Ein starkes Dorf packt gemeinsam an

Foto: Sabrina Voss

Alte Schule in Erlinghausen wird zum Dorfmittelpunkt für Vereine und fürs Handwerk umgebaut/Vereine auch bei Kirchensanierung im Einsatz 

Es ist ein starkes Stück Sauerland, direkt an der Landesgrenze zu Hessen. „In Erlinghausen lohnt es sich zu leben, wir pflegen eine starke Gemeinschaft“, sagt Ortsheimatpfleger und -Chronist Herbert Dülme. Für Gisbert Schröder, ein Sohn des überregional bekannten Wetterbauern Hermann Schröder und Vorsitzender des Fördervereins „Use Erlingsen“, „läuft es“ im rund 1000 Seelen zählenden Dorf, das buchstäblich anpackt und maßgeblich in Eigenregie ein viel beachtetes Projekt stemmt: Die alte Grundschule wird zu einem Tradition und Moderne verbindenden Dorfmittelpunkt für Vereine, für Jung und Alt sowie fürs Handwerk umgebaut. Gleichzeitig sind die Vereine bei der Innensanierung der Pfarrkirche der St.-Vitus-Gemeinde im Einsatz. „Wir arbeiten in Erlinghausen eng zusammen“, betont Ludger Kemmerling, stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer des Kirchenvorstandes. 

Die enge Zusammenarbeit der Vereine und den Willen, ihr Dorf noch lebenswerter zu gestalten, lobt auch Ortsvorsteher Thomas Schröder. „Der Zusammenhalt ist beispielhaft.“ Der zeigt sich auch bei den Arbeiten an den beiden Baustellen alte Schule und Kirche. „Es geht um unsere Heimat“, meint Hermann-Josef Emmerich, der Vorsitzende und Hauptmann des Schützenvereins. „Daher ist es selbstverständlich, dass die Bereitschaft zu helfen, sehr groß ist. Unsere Zukunft gehen wir gemeinsam an.“  

Foto: Sabrina Voss
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Für den Ort ist vor allem das Projekt des Grundschulumbaus ein bedeutender Meilenstein der Dorferneuerung und -Weiterentwicklung.  Es geht um eine erhebliche Aufwertung des Areals Kindergarten, Schule und Hans-Watzke-Stadion. „Ein attraktiver Treffpunkt für Jung und Alt entsteht hier“, sagt Michael Müller, der Vorsitzende des Musikvereins, der die alte, 2007 geschlossene Schule bereits seit Jahren u. a. mit einem Probenraum nutzt. „Wir haben 90 Aktive im Alter von zwölf bis 70 Jahren und freuen uns riesig, wenn das Gebäude umgebaut und wieder voller Leben ist.“  

Erlinghausen versteht sich als „Bauern- und Handwerksdorf“ 

In der Tat: „Voller Leben“ soll das bisher in großen Teilen leerstehenden Gebäude wieder werden. Gemeinsam hatte das Dorf unter Federführung des Fördervereins „User Erlingsen“ (Unser Erlinghausen), der sinnbildlich für die starke Gemeinschaft steht und seit 2006 besteht, ein Konzept entwickelt. Die Idee, eines Teilabrisses des Gebäudes, wurde schnell verworfen, da die Gebäudesubstanz mit ihrer massiven Bauweise zu schade für den Abriss ist. Stattdessen wurde ein Konzept entwickelt, das ambitioniert ist und Vorfreude weckt. Der Musikverein erhält neben dem bisherigen Probenraum einen weiteren fürs Equipment. Der Sportverein RWE freut sich über Unterstellmöglichkeiten und einen räumlichen Verkaufstand. Ein Gymnastikraum wird eingerichtet, u. a. für die Ballett-Gruppen des Karnevalvereins – Erlinghausen ist eine Hochburg des Sauerländer Karnevals. Catering-Flächen auf den Fluren, Garage sowie Werkraum und Küche sind ebenfalls geplant. Bahnbrechend dürfte die Unterbringung des Dorfarchivs werden. „Die Dorf-Geschichte wird zentral an einem Ort abgelegt“, sagt Dülme. „Ziel ist es, das Archiv digital aufzubereiten, damit wären wir Vorreiter in Marsberg und Umgebung.“ Das gilt auch für Teilprojekt „Schule und Handwerk“. Erlinghausen versteht sich als „Bauern- und Handwerksdorf“ mit rund zwei Handvoll Handwerksbetrieben. Angedacht war ursprünglich ein Handwerks-Museum. Die Idee wurde aber verworfen. In einer Klausurtagung in der katholischen Landvolkshochschule Hardehausen („Dorfentwicklung durch Zukunftswerkstätten als Motivationssog und Ideengenerator“) wurde die Idee eines Schulungs- und Ausstellungsraums fürs Handwerk geboren. „Den Schulungsraum mit Multimedia können die Marsberger Betriebe für Bildung und Weiterbildung nutzen“, meint Thomas Schröder. „Das Interesse des regionalen Handwerks ist vorhanden.“ Auch der Ausstellungsraum, so Schröder, dürfte stark frequentiert werden. „Die Betriebe können zudem bei uns um Nachwuchs werben.“  

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3500 Stunden an Eigenleistungen 

Insgesamt 380.000 Euro kostet das Schulprojekt. Vorausgegangen war ein langer Weg durch mögliche Förderinstanzen, der schließlich von Erfolg gekrönt war. Das Dorferneuerungsprogramm NRW macht hauptsächlich die Finanzierung möglich. „65 Prozent werden gefördert, 35 Prozent müssen an Eigenleistung und Spenden erbracht werden“, erklärt Dülme. „Wir rechnen mit rund 3500 Stunden an Arbeitseinsätzen.“ Gemeinsam mit örtlichen Handwerksbetrieben arbeiten die Erlinghauser buchstäblich Hand in Hand – und nicht nur an Wochenenden. Bauunternehmer Uli Prior, selbst einer der Initiatoren, ist mit seiner Firma im Einsatz. Im Mai 2021 sollen die Arbeiten beendet sein. „Corona hat bei den Arbeiten aber zu Verzögerungen geführt“, so Ortsvorsteher Schröder. „Notfalls müssen wir um eine Verlängerung der ursprünglich geplanten zwei Jahre Bauzeit nachsuchen.“ 

Parallel zur Schule laufen auch die Arbeiten in der St-Vitus-Pfarrkirche. „Feuchtigkeit hat den Marmorboden angegriffen“, erläutert Ludger Kemmerling. „Der Boden muss daher grundsaniert werden. Unter anderem beim Aushub des Bodens waren die Erlinghauser im Einsatz.“ Daneben geht es um Innenanstrich und Ausmalung, Heizung und Elektrik, um die Renovierung der Orgel sowie um die technische Sanierung des Glockenturms. Diese Maßnahmen werden vom Erzbistum Paderborn gefördert. 

„Heimat ist, wo´s Herz ist“ (Ergebnis einer Umfrage der Katholischen Landjugend) 

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„In Erlinghausen tut sich derzeit eine Menge. Wenn man so will, sind das große Dinge für unseren kleinen Ort“, erklärt Dülme. „Es gibt aber auch viele kleine Dinge, die Erlinghausen  liebenswert machen. Günter Schulte beispielsweise baut Bänke, die an der Rückenlehne mit Gemarkungsnamen versehen sind.“ Großes Lob erhält auch die örtliche Katholische Frauengemeinschaft (KFD). „Die KFD ist bei allen Aktionen im Ort dabei. Beispielsweise richtet sie den Beerdigungs-Kaffee im Pfarrheim aus und zeigt sich mit den Menschen solidarisch. Das Team um Mechthild Müller leistet Großartiges fürs Dorf.“ Das gilt natürlich auch für die Schützen, die hinter der Halle eine Festwiese – auch für Ferienfreizeiten – gebaut haben. Die Katholische Landjugend (KLJB) spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Dorf, nicht nur bei der Organisation von Ferienfreizeiten. Im letzten Jahr hatte sie sich im Dorf umgehört und nach der Zukunft des Ortes gefragt. Das Ergebnis: „Heimat ist, wo´s Herz ist“. In Erlinghausen schlägt es im richtigen, heimatlichen Takt.