Eine Sauerländerin in Berlin

Quelle: Andre Röhner

Hanna Scholz lebt ihre Träume als Schauspielerin und Unternehmerin

Die 31-Jährige verließ vor 13 Jahren ihren Heimatort Kirchhundem-Wirme und ging allein nach Köln, um Schauspielerin zu werden. Mittlerweile lebt sie in Berlin, stand unter anderem für das ZDF, RTL und VIVA vor der Kamera und gründete ihre eigene Firma. Die hat jedoch so gar nichts mit der Medienbranche zu tun …

„Dreh dich mal nach links und guck fröhlich in die Kamera“, ermuntert die 16-jährige Sarah Scholz ihre zwei Jahre jüngere Schwester Hanna. „Und jetzt mal ganz ernst.“ Sarah möchte ihren neuen Fotoapparat ausprobieren und braucht ein Model. Wer könnte dafür besser herhalten als die kleine Schwester? Es blitzt, es klickt, Hanna dreht sich im heimischen Wirmer Wohnzimmer hin und her, wirft die langen blonden Haare über die Schulter, schaut mal ernst, mal traurig, doch am liebsten fröhlich. Das passt einfach am besten zu ihrem Naturell, nur das „still sein“ beim Modelsein gefällt ihr nicht – bis heute. Sarah testet weiter ihre Kamera, macht hunderte Fotos. Wer konnte ahnen, dass dieser Nachmittag in dem kleinen Kirchhundemer Ortsteil der Anstoß für Hannas Leben in der Medienbrache sein würde?

„Die Fotos, die meine Schwester aufgenommen hat, zeigte meine Mutter zufällig einer Freundin, die uns ermutigte, mich mal bei einer Modelagentur vorzustellen. Ich hätte bestimmt das Zeug dazu“, erinnert sich Hanna an ihre Modelanfänge. „Bis dahin hatte ich noch nie über so etwas nachgedacht, wurde aber neugierig.“ So suchten sie und ihre Mutter nach einer seriösen Agentur und schon bald bekam die damals 17-Jährige erste Aufträge, wechselt auf Anraten befreundeter Mannequins die Agentur und läuft im Jahr 2010 Shows für C&A und L’Oréal.

Auf den Laufstegen: Hoher Druck und wertvolle Erfahrungen

„Während dieser Zeit, in der ich natürlich auch noch zur Schule ging, habe ich mit spannenden Menschen gearbeitet, zum Beispiel mit dem bekannten Model Sara Nuru, Laufstegcoach Bruce Darnell oder Stylingikone Boris Entrup“, erzählt Hanna von ihr Modelzeit. „Ich fühlte mich als junges Model natürlich sehr geschmeichelt, dass ich mit derartigen Größen der Branche arbeiten konnte. Allerdings merkte ich schnell, dass der Druck im Modebusiness extrem hoch ist und man als Model ‚funktionieren‘ muss. Man darf kein Gramm zu viel haben, muss manchmal Kleidung tragen, die sehr freizügig ist und mit der man sich nicht wohlfühlt. Das kann sehr herausfordernd und teilweise verunsichernd sein, besonders, wenn man noch so jung ist. Nicht nur in dieser Zeit merkte ich, wie wichtig der Rückhalt durch meine Freunde und Familie ist. Mir hat das Ganze viel Spaß gemacht, allerdings hat mich gestört, dass ich nichts sagen und nur stumm bleiben durfte, das ist einfach nicht mein Ding“, schmunzelt die heute 31-Jährige. Ihre positive Art und ihre Fröhlichkeit sind ansteckend – das stellen auch so manche Casting-Teams fest …

Quelle: Andre Röhner

Von der (Schauspiel)Schule auf den Bildschirm

Nach ihrem Realschulabschluss ist Hanna unschlüssig – wie so viele Jugendliche – und weiß noch nicht so recht, wo ihr beruflicher Weg hinführen soll. Sie besucht ein Jahr das Gymnasium der Stadt Lennestadt und sondiert ihre Möglichkeiten. „Schließlich wurde ich auf die Arturo-Schauspielschule in Köln aufmerksam, bei der zum Beispiel Anette Frier unterrichtet. Ich ging zu einem Workshop und wurde aufgenommen. Nach einem Jahr verließ ich das Gymnasium und zog mit 18 Jahren nach Köln, wo ich allein in einer Wohnung, die bunt zusammengewürfelt eingerichtet war, lebte. Das fühlte sich einfach richtig an, auch wenn ich heute denke, dass ich ruhig erst mein Abitur hätte machen können“, erinnert sich Hanna augenzwinkernd.

