Empfehlungen zum Umgang mit der Corona-Pandemie

Prof. Dr. Köhler

Prof. Dr. Köhler, der frühere Leiter des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft informierte vor einigen Tagen in einer Videokonferenz die Mitglieder von SUZ Schmallenberg Unternehmen Zukunft über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus. Der Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Intensivmedizin, Facharzt für Physikalische und Rehabiliative Medizin und Dipl. Ingenieur für Nachrichtentechnik ist ein weithin anerkannter Fachmann für Lungenkrankheiten. Er gehört dem erweiterten Beraterkreis der Bundesregierung an.

Corona am Arbeitsplatz: Was ist wirklich wichtig?

Auf diese Frage gab Prof. Dr. Köhler aus Schmallenberg-Winkhausen in einem fast einstündigen Webseminar den teilnehmenden Unternehmensleitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Mitgliedsunternehmen von SUZ Schmallenberg Unternehmen Zukunft präzise und nachvollziehbare Antworten. Dabei wurde deutlich, dass die sinnvollen Maßnahmen zur Verlangsamung der Virusverbreitung vor allem in Innenräumen vorzunehmen sind. Prof. Dr. Köhler: „Draußen passiert so gut wie nichts. Und die Abstandsregel ist eigentlich überflüssig, wenn man geprüfte Masken trägt.“ Anhand anschaulicher Beispiele und wissenschaftlicher Studienergebnisse zeigte der bekannte Pneumologe, dass die Belüftung und die Größe beziehungsweise Höhe der Innenräume, in denen sich die Menschen aufhalten, hauptsächlich verantwortlich für die Verbreitung des Virus sind. Mit den richtigen Masken lässt sich das Risiko einer Infizierung mit dem Virus auf alle Fälle sehr stark begrenzen. In den Fällen, wo Menschen auf engstem Raum zusammenstehen und es auch keine geeignete Belüftung gibt, zum Beispiel morgens im Schulbus, sind Masken absolut erforderlich. In hohen, gut belüfteten Schulräumen dagegen, ist die Ansteckungsgefahr  sehr gering. „Die Verdünnung des abgeatmeten Virus ist entscheidend, nicht der Abstand“, sagt der Mediziner.

Standard-Intubation vermeiden

Maskentests, die am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft durchgeführt wurden, zeigen, dass alle Masken mit eingearbeiteten Filtern einen deutlichen Schutz bieten, einfache Stoffmasken ohne diese Filter dagegen so gut wie keinen Schutz.

Ganz deutlich sprach sich Prof. Dr. Köhler in dem Seminar gegen die Standard- Intubation (Schlauch in die Luftröhre) von Patienten mit alleiniger Lungenentzündung aus: „Wir machen das in Grafschaft schon seit 1997 nicht mehr.“ Studien aus dem Ausland und aus Deutschland zeigen, dass 50 bis 97 % der Patienten, die intubiert wurden, auch gestorben sind. Im Fachkrankenhaus Grafschaft und anderen Kliniken, die nicht intubieren, liegt die Mortalitätsrate bei um 4 %.

10 Empfehlungen für Maßnahmen am Arbeitsplatz

Seine Empfehlungen für die Maßnahmen am Arbeitsplatz begründete Prof. Dr. Köhler anhand einer 10-Punkte-Liste, die wir hier nachfolgend abdrucken.

Präambel: Alle Hygienemaßnahmen haben nur zum Ziel die Virusausbreitung zu verlangsamen und größere Viruslasten bei einer Ansteckung zu meiden. Erkrankungen können sie nicht komplett verhindern, was bei der Kontagiösität des Virus auch gar nicht möglich ist. Risiken addieren sich nicht linear, sondern mit dem quadratischen Mittelwert. So ergibt die Risikoaddition von 50% und 20% kein mittleres Risiko von 70% sondern nur ca. 54% (= √ (2500+400)).Die Coronaviren übertragen sich praktisch nur über Aerosole (Aerosolteilchen = Partikel unter etwa 100μm), die in der Luft schweben). Die Übertragung per Kontakt (Händegeben usw.) spielt praktisch keine Rolle denn sie gelangen durch die Haut nicht in den Körper.

1. Die Coronaviren übertragen sich praktisch nur über Aerosole (Aerosolteilchen = Partikel unter etwa 100μm), die in der Luft schweben). Die Übertragung per Kontakt (Händegeben usw.) spielt praktisch keine Rolle denn sie gelangen durch die Haut nicht in den Körper.

2. Infektiöse Aerosole entstehen durch Husten, Nießen, Sprechen, Singen, aber deutlich mehr bei der normalen Ausatmung. Diese abgeatmeten Aerosole sind der bevorzugte Übertragungsweg bei Virusinfektionen mit Erkrankungen der Atemwege (auch Pneumonie). Diese wurde bereits 2008 an Influenzaviren nachgewiesen. Dies unterscheidet Virus- von Bakterieninfektionen wie etwa der Tuberkulose.

3. Diese infektiösen Partikel entstehen in der Lungenperipherie, wo die Viren sich in den dortigen Zellen vermehren (Pneumozyten II. Bei der Atmung reißt der Flüssigkeitsfilm in einigen kollabierten Bronchien ab was zu den kleinen Aerosolen führt, die einen Virus enthalten können (Coronavirusgröße ca. 0,14μm). Die Aerosole sind nur ca. 0,2-0,8μm groß und verteilen sich rasch im Raum. Sie sind etwa so groß wie Rauchpartikel aus einer Zigarette, die infolge der hohen Konzentration die Virusausbreitung gut sichtbar machen.
(https://www.youtube.com/watch?v=QFMWZ9ta-Rc )

4. Die abgeatmeten Aerosole mit den Viren wandern mit der warmen Ausatemluft nach oben. Normalerweise werden die Viren rasch verdünnt und auch durch Licht zerstört (ca. 20 – 30min). Je wärmer die Luft ist, desto schneller werden sie zerstört. Deswegen gibt es auch praktisch keine Ansteckung an der Außenluft, wo sie zum einen nach oben steigen und auch schnell verdünnt und weggeweht werden. In einer Studie von gesicherten ca. 7.500 Kontakten wurde draußen nur eine Ansteckung gefunden.
(https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.04.04.20053058v1.full.pdf ). Das heißt, dass an der Außenluft keine Masken erforderlich sind. Auch das Abstandsgebot ist draußen überflüssig, wenn keine engen Menschenhaufen vorhanden sind.

5. Ansteckung gibt es praktisch nur in Innenräumen. Diese steigt mit schlechter Lüftung, zunehmender Personenzahl und niedrigen Räumen (wg. der kaum hochsteigenden Atemluft). Kälte verstärkt den Effekt, da die Viren länger leben. Schlachtbetriebe wie z. B. Tönnies haben eine Lufttemperatur von 10 °C, was die Viren in der ungefilterten Luft stundenlang am Leben hielt. Aus einer Beobachtung aus einem Restaurant mit getrennter Luftzirkulation zeigte sich die Ansteckung von mehreren Personen, da ein Superspreader im Luftstrom saß. (https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.04.16.20067728v1.full.pdf ).
Typische Ansteckungsräume sind deswegen wie z. B. gefüllte Wagen im Nah- und Fernverkehr, größere Fahrstühle mit mehreren Personen, schlecht gelüftete Personalräume, Säle mit niedrigen Decken und vielen Personen (Baptistenmesse) usw. Hingegen sind normale Kirchen oder Supermärkte mit hohen Räumen kaum gefährlich, da die warme Luft nach oben zieht und wenn dann später an andere Stelle wieder absinkt ist so viel Zeit vergangen, das die Viren nicht mehr vital sind.

6. Deswegen ist die Lüftung der Räume ganz entscheidend, immer wo möglich dauerhaft Lüften und sich eher wärmer anziehen. (1918, bei der span. Grippe wurde auch oft der Unterricht im Freien abgehalten).
Sportunterricht möglichst im Freien. Das gilt auch für den Gesangsunterricht, da beim Singen lange und tief ausgeatmet wird, was die Zahl der abgeatmeten Viren erhöht.
Die Ansteckungsgefahr in Räumen steigt mit dem Quadrat der Zeit. Deswegen eher kurz aufhalten oder wenn Lüften, dann eher mehrmals und kürzer als einmal und lang.

7. Kinder erkranken weniger als Erwachsene und sind seltener Überträger (https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=213829 ). Vermutlich gibt es keine Superspreader bei kleinen Kindern. In der Schule sind das bevorzugt die älteren Schüler und insbesondere die Lehrer, wenn sie nach den Ferien aus dem Urlaub kommen. Deswegen sollten die erste Woche besonders auf Maskenhygiene geachtet werden, was heißt eine Maske mit geprüfter Qualität immer tragen, auch alleine auf der Toilette. Keine Massenveranstaltungen in der Schule wie aktuelle Begrüßungsfeiern, wenn der Saal nicht groß und hoch genug ist für die Anzahl der Teilnehmer.

8. Toiletten sind normalerweise kein relevanter Übertragungsweg. Die im Stuhl ausgeschiedenen Viren sind zumeist nicht mehr lebensfähig. Also nur auf die normale Hygiene wie üblich achten und den Deckel vor dem Abziehen schließen, damit mögliche entstehende Aerosole nicht in die Luft gelangen können. Und, wie erwähnt, besonders bei schlecht gelüfteten Toiletten immer die Maske trage, zum Eigenschutz aber auch, damit keine abgeatmeter Wolke in dem Toilettenraum verbleibt. Bei Fahrstühlen sind hier Ansteckungen nachgewiesen, obwohl der Superspreader alleine gefahren ist.
(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7066521/ )

9. Da die kleinen abgeatmeten Aerosole sich schnell wie Zigarettenrauch im Raum verteilen, hilft das Abstandsgebot kaum. Allein Masken können die Viruslast reduzieren. Die chirurgischen Halbmasken haben je nach Art (FFP1-FFP3) des Filtermaterials zwar eine Dichtigkeit für die Viren von 90-99%, jedoch geht immer eine Teil der Atemluft durch Leckage am Rand der Maske daran vorbei. Je dichter das Filtermaterial ist, umso mehr steigt die Leckage, da der Atemwiderstand auch steigt. Deswegen erreichen die Masken eine Dichtigkeit von 50- 70% in der Praxis, was aber oft ausreicht, um einen Infektion zu verhindern oder den Verlauf abzuschwächen, denn die Schwere der Infektion wird auch durch die eingeatmete Virusmenge bestimmt. Selbstgenähte Stoffmasken sind ohne geeignete Filterstoffe praktisch wirkungslos (unter 20%, wie eigene Messungen gezeigt haben). Allerdings gibt es gute, geprüfte Stoffmasken mit einer virusdichten Einlage. Das Beispiel unten zeigt das gut mit dem Rauch einer elektrischen Zigarette, die etwa die Partikelgröße hat, wie die abgeatmeten Aerosole.

Gewöhnliche Stoffmasken wirkungslosQuelle: Präsentation Prof. Dr. Köhler

Orientierende Dichtigkeitsprüfung mit dem Rauch einer elektrischen Zigarette. Links einfache Stoffmaske, rechts FF2 Maske, wo eine geringere Rauchmenge durch die Leckage nach oben entweicht.

Die Qualität der Masken ist deswegen so bedeutsam, wenn man sie bei den Virusspreadern und den Gesunden berücksichtigt. Hätten beide eine Stoffmaske mit beispielsweise 20% Dichtigkeit im Vergleich zu einer chirurgischen Halbmaske mit 60%, so ist der Schutz bei den guten Maske 9x besser, wenn beide sie tragen (60/20 =3; 3×3=9).
Haben alle Personen in einem engeren Raum immer Masken an, so ist die Ansteckungsgefahr recht gering. Auch wenn man zum Trinken oder Essen, die Maske kurz abnimmt, ist die inhalierte Virenmenge meist nicht ausreichend für eine Infektion. Die Stärke der Coviderkrankung hängt von der Virusmenge ab.

10. Die Coronaerkrankung (Covid 19) kann einen schweren Verlauf nehmen und viele Komplikationen haben. Alles das gibt es aber auch bei schwerer Influenza. Deswegen kann man den Langzeitverlauf bereits jetzt in etwa abschätzen. Die Mortalität ist jedoch nicht höher als bei einer schweren Influenzawelle, wenn man die fast immer überflüssige Intubation auf der Intensivstation vermeidet. Damit steigt die Mortalität um das 20-50fache an. Leider setzen das immer noch nicht viele Kliniken so um. Die Langzeitkomplikationen bilden sich erfreulicherweise gut zurück, wobei manches Monate dauern kann, ähnlich wie bei anderen schweren Virusinfektionen. Ältere Menschen haben kaum ein erhöhtes Risiko, wenn sie nicht so schwer krank sind, dass sie auch ohne Coronainfektion nur noch eine kurze Lebenserwartung haben.