gesunden Hunger auf dem Weg in sein eigenes Leben in Freiheit. 

WOLL: Was ist zu tun, wenn man einen hilflosen oder verletzten Vogel findet? 

Nina Karpinski: Das Allerwichtigste ist: Ruhe bewahren! Dann ist zu klären, ob das gefundene Tier tatsächlich hilfebedürftig ist –  und schon hier helfen die richtigen Anlaufstellen weiter. Ganz wichtig, gar überlebenswichtig für das Fundtier: Keineswegs Futter oder Wasser geben! 

WOLL: Wie bringe ich einen Fundvogel unter? 

Nina Karpinski: Einen ausgewachsenen Wildvogel gibt man in einem Karton, der mit Luftlöchern versehen ist und stellt ihn an einen ruhigen Ort. Bei jungen Vögeln sind Wärme und ein Nest wichtige Faktoren. Wenn das Vögelchen noch nicht sein vollständiges Federkleid hat, sollte dieser warm gehalten werden. Für das Nest nimmt man eine Schale oder Schüssel, legt diese mit Küchenpapier, einer wärmenden Socke oder einem Fleecelappen aus. Dieses Nest platziert man in einer Box, Wanne oder Schale, darunter eine Wärmequelle z. B. eine Wärmflasche. Zusätzlich legt man einen feuchten Waschlappen in die Box/Schale, neben das Nest, da auch die Luftfeuchtigkeit eine wichtige Rolle spielt. Ist alles gerade nicht umsetzbar, wärmt man den kleinen Pieps mit der eigenen Hand. 

An dieser Stelle möchte ich erneut betonen dass es extrem wichtig ist dem Fundtier weder Wasser noch Futter zu geben. Was viele nicht wissen, die Luftröhre liegt direkt unter der Zunge. Gerade Jungvögel können dies nicht steuern, daher trinken sie auch nicht. Wird Wasser verabreicht, gelangt dieses sofort in die Lunge – Lebensgefahr! 

Woll: Worauf ist zu achten bei einem noch nicht voll befiedertem Jungvogel?  
 
Nina Karpinski: Wir Vogler unterscheiden zwischen einem Nestling und einem Ästling. Ein Nestling sitzt noch komplett auf seinen Beinen und besitzt noch kein vollständiges Federkleid. Ein Ästling ist voll befiedert und kann sich schon auf seinen Füßen halten und ist mindestens hüpfend unterwegs. Ein Nestling ist außerhalb seines Nestes schutzlos gegenüber Feinden und wird von seinen Eltern nicht mehr versorgt, hier ist Hilfe gefragt. Bei einem Ästling gilt zu beobachten, ob dieser versorgt wird. Die Elterntiere halten sich in der Regel in unmittelbarer Nähe auf. 
 
Woll: Man sagt, wenn man einen Jungvogel in der Hand gehalten hat, dass Vogeleltern die Kleinen nicht mehr versorgen, stimmen diese Aussagen? 
 
Nina Karpinski: Es ist grundsätzlich ein lange überholter Irrglaube. Findet man einen jungen Pieps an einer Gefahrenstelle, wie an einer Straße, kann man diesen umsetzen. Man kann ihn in unmittelbarer Nähe zum Beispiel an eine Hecke oder unter einen Strauch absetzen, so dass er geschützter sitzt. Ist man der Ansicht dass der Pieps aber noch in ein Nest gehört, sollte man ohne Anleitung, die die beratenden Fachleute gerne geben, keine eigenständige Rückführung unternehmen auch nicht wenn man sich sicher ist, um welches Nest es sich handelt. 

Quelle: Nina Karpinski

 WOLL: Suchen Vogeleltern ihre Sprösslinge, wenn sie verloren gegangen sind? 
 
Nina Karpinski: Ja. Sie suchen, und zwar rund 24 Stunden lang. Diese Zeit hat natürlich nicht jeder Jungvogel, je kleiner er ist, desto schneller sollte er von seinen Elterntieren gefunden werden. Bei Jungvögeln, die von den Eltern gefüttert werden, sollte man gute zwei Stunden beobachten, ob sich die Elterntiere kümmern. Ist dies nicht der Fall sollte man helfend einschreiten oder sich, schon vorab, an eine fachkundige Stelle wenden. 

WOLL: Gibt es Sonderfälle? 

Nina Karpinski: Schwalben sowie Alpen- und Mauersegler sind Ausnahmefälle. Findet man eine Schwalbe oder einen Segler am Boden, egal wie alt, braucht dieser Vogel immer Hilfe! 

WOLL: Auf einem Ihrer Fotos erkennt man den wunderschönen farbenprächtigen Eisvogel, bei welcher Verletzung haben sie ihn wieder aufgepäppelt? 
 
Nina Karpinski: Dieses wunderschöne Prachtexemplar wurde mir von einer engagierten Finderin aus Hallenberg gebracht. Er war mit einem Auto kollidiert. Er hatte recht viel Glück gehabt und sich nichts gebrochen. Eine ordentliche Prellung legte sein Flugvermögen jedoch für ein paar Tage lahm. Nach etwas mehr als 14 Tagen konnte er aber wieder in sein Revier zurückkehren.  

 
WOLL: Werden Sie vom Naturschutzbund NABU in irgendeiner Form unterstützt? 

Nina K: Wir arbeiten nicht direkt zusammen, stehen allerdings regelmäßig in Kontakt. Der NABU wird durch uns Päppler informiert, wenn wir gewisse Krankheitsbilder bei Wildvögeln feststellen, so dass der NABU Meldungen herausgeben kann.  
 
Ehrenamtliche Wildvogelpäppler im HSK 

Nina Karpinski 0152 – 34031282 
Wildvogelhilfe Sundern, Esther Rossa 0152 – 54231461  

BUND Greifvogelhilfe HSK in Sundern, Falknerin Claudia Haardt, 0171 – 6430249.  

wp.wildvogelhilfe.org  

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