Die Schauspielerei wird ihre Leidenschaft. Um Casting-Erfahrungen im Fernsehbereich zu sammeln, meldet sich Hanna bei einem Casting für die Kinderserie „Hotel 13“ an. „Anfangs wollte ich diese Rolle eigentlich gar nicht haben, die Schauspielausbildung war meine oberste Priorität. Eigentlich wollte ich nur schauen, wie ein solches Auswahlverfahren abläuft. Vielleicht habe ich deshalb so gut gespielt, weil ich gar keinen Druck hatte“, lacht sie ihr ansteckendes Lachen. „Und dann habe ich das Casting-Team tatsächlich überzeugt und die Rolle bekommen. Ich erhielt den Anruf in der U-Bahn auf dem Weg zur Schauspielschule und wusste sofort: Das mache ich! Ich habe mich riesig gefreut und war sehr dankbar für diese Chance.“ Sie zieht nach Antwerpen, wo sie zwei Jahre lang die überdrehte Blondine Victoria in „Hotel 13“ spielt.

Schauspielerei und Unternehmergeist

Nach der Kinderserie zieht die Schauspielerin in die Medienhauptstadt Berlin, dreht RTL Comedy Serien, ist bei SOKO im ZDF zu sehen und wird neben Jan Köppen und zwei weiteren Moderator:innen das neue Gesicht der VIVA und MTV Charts. Seit 2014 ist sie zudem als Lockvogel für „Verstehen Sie Spaß“ zu sehen.

Neben all den Jobs in Film und Fernsehen bleibt Hanna ihrer zweiten Leidenschaft, der Gastronomie, treu. Sie arbeitet mit großer Freude weiterhin in einer Berliner Kneipe. „Doch dann kam 2020 der zweite Lockdown und die Kneipe musste schließen. Ich rettete drei Kisten Limetten vor dem Müll und braute, eher aus Langeweile, Likör. Ich bestellte bei einer Brennerei Ansatzalkohol und einen Einkochkessel, experimentierte mit den Limetten und, weil es Herbst war, mit Ingwer. Meine Erzeugnisse verschenkte ich an Freund:innen, Familie und Kolleg:innen. Das Feedback zu meinem Likör war so überwältigend, dass ich mich entschloss, ein Start-up zu gründen, die Fräulein Scholz UG. Seit Mai 2021 vertreibe ich als ‚One woman Show‘ meinen Ingwerlikör online, in ausgewählten Berliner Läden, einem Weinhandel in Rostock und im Reisebüro Dünnebacke in Schmallenberg“, freut sich Hanna über ihr zweites Standbein. „Ich möchte natürlich mit meiner Firma weiterwachsen. Meine alte Heimat habe ich dabei natürlich auch im Blick.“

Quelle: Milli Rosa

Das Sauerland als Heimathafen

„Denn hier liegen meine Wurzeln, hier ist mein Zuhause. Und ich freue mich jedes Mal, wenn ich wieder Zeit für einen Heimaturlaub habe. Mit dem Sauerland verbinde ich viele schöne Erinnerungen an meine Kindheit, das Schlittenfahren mit der ganzen Dorfgemeinschaft, an die Natur, an meine Familie und Freunde. Ohne sie und ihre Unterstützung hätte ich es wohl nicht geschafft, meine Träume hier in Berlin zu verwirklichen.“

Zukunftsaussichten

Für ihre Zukunft wünscht sich Hanna, dass sie weiterhin das tun kann, was sie am meisten liebt: als Schauspielerin in unterschiedlichsten Formaten zu arbeiten und ihr Start-up zu einem Unternehmen mit einigen Angestellten auszubauen. „Mindestens einmal möchte ich eine Rolle auf dem Traumschiff spielen. Das ist schon lange ein Traum von mir. Außerdem soll meine Firma DER Ansprechpartner für Ingwerlikör werden.“

Klingt machbar, oder? Darauf ein Gläschen Ingwerlikör im Wirmer Wohnzimmer!