„Es gibt niemanden, der nichts kann“

Mit KAoA Perspektiven aufzeigen und Kompetenzen entfalten: Berufliche Orientierung ein Kernbereich an NRW-Schulen

Junge Menschen frühzeitig auf lebenslanges Lernen vorbereiten, berufliche Perspektiven aufzeigen und vor allem Kompetenzen erkennen und entfalten:  Die Berufliche Orientierung nimmt an allen NRW-Schulen der Sekundarstufe I und II inzwischen eine überragende Rolle ein, hat große gesellschaftliche Relevanz und macht die Schulen lebensnäher und lebendiger.  Mit der NRW-Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf in NRW“ (KAoA) ab der 8. Klasse aller Schulformen wurde ein einheitliches und effizientes Übergangssystem von der Schule in Ausbildung und Studium geschaffen. Ein Schwerpunkt ist die Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung.    

„Die jungen Menschen sollen bei der Beruflichen Orientierung so früh wie möglich in den Schulen unterstützt werden“, sagt Maria Büse-Dallmann, Leitende Regierungsschuldirektorin bei der Bezirksregierung Arnsberg.  „Sie sollen ihre Kompetenzen, Talente und Ressourcen erkennen. Ihnen sollen Wege der dualen Ausbildung, des Studiums und berufliche Perspektiven aufgezeigt werden. Dabei geht es um die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und auch um Wertschätzung für Berufe und Tätigkeiten jeder Art.“ Ingo Maschoty, Fachberater der „Koordinierungsstelle Berufliche Orientierung“ der Arnsberger Behörde, die gemeinsam mit den zwölf Kommunalen Koordinierungen den KAoA-Prozess begleitet und unterstützt, bezeichnet den Ansatz so: „Für die Jugendlichen ist es wichtig, den Blick darauf zu werfen, was er kann. Denn egal, welche berufliche Ausbildung er macht, sie ist immer der Startpunkt in eine erfolgreiche Karriere. Es gibt nur den richtigen individuellen Weg.“ Für Dezernent Andreas Kremer, zuständig für die Gesamt- und Sekundarschulen im Kreis Olpe und Siegen-Wittgenstein, steht fest: „Es gibt niemanden, der nichts kann.“   

KAoA bei der Bezirksregierung hoch angesiedelt 

Das Landesvorhaben KAoA, 2011 vom Ausbildungskonsens NRW („Jeder junge Mensch in NRW, der ausgebildet werden will, wird ausgebildet“) ins Leben gerufen, ist bei der Bezirksregierung hoch angesiedelt und wird gemeinsam mit den kommunalen Akteuren mit großem Engagement umgesetzt. Die rasche Integration aller Jugendlichen mit und ohne Förderbedarf in Ausbildung, Arbeitswelt oder Studium ist gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels von großer Bedeutung. „Mit dem Elternhaus und der Schule gibt es zwei Leitplanken für die Entwicklung der Jugendlichen. Den größten Einfluss haben die Eltern, die Schule berät und informiert“, so Maria Büse-Dallmann. „Die Einbindung der Eltern in den Prozess der Beruflichen Orientierung ist für uns elementar.“ 

Mit KAoA geht NRW neue Wege. „Ein Lebensweltbezug und damit auch die Arbeitswelt ist eine Grundlage für jeden Unterricht“, betont Andreas Kremer. „Die Berufliche Orientierung mit Erkennen und Entwicklung von überfachlichen Kompetenzen ist Querschnitts- und Gemeinschaftsaufgabe für alle Schulfächer, in denen auch diese Kompetenzen vermittelt werden.“ Wichtig seien soziale Kompetenzen. „In allen Unterrichtsfächern werden auch soziale Kompetenzen (Teamgeist, Fairness …) entwickelt, die im Berufsleben wichtig sind. Und der Besuch eines Bauernhofes im Erdkundeunterricht der 5. Klasse beinhaltet auch erste Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt“, so Kremer. Für die Berufliche Orientierung gibt es an jeder Schule eine Koordinatorin bzw. einen Koordinator (StuBo) oder ein Stubo-Team. 

Potenzialanalyse ist wichtige Säule 

Der Berufsorientierungs-Prozess an allen Schulen ab der Klasse 8 ist strukturiert, standardisiert und verbindlich. Nach der Elterninformation startet der Prozess mit einer Potenzialanalyse der Schülerinnen und Schüler. Sie findet eintägig bei außerschulischen Bildungsträgern statt. In der Analyse werden persönliche Potenziale wie Motivation oder Leistungsbereitschaft, praktische Kompetenzen (Handgeschicklichkeit, Sprachkompetenz), methodische Potenziale (strukturiertes Vorgehen oder Aufgabenverständnis) und soziale Potenziale wie Team- und Kommunikationsfähigkeit beobachtet. Die Potenzialanalyse wird durch die Schule vor- und nachbereitet. Die Eltern und die Bundesagentur für Arbeit werden miteinbezogen. Die Ergebnisse sind Grundlage für den weiteren Prozessverlauf. Dieser wird mit einer dreitätigen betrieblichen Berufsfelderkundung in mindestens drei Berufsfeldern fortgesetzt. „Die Schülerinnen und Schüler schnuppern in der Berufswelt“, betont Maria Büse-Dallmann. „Sie erhalten erste praxisnahe Einblicke.“ 

Als weitere Stufe folgt in der Jahrgangsstufe 9 oder auch 10 ein zwei- bis dreiwöchiges Betriebspraktikum in Betrieben, Verwaltung oder Institutionen. Es besteht zudem die Möglichkeit eines zweiten verbindlichen Schülerbetriebspraktikums, die Entscheidung darüber fällt die Schulkonferenz. Weitere Kurzzeitpraktika sind an allen Schulformen möglich. Schülerinnen und Schüler mit gymnasialer Oberstufe können ein Praktikum durchführen, das akademische Berufsfelder oder entsprechend geeignete duale Ausbildungskurse in den Blick nimmt. Jugendliche mit Handicaps können an Praxiskursen teilnehmen und die KAoA-STAR-Angebote nutzen, die sie entsprechend ihrer individuellen Bedarfe begleiten. 

Konkrete Anschlussvereinbarung 

Der Prozess wird mit der Erarbeitung einer individuellen Anschlussperspektive abgeschlossen. Diese wird mit einer konkreten Anschlussvereinbarung dokumentiert. Ein „persönlicher und zugleich wichtiger Begleiter“ im Orientierungsprozess der Jugendlichen ist der Berufswahl-Pass, ein Ordner mit farbigen Registerblättern.  Er ist ein wichtiges Informations-, Planungs- und Dokumentations-Instrument, mit dem die Jugendlichen ihr Lernen eigenverantwortlich gestalten und sich vor allem ihr Kompetenz-Profil bewusst machen. Er richtet sich auch an die Eltern.  

Kein Abschluss ohne Anschluss: KAoA gilt inzwischen als Erfolgsmodell mit Vorbildcharakter in den unterschiedlichen (Aus-)Bildungswegen. „Wir haben in NRW vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens ein hervorragendes Bildungssystem mit vielen Säulen, Übergängen und großer Durchlässigkeit“, sagt Andreas Kremer. „Vor allem wegen der dualen Ausbildung werden wir weltweit beneidet.“ 

Mit der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf in NRW“ (KAoA) sollen Jugendliche bei der beruflichen Orientierung, der Berufswahl und beim Eintritt in Ausbildung oder Studium unterstützt und ihnen eine schnelle Anschlussperspektive für (duale) Ausbildung oder Studium eröffnet werden. Vier zentrale Handlungsfelder wurden 2011 im „Ausbildungskonsens NRW“ beschlossen: Berufliche Orientierung, Übergänge gestalten, Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung, Kommunale Koordinierung. In den zwölf Gebietskörperschaften des Regierungsbezirks Arnsberg bilden die Verantwortungsgemeinschaften der Kommunalen Koordinierungen die Schaltstellen für die KAoA-Umsetzung. Die „Koordinierungsstelle Berufliche Orientierung“ bei der Bezirksregierung unterstützt sie dabei und begleitet den Prozess. KAoA startete im Schuljahr 2012/2013, seit 2016/2017 nehmen alle Schulen in NRW mit ihren 8. Klassen an KAoA teil.