Erinnerungen aus der Kinderzeit

Winter 1935/36 – Richard Göbel (geb. 1931) erinnert sich an einen strengen Winter

6. Februar 1936, Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen – vom 5. auf den 6. Februar ungewöhnlich viel Schnee.

Hin und wieder bekommen wir in der Redaktion einen Anruf von Richard Göbel (89 Jahre aus Niederberndorf. Richard ist ein Kollege. Lange, lange bevor es das WOLL-Magazin gab, war er der „rasende Reporter“ im Tal zwischen Berghausen und Niederberndorf. Seit den 50er Jahren berichtete er mit wachem Auge und teurer Kamera was in Kuhstall, Küche und Kirche so geschah. Neulich erzählte er uns seine liebste Wintergeschichte.

Schneepflug mit vier Pferden

In unserem Dorf gab es 1936 nur Schotterwege. Die Bauern hatten reichlich Pferde im Stall. Im ganzen Dorf gab es nur einen Trecker. Die Nachbarschaft war intakt. Das war in den dunklen Wintermonaten sehr wichtig. Die jungen Männer halfen, die Straße, besser den Schotterweg, vom Schnee freizuschaufeln. Treffpunkt war in der Dorfmitte. Wir Jungen halfen bei der Wildfütterung für Rehwild und Hasen: Heu, Hafergarben. Es war im Winter eine besondere Zeit zum Innehalten von der harten Arbeit im Frühjahr, Sommer und Herbst auf den Feldern und im Stall. Vor Weihnachten wurden überall Hausschlachtungen – nur für die Feiertage – vorgenommen, damit frische Sachen auf den Tisch kamen.

Ich erinnere mich als ich ein kleiner Junge war, an einen Holz-Schneepflug, der von vier Pferden gezogen wurde. Für die Tiere war das eine sehr schwere Arbeit, den Pflug durch den tiefen Schnee zu ziehen. Ich durfte auf unserem Pferd, was ebenfalls vor dem Pflug gespannt war, mitreiten. Ein seltenes Erlebnis, dessen Bilder ich immer noch vor Augen habe.

Nachmittags, nach dem Kaffee um vier Uhr, durften wir Kinder die Kühe und Rinder füttern: mit Runkeln und Steckrüben und mit Heu oder bestem Stroh. Danach wurde der Stall noch mit Roggenstroh eingestreut. Nur das Wiederkauen der Rinder im Stall war zu hören. Für uns Kinder ging es zurück in die Küche, wo alle zum Abendbrot versammelt waren. Kurz vor acht Uhr wurde das Abendgebet gesprochen, bei dem sich alle Bewohner des Hauses hinknieten. Meistens betete die Mutter das Abendgebet. Heim und Hof und alles Vieh wurden dem Herrgott anvertraut. Wir Kinder standen danach auf und holten die erwärmten Buchrundhölzer aus dem Backofen. Sie wurden mit einem Handtuch umwickelt und ins kalte Bett gelegt. Wir wärmten uns die Füße daran und schliefen schnell ein.

Bis in die heutige Zeit erinnere ich mich immer noch gerne an die Winterzeit 1935/36.

Dieser Beitrag erschien in der Winterausgabe 2020 des WOLL-Magazins Schmallenberg-Eslohe. Das WOLL-Magazin könnt ihr im Zeitschriftenstand oder im WOLL-Onlineshop https://woll-onlineshop.de/woll-magazin/ erhalten.