Eine Frau der Tat

Elisabeth Teipel, die neue Ortsvorsteher von Kallenhardt 

Kallenhardt, ein Stück raus Richtung Bikepark, Am Rabennest: Hier lebt Elisabeth Teipel, geborene Knickenberg. Wir haben die neue Kallenhardter Ortsvorsteherin zum Gespräch im Stammhaus der Familie besucht.  

Dass ich Ortsvorsteherin werden soll, hat mich fast umgehauen!“  

November 2020. Eines Abends steht Elisabeth Teipels Neffe vor der Tür. Er kommt unerwartet und, so denkt sie, bloß auf einen kleinen Plausch. Dann jedoch eröffnet er: „Du, die wollen dich als Ortsvorsteherin!“  Für Elisabeth Teipel kam das Angebot mehr als überraschend: „Eine Woche vorher habe ich noch gesagt: Ich bin gespannt, wer in Kallenhardt neuer Ortsvorsteher wird!“ Dass sie das sein soll, hat sie fast umgehauen.  

Die Entscheidung, den Vorschlag anzunehmen, hat sich die 65-Jährige nicht leicht gemacht. Zu tun hat sie nämlich eigentlich genug. Elisabeth Teipel arbeitet seit 16 Jahren in der Küche des Diözesanzentrums Eulenspiegel (DPSG). Sie und ihre Familie haben über viele Generationen hinweg Milchviehhaltung betrieben. Erst vor einem Jahr war Schluss damit. Geblieben ist aber noch die Landwirtschaft – hinzugekommen die Kälberaufzucht. 

„Wir kaufen weibliche Kälber und behalten sie etwa 2,5 Jahre hier“, erzählt Frau Teipel. Dann kommt ein sorgsam nach seinen Erbanlagen ausgewählter Bulle ins Spiel. Sind die Kühe trächtig, werden sie wieder an einen Milchviehbetrieb verkauft. Arbeit genug für die dreifache Mutter und fünffache Großmutter. Ihre beiden Töchter haben sich für soziale Berufe entschieden und arbeiten in Lippstadt, doch ihr Sohn ist, wie der verstorbene Vater, staatlich geprüfter Landwirt und wohnt mit seiner Familie ebenfalls im Haus. 

Weitere Unterstützung erhält Elisabeth Teipel von Malu: Die vierjährige Hofhündin ist darauf abgerichtet, die Kühe von der Weide in den heimischen Stall zu bringen. Außerdem liebt sie es, auf einem der Trecker mitzufahren. 

Stundenlanges Einarbeiten 

Seit ihrer Ernennung am 5. November letzten Jahres hat sich schon so einiges getan: Mit Hilfe von Bürgermeister und Bauhof hat die Ortsvorsteherin das Hundekotproblem am Pilgerweg alias „Kackweg“ gelöst. Auch das Wirtschaftswegekonzept für das Jahr 2022 erforderte viel Aufmerksamkeit. Doch ob es darum geht, einen Streit zu schlichten, einen Brief an die Landesregierung zu schreiben oder Anfragen zu beantworten: Die Aufgaben als Ortsvorsteherin reizen sie. 

„Ich habe von Politik keine Ahnung!“, bekennt Elisabeth Teipel. Dass sie parteilos ist, sieht sie aber als Vorteil. „Ich bin die neutrale Kontaktperson zwischen den Kallenhardtern und dem Bürgermeister sowie dem Stadtrat.“ Dafür muss die gelernte Hauswirtschafterin auch schon mal stundenlang Infomaterial wälzen. „Aber was soll´s? Da habe ich kein Problem mit.“ 

18 Jahre Vorsitzende des Gesangsvereins 

Elisabeth Teipel ist in Kallenhardt aufgewachsen, kennt die Menschen, das Dorfgeschehen und Vereinsleben. Sie war 18 Jahre lang Vorsitzende des Kallenhardter Gesangsvereins und ist heute noch beizeiten als Gastsängerin tätig. Hat Elisabeth Teipel doch mal ein wenig Zeit übrig, kümmert sie sich um ihre Blumen und das Gemüsebeet oder macht mit Malu einen ausgedehnten Waldspaziergang. „Das ist bei schönem Wetter besser, als auf dem Sofa zu sitzen.“ 

Ihre Tätigkeit als Ortsvorsteherin bildet für Elisabeth Teipel einen interessanten Gegenpol zu der Arbeit auf dem Hof. „Dabei habe ich mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun.“ Nur dass sie älteren Geburtstagskindern derzeit keinen Gratulationsbesuch abstatten kann, schmerzt sie. „Da kann ich leider nur eine Karte einwerfen und anrufen.“ Wie alle hofft sie auf bessere Zeiten: „2022 steht ja unser Dorfjubiläum an. Wir hoffen, dass Corona bis dahin weg ist.“  Bis dahin ist noch viel zu tun: Immer wieder kommen Anrufe, trudeln E-Mails an die neue Ortsvorsteherin ein: „Es ist gut, dass heute vieles über das Internet geht.“ 

„Es ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. 

Viele Anliegen lassen sich tatsächlich einfach klären. Manchmal gibt es aber auch ernstere Konflikte. Dann muss man wissen, was man will. „Ich rede hart, aber fair. Man muss die Dinge auch immer von allen Seiten betrachten.“ Das klingt, als würde sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen…? Elisabeth Teipel lacht. „Nein. Es ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen, aber so ist das im Leben, da muss man dann durch. Aber ich versuche immer, einen Kompromiss zu finden, der alle Beteiligten zufriedenstellt.“ 

Ruhe und Kraft kann die Kallenhardterin trotz ihres enormen Arbeitspensums bei den Tieren tanken. Hündin Malu begleitet ihr Frauchen, wenn es in den Stall geht. Neben den Kälbchen und Kühen und dem Zuchtbullen haben dort auch neun eingemietete Pferde ein Zuhause gefunden.  

Elisabeth Teipel wird von den Tieren fröhlich begrüßt. „Ob groß oder klein, die warten alle auf ihre Streicheleinheiten“, erzählt sie und krault einem Kalb die Nase. „Außerdem wissen sie, dass es Futter gibt, wenn ich komme.“ 

Außer, wenn lediglich eine neugierige WOLL-Mitarbeiterin herumgeführt werden möchte. Dann gibt es kein Futter, worüber sich die Rinder auch lautstark beschweren. „Es ist eben immer was zu tun“, erklärt die Ortsvorsteherin. „Aber was soll`s? Soll ich mich denn in die Ecke setzten und nichts tun? Da bin ich nicht der Typ für!“