Schützenfest! Was ist aus dir geworden?

Wir schreiben das Jahr 1969. Samstag, 12. April. Der Tag vor Weißen Sonntag. In Kückelheim bei Arpe kommen an dem Abend 15 junge Burschen aus den beiden Orten in der Dorfkneipe Gasthof Hochstein zusammen, um über die Gründung eines Schützenvereins zu beratschlagen. Der Autor, damals noch keine 17 Jahre alt, musste auf „elterlichen Rat“ hin der Gründungsversammlung fernbleiben. Das hinderte ihn und einige seiner Freunde allerdings nicht, als einen Monat später, am 17. und 18. Mai, das erste Schützenfest des neu gegründeten Schützenvereins Kückelheim stattfand, diesem spontan, vor Beginn des Schützenfestes offiziell beizutreten. Die Warnungen und der „elterliche Rat“ hatten sich als haltlos erwiesen. Aus den 15 Gründungsmitgliedern war in wenigen Wochen ein ansehnlicher Schützenverein geworden, dem es gelang, in einem angemieteten Lakenzelt, auf der Wiese hinter der Dorfkapelle St. Johannes, ein feuchtfröhliches Sauerländer Schützenfest zu organisieren. Mit allem was dazu gehört. Fahne, Vogelschießen, Uniformen für Hauptmann und Offiziere, Schützenfähnchen, selbst gezimmerten Toilettenanlagen, Zelt mit Tanzboden und einem Festwirt, der sich auskannte im Organisieren und Feiern von Schützenfesten.

Quelle: Schützenverein Kückelheim
Bericht aus der Zeitung 2019

Schützenfest hat mein Leben begleitet

Beim Auf- und Abbau des Schützenzeltes durften wir natürlich helfen, die Teilnahme an den danach stattfindenden Umtrunken inbegriffen. Noch heute sorgt die eine oder andere Story aus den Anfangstagen unseres Vereins für Staunen, Schmunzeln und gelegentliches Nachfragen bei den Jungschützen. „Wie war das damals? Wie habt ihr das gemacht? Warum seid ihr überhaupt in den Schützenverein eingetreten? Einmal im Jahr war Schützenfest. Die Vorfreude setzte meist wenige Tage nach Weihnachten ein, zumal bis Ende Januar die alljährliche Generalversammlung für ein fröhliches Wiedersehen sorgte. Und pünktlich Anfang Mai: Schützenfest in Kückelheim. In den Jahren, als durch Ausbildung und Studium der Lebensort fernab des Heimatdorfes war, gehörte es zur schönsten Pflicht, die sauerlandaffinen Kommilitonen zum Schützenfest einzuladen und mitzubringen. Unvergessliche Erlebnisse und Tage, die man nie vergisst.

Wer in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Schreibmaschine besaß (Wer weiß noch, was das war?) und diese entsprechend schnell und sicher bediente, musste als Vereinsmitglied damit rechnen, als Schriftführer in den Vorstand des Vereins zu kommen. In vierunddreißig Jahren habe ich durch diese Aufgabe viel über den Sinn und die Bedeutung der Schützenvereine für das Leben im Sauerland erfahren. Als jüngster Schützenverein im Schützenkreis Meschede konnte der Schützenverein Kückelheim (inzwischen e.V.) zum 25jährigen Jubiläum sogar 1994 das Stadtschützenfest Schmallenberg mit zwanzig teilnehmenden Vereinen erfolgreich durchführen. Fünf Jahre zuvor sorgte eine bayrische Trachtenkapelle und die große Schützenfestparty am Samstagabend, mit der damals beliebtesten Sauerlandband „Sound for you“, für Stirnrunzeln und besorgte Reaktionen von anderen Schützenvereinen. „Das hat nichts mehr mit Schützenfest zu tun. Partymusik auf dem Schützenfest, das geht doch nicht.“ Was damals neu und ungewohnt, ist heute das Erfolgsrezept für beste Stimmung auf dem Schützenfest. Und so war es auch 2019, zum 50jährigen Jubiläum des Schützenvereins Kückelheim für den Chronisten eine große Freude, als die bayrischen Blasmusikfreunde aus Seehausen am Staffelsee wieder in Kückelheim ein Stelldichein gaben. Bayrische und Sauerländer Lebensart im grünweißen Schützenzelt. Thomas Hochstein, der ein Jahr zuvor mit seiner Frau Nadja als Königspaar die Regentschaft innehatte, übergab die Königskette an Andre Voss, der seitdem mit Ehefrau Heike die Kückelheimer Schützen regiert. Zusammen mit Vater Heiner Voss als Kaiser und dessen Gattin Irmgard präsentierten sich die „Heumes“ den Schützen und Besuchern in den schön geschmückten Dörfern Kückelheim und Arpe. Der langjährige Vorsitzende und Ehrenvorsitzende des Schützenvereins Kückelheim, Helmut Trippe, wurde für seine herausragenden Verdienste um das Schützenwesen in Kückelheim und im Sauerländer Schützenbund, mit dem höchsten Orden, den es im offiziellen Schützenwesen zu vergeben gibt, der Auszeichnung mit dem großen Wappenteller des Sauerländer Schützenbundes in Zinn ausgezeichnet.

