Ein sonniger Platz zum Großwerden

Der Finnentroper Kindergarten St. Johannes Nepomuk bietet seinen Kindern eine familiäre und abwechslungsreiche Umgebung, in der sie behütet spielen und sich entwickeln können.

So wie die meisten Menschen liebe ich die Sonne: Sie macht den Tag hell, schenkt uns Wärme, zaubert bei Regen bunte Farben in den Himmel, lässt dunkle Gedanken schnell verschwinden, erinnert an herrliche Tage voller Leichtigkeit. Die 41 Kinder des Finnentroper Kindergartens St. Johannes Nepomuk haben Glück: Sie haben eine ganz eigene Sonne. Sie scheint jeden Tag und erhellt mit ihren Strahlen ihren Alltag.

„Kinder, die viel frei spielen, …“

Fotografin Gaby und ich sind zu Gast in der Kirchstraße 104 in Finnentrop. Im Eingang werden wir von einem imaginären Wiehern begrüßt: Holzpferd Ferdinand darf sich über ein paar geflochtene Zöpfe und Streicheleinheiten von den 5-jährigen Mädchen Sina und Julie freuen. Schon von hier aus sehen wir die große gelbe Sonne leuchten. Staunend gehen wir ein Stückchen weiter, spazieren unter der Girlande bestehend aus selbstgebastelten, funkelnden Raketen- und Einhornlaternen her und stehen nun im Herzen der zweigruppigen Einrichtung. „Kinder, die viel frei spielen, …“ steht in dicken, bunten Lettern im Kern der Sonne, die mannshoch an der Tür der Turnhalle hängt. Leiterin Jennifer Flick erklärt: „Uns ist es wichtig, dass wir in unserem Kindergarten den Kindern eine familiäre und vertrauensvolle Atmosphäre bieten. Jedes Kind soll alle Räumlichkeiten nach seinen eigenen Bedürfnissen nutzen und sich frei und individuell entwickeln.“

Und von der Wichtigkeit des Freispiels erzählen die Sonnenstrahlen: Kinder, die viel frei spielen, „ … sind kreativer“, „ … kennen ihre eigenen Bedürfnisse besser“, „ … sind erfindungsreicher“, „ … können ihre Bewegungen besser koordinieren“, „ … reagieren flexibler auf Unvorhergesehenes“, „ … sind eher offen für Neues“, „ … wissen, was ihnen gut tut“, um nur einige Beispiele zu nennen.

„ … sind kreativer“: Schneemänner aus Holz

Von ihrer Kreativität überzeugen uns sofort der 3-jährige Luca und der 5-jährige Noel. Sie sitzen gemeinsam mit ihrer Erzieherin Eva Auwermann neben der Sonne und werkeln an einem hölzernen Schneemann. „Das macht allen Kindern Spaß“, betont Noel.

Wenn das allen Kindern Spaß macht, dann ist die weiße Holzfigur genau das Richtige für unsere kleinen WOLL-Mäuse. Eva erklärt, wie man sie herstellt:

„Ihr benötigt verschiedene Größen an Vierkanthölzern, Schmirgelpapier, weiße Farbe, Stoffreste und Bänder für die Mütze, gesammelte Stöcke als Besen für den Schneemann, verschiedene Materialen (beispielsweise Knöpfe, Wackelaugen, Stoffreste, Moosgummi) zum Dekorieren und natürlich Bastelkleber.

Bearbeitet das Vierkantholz mit dem Schmirgelpapier und schleift es schön glatt. Anschließend malt ihr es mit der weißen Farbe an und lasst es trocknen.

Schneidet aus dem Stoff ein passendes Stück ab und klebt es oben am Kantholz fest. Den Rest bindet ihr zu einer Mütze.

Mit den übrigen Materialien dekoriert ihr euren Schneemann: Aus den Knöpfen werden Augen, aus den gesammelten Stöcken werden Arme und aus Moosgummi schneidet ihr eine Karottennase. Klebt alles passend auf und fertig ist euer Schneemann. Toll, oder?!“


„…kennen ihre eigenen Bedürfnisse besser“: Erzieher als Wegweiser

Noel schleift weiter akribisch das Holz glatt und strahlt Eva an. „Prima, Noel!“, lobt sie den Kleinen und erzählt uns, dass sie seit mittlerweile 43 Jahren hier arbeitet. Sie kennt die Einrichtung und ihre Geschichte wohl so gut wie kaum ein zweiter: „Vor 65 Jahren gründeten die Olper Franziskanerinnen diese katholische Einrichtung, bevor 1993 die Kirchengemeinde St. Johannes Nepomuk die Trägerschaft übernahm. Vor 25 Jahren feierten wir dann die Einweihung des neuen Gebäudes hier in der Kirchstraße. Seit dem ersten Tag stecke ich mein ganzes Herzblut in die Arbeit mit den Kindern. Ich denke, dass die Kindergärten heutzutage eine noch größere Bedeutung als früher haben, da es immer mehr Doppelverdiener-Familien gibt und die Erzieher daher noch mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Daher möchte ich ‚unseren‘ Kindern auch viel Positives mit auf ihren Lebensweg geben. Sie zeigen uns ihre Bedürfnisse und wir gehen auf sie ein.“ Ein großes Glück für die kleinen Menschen.

Dem stimmt auch Jennifer Flick zu. Sie absolvierte ab 2005 in St. Johannes Nepomuk ihre Ausbildung und übernahm 2013 die Leitung der Einrichtung. „Wir haben einen Beruf, in dem wir kreativ sein können und der uns auf eine gewisse Art und Weise herausfordert. Kein Tag ist wie der andere. Und am Ende der Kita-Zeit zu sehen, wie sich die Kinder weiterentwickelt haben, gibt jeder Erzieherin in unserem Team ein schönes Gefühl.“ Dem stimmt auch Heike Zöllner zu, die das Team von St. Johannes Nepomuk im hauswirtschaftlichen Bereich komplettiert.

„ … sind erfindungsreicher“: Weihnachtstüten

Während in der blauen Gruppe die weißen Holzmänner kreiert werden, arbeitet Karin Moritz, Leiterin der roten Gruppe, mit „ihren“ Kindern an den kleinen Schneemannbrüdern. „Wir machen schöne bunte Tüten mit Schneemännern und Nikoläusen aus Watte. Da passen dann Plätzchen hinein“, erzählt Sina, die mittlerweile mit Ferdinands Mähnenpflege fertig ist. „Ich lege immer Schokolade oder Perlen hinein. Oder ich sammle schöne Steine“, ergänzt Freundin Julie ihre originellen Ideen. Das klingt gut! Könnt ihr unseren kleinen Leserinnen und Lesern erklären, wie das geht?

„Na, klar! Besorgt euch saubere Milchpackungen, flüssige Wasserfarbe oder Tinte in verschiedenen Farben, Pipetten, Wattepads, Filzstifte, Watte, Sternchen und Klebstoff.

Von den Milchverpackungen wird der Deckel abgeschnitten, sodass die Packungen geöffnet sind. Die Milchpackungen werden zerknüllt, um anschließend die oberste Lage Papier abziehen zu können.

Nun wird in der Mitte einer Seite ein weißes Wattepad geklebt. Je nach Motivwunsch gestaltet man um das Pad herum beispielsweise einen Nikolaus, einen Stern, einen Engel, eine Tanne oder einen Lebkuchenmann und malt es mit Filzstiften aus. Anschließend träufelt man mit der Pipette die Farbe auf das Pad. Der Rand der Tüte wird etwa zwei Zentimeter umgeklappt und kann mit Sternen, Glitzer oder Schneeflocken beklebt werden. Fertig!“

„ … können ihre Bewegungen besser koordinieren“: Selbstgemachte Knete

In jedem Raum, in jeder Ecke herrscht geschäftiges Treiben. Die Kinder sind vertieft in ihre Arbeit. Nur in einem Raum ist es laut und wild – das ist der Turnraum, der Lieblingsort der Kinder. Er verbirgt sich hinter der „Sonnentür“. Hier findet man alles, was das Bewegungsherz begehrt: Matten, Bobbycars, weiche Bausteine … „Für die Kinder ist es sehr wichtig, dass sie sich auch auspowern können“, erklärt Martina Barbera