Bundesverdienstmedaille für Hans-Jürgen Stupperich
Täglich erhält die Redaktion Nachrichten und Meldungen, die zunächst wenig Beachtung finden. Die Verleihung von Orden und Auszeichnungen an Männer und Frauen zählt meist dazu. Die Vielzahl solcher Meldungen mag ein Grund sein. Doch fast immer lohnt sich doch der Blick hinter die vermeintlich uninteressante Meldung. Wer ist die Person, die geehrt wird? Was hat sie Besonderes erlebt oder geleistet? Was zeichnet diesen Menschen aus?
Mittler zwischen Deutschland und Polen
Die Geschichte, die hinter der Verleihung der Bundesverdienstmedaille an Hans-Jürgen Stupperich liegt, zählt zu diesen außergewöhnlichen Lebensereignissen, die unbedingt erzählt und weitergegeben werden müssen.
1992, einige Zeit nach den Grenzöffnungen in Europa, lernte der Unternehmer Hans-Jürgen Stupperich aus Grevenbrück bei einem Besuch in der polnischen Heimat seiner Frau Dorothea in Opole (Oppeln) den Arzt Dr. Jerzy Marciniak kennen. Dieser war im Kinderkrankenhaus der Stadt tätig und berichtete über katastrophale Zustände. Tief betroffen von den Mängeln, die beim persönlichen Besuch des Krankenhauses offensichtlich erkennbar waren, fuhr das Ehepaar zurück nach Deutschland. Im Sauerland angekommen, ließ Hans-Jürgen Stupperich der Gedanke nicht los: Hier muss geholfen werden.
Nach einem Aufruf im heimischen Anzeigenblatt und zahlreichen persönlichen Anschreiben an Bekannte und Unternehmer im Sauerland trafen erste Hilfsgüter bei Hans-Jürgen und Dorothea Stupperich ein: dringend benötigte Medikamente, Wandfarbe, Bekleidung, Bettwäsche und elektrische Geräte. Auch Geldspenden wurden übergeben. Bereits im Mai 1992 fuhr der Sauerländer mit den gespendeten Hilfsgütern für das Kinderkrankenhaus nach Opole. Wie sich dort herausstellte, war die Anschaffung eines Ultraschallgerätes die dringlichste Aufgabe. Nach verschiedenen Aufrufen gingen zahlreiche Spenden von Firmen und Privatpersonen bei Hans-Jürgen Stupperich ein. „Schnell war ein durchaus ansehnlicher Geldbetrag zusammengekommen“, sagt der heute 80-Jährige, „und so war es möglich, das dringend benötigte Ultraschallgerät zu kaufen.“ Mit der Anschaffung des Gerätes war ein Anstrich der grauen, tristen Wände im Krankenhaus in Opole verbunden. Die bunten Farben, gespendet von einer Lennestädter Farbenfirma, sorgten sofort für eine bessere Stimmung in den Gemäuern und Zimmern des Krankenhauses.
Hilfe kennt keine Grenzen
In den folgenden Jahren gab es zahlreiche weitere Reisen nach Polen. Es entstanden neue Kontakte, so zum Beispiel zu einem Kinderheim in der Stadt Turawa. Auch hier herrschte großer Bedarf an Essen, Medikamenten, Bekleidung und Dingen des täglichen Bedarfs. Hans-Jürgen Stupperich organisierte über einen langen Zeitraum auch dorthin Hilfstransporte. Unter anderem kamen so Fahrräder aus dem Sauerland zu den Bewohnern des Kinderheimes. Dank großzügiger Geldspenden konnte auch ein Fahrzeug für den Transport der Kinder angeschafft werden. Nach einem Führungswechsel im Kinderheim kamen die Kontakte dorthin zum Erliegen. Der Sauerländer Stupperich kam in dieser Zeit über den im Sauerland arbeitenden Klaus Leschik zu neuen Kontakten in Ozimek-Szczedryk und Pustkow. Dort lernte Hans-Jürgen Stupperich jeweils die Caritas-Gruppe, die Schule und den Kindergarten kennen. Zahlreiche Hilfstransporte wurden über die Jahre nun in diese Orte organisiert.
Nach dem Oder-Hochwasser 1997 organisierte der Sauerländer auf schnellstem Wege Hilfstransporte für die Hochwassergeschädigten in Opole und Ozimek. Die Spendentrommel wurde gerührt und mit Unterstützung von Firmen und Privatleuten konnten unter anderem auch Transportmittel und dringend benötigte Verpackungen bereitgestellt werden. Bei den Fahrten nach Polen war Hans-Jürgen Stupperich stets persönlich dabei.
30 Jahre Unterstützung vieler Projekte
Viele weitere Transporte folgten. Im Jahr 2000 wurde der Sauerländer Hans-Jürgen Stupperich für seine stetige Hilfsbereitschaft zum Ehrenbürger der Stadt Ozimek ernannt. Alle Strecken zusammengerechnet ergeben nach Berechnungen eines Bekannten über 600.000 Kilometer. Bis 2016 hatte Stupperich mehr als 200 Transporte eigenhändig unternommen. Die jeweilige Fahrtdauer beträgt in der Regel 12 bis 15 Stunden. „Ohne die Unterstützung meiner zahlreichen Freunde, der Vereine und Firmen im Sauerland hätte diese Hilfe nicht durchgeführt werden können. Dafür bin ich unendlich dankbar“, sagt der mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnete Grevenbrücker.
Mit seiner nun über 30 Jahre andauernden Unterstützung der vielen Projekte in Polen hat Hans-Jürgen Stupperich einen großen Beitrag zur Völkerverständigung geleistet. Das wird in den Herzen der Menschen in Polen ebenso in Erinnerung bleiben wie das Engagement und der konstante Wille, Bedürftigen Hilfe zu leisten. Bei der Verleihung der Bundesverdienstmedaille Anfang Juni durch Landrat Theo Melcher im Kreishaus in Olpe freute sich Hans-Jürgen Stupperich: „Das ist einer der glücklichsten Tage in meinem Leben.“