Feiern wie früher

Nach drei Jahren, coronabedingter Feierabstinenz ist es an diesem Wochenende in Kückelheim wieder so weit. Im 53. Jahr des Bestehens wird das 51. Schützenfest des jüngsten Schützenvereins im Kreisschützenbund Meschede gefeiert. Wie wird es werden? Wissen die Schützenbrüder und Gäste noch wie Schützenfest gefeiert wird? Worauf freut man sich? An was erinnert man sich? Der Ehrenvorsitzende Helmut Trippe ist im vergangenen Jahr gestorben. Das Jubiläumsschützenfest war sein letztes. Auch Thomas Hochstein, der 2019 die Insignien des Königs an seinen Nachfolger übergab, starb in dem Jahr an den Folgen einer unheilbaren Krankheit. Trauer und Erinnerungen an die beiden Schützenbrüder bleiben. Doch was hat sich verändert?

Fertig zum Antreten. Das Schützenfest beginnt.

Verändert hat in den vergangenen zwei Jahre vor allem die Coronapandemie das Leben der Menschen. Plötzlich gab es keine Schützenfeste mehr, keine Begegnungen, keine Umarmungen, keine Freude über das Wiedersehen und Zusammensein. Nichts mehr von dem, was ein Sauerländer Schützenfest so einzigartig und unvergleichlich macht. So zum Beispiel die lauten Diskussionen und langen Gespräche über irgendein Thema, bei unterschiedlichen Auffassungen. Keine Diskussion, keine Versöhnung. Dafür heimliche Verdächtigungen, leise Verleumdungen, nicht ausgesprochene Vorwürfe und Klagen, Denunziation sogar. Das Zusammenleben hat sich in den zwei coronabedingten Jahren verändert.

Schützenkönig 2019 Andre Voss
Alter und neuer König: Thomas Hochstein (verstorben) und Andre Voss
Ehrungen beim Schützenfest 2019

Wie wird es also sein, wenn wir am Freitag, Samstag und Sonntag im Lakenzelt in Kückelheim unser Schützenfest feiern? So wie früher? Oder sehen wir in unseren Gegenübern mehr einen Infizierten oder sogar einen Spreader oder Super-Spreader? Ich kann es nicht sagen, nur für mich denken und sprechen: „Wie schön, dass es Schützenfest gibt: mit Begegnungen, Umarmungen, Schulterklopfen, Diskussionen, Singen, Lachen, Freude, Glücksgefühl… und mit Marschieren, Vogelschießen, Präsentieren, Tanzen… mit Familie, Freunden, Nachbarn, Gästen und den vielen, zufälligen Begegnungen mit anderen Menschen. Ich hoffe, es wird wieder gut!

Mehr Infos über den Schützenverein Kückelheim, hier klicken!

Passt auf! Seid wachsam! –

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