Eine Schwarzwälderin im Sauerland

Janna bei ihren Lieblingskühen

Janna Schulte, 24 Jahre alt, im Schwarzwald geboren und aufgewachsen, studiert Ökotoxikologie. Nach ihrem Bachelor in Umweltwissenschaften an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau absolviert sie nun für ihren Master ein Praktikum am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME in Grafschaft bei Schmallenberg. Ihre Kommilitonin Vivien McGuire hat sie ebenfalls ins Schmallenberger Sauerland gelockt. Ihre Schwester Rieke, die Molekulare Biotechnologie an der Universität Bielefeld studiert, ist auch schon am IME. „Ich habe allen gesagt: Geht da hin!“, sagt Janna in charmantem badischem Akzent und lacht.

Das Fraunhofer IME genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Der Standort in Grafschaft existiert seit 1959 – damals noch als Forschungseinrichtung für den Einfluss von Luftschadstoffen auf die menschliche Gesundheit. Über die Jahrzehnte entwickelte er sich zu einer Spitzenadresse für anwendungsorientierte Umweltforschung. Ziel ist es, Risiken synthetischer und natürlicher Stoffe für die Umwelt und Belastungen für die Verbraucher zu erkennen, zu bewerten und zu minimieren. Das Institut betreibt nicht nur Forschung, sondern wirkt auch beratend und richtungsweisend für Umweltpolitik und Verbraucherschutz.

Warum findet sie gerade Ökotoxikologie so spannend? „Mich hat immer fasziniert, wie ein lebender Körper Stoffe aufnimmt, sie im Organismus verteilt, wie sie wirken – und wie er sie wieder ausscheidet“, erklärt Janna. Besonders interessant findet sie Testreihen zu Umweltgiften. „Was wir aktuell am IME machen, ist vertraulich. Mein Projekt war anfangs wegen neuartiger Extraktionsmethoden schwierig, aber wir kommen gut voran. Ich hoffe, wir erleben im Praktikum noch die Auswertung unserer Messungen.“

Entlegen auf dem Aberg

In Schmallenberg und Umgebung wird das IME bis heute von vielen „Rattenburg“ genannt. Auch Janna fand den Anblick des Instituts hoch oben auf dem Aberg, umgeben von hohen Zäunen, zunächst geheimnisvoll. „Jetzt finde ich es großartig! Die Mischung aus alten Gebäuden, in denen man sich noch die Forschung von früher vorstellen kann, und den modernen Neubauten ist einfach perfekt.“ Im Institut arbeiten Fachleute aus aller Welt – darunter auch solche, die ursprünglich in deutschen Großstädten arbeiten wollten und nun das Leben auf dem Land schätzen.

Janna fand ihren Praktikumsplatz ganz pragmatisch: Sie googelte nach den besten Möglichkeiten für Ökotoxikologie – und das Fraunhofer IME stand ganz oben. Die Freude war doppelt: Nicht nur das weltbeste Institut befindet sich bei Grafschaft, sondern auch eine ihrer weltbesten Omas, Inge Schulte. „Da war klar: Das ist perfekt! Und wenn ich noch bei Oma wohnen kann – umso besser.“

Sie schrieb eine E-Mail an Institutsleiter Prof. Dr. Christoph Schäfers, der sie an die passende Abteilung weiterleitete. Kurz darauf war alles fix. „Ganz unkompliziert, wie es hier im Sauerland üblich ist“, sagt Janna. „Die Kollegen sind offen, hilfsbereit und richtig nett. Wir wurden sofort aufgenommen.“

Janna Schulte und ihre glückliche Oma Inge Schulte

Ein anderer Alltag

In Landau geht Janna nach der Uni meist nach Hause, trifft Freunde oder geht feiern. Im Sauerland läuft das anders: „Nach der Arbeit gehe ich oft zum Kuhstall nebenan, streichle Kühe oder hole frische Milch. Rieke, Vivien und ich haben allen schon Namen gegeben.“ Abends wird mit Oma gekocht und gemeinsam gegessen – „wie früher in der Familie“. Manchmal geht es noch zum Eisautomaten in Niedersorpe oder zu Ausflügen auf den Wilzenberg, den Kyrillpfad oder den Hennesee. Das Spazierengehen ist noch nicht ihr Hobby, aber zum zwei Kilometer entfernten Institut sind sie auch schon zu Fuß gelaufen.

Laborarbeit im IME

Ein Höhepunkt ihres Aufenthalts war das Grafschafter Schützenfest. „In Landau gibt’s eher Weinfeste mit Weinköniginnen – Schützenfest ist etwas völlig anderes. Die Umzüge mit den Kleidern, die Musik, die ganze Stimmung – einfach toll! Wir waren bei beiden Umzügen dabei, beim Vogelschießen und danach im Gasthof essen.“ Dass nur Männer am Vogelschießen teilnehmen dürfen, findet Janna schade: „Nächstes Jahr will ich selbst schießen.“ Mit einem Lächeln fügt sie hinzu: „Und das Bier schmeckt auch immer besser.“

Anders als in der Studentenstadt Landau ist das Leben in Grafschaft und Schmallenberg ruhiger, aber auch herzlicher. „In Landau grüßt man Bekannte. Hier sitzt man im Garten und wird von allen gegrüßt – egal, ob man sich kennt oder nicht. Man kommt schnell ins Gespräch.“

Was wird sie mitnehmen, wenn es zurück nach Landau geht? „Der Alltag hier und die Menschen sind mir richtig ans Herz gewachsen. Vivien und ich werden das sehr vermissen. Es fühlt sich hier einfach richtig an.“

Fraunhofer IME aus der LuftQuelle: Fraunhofer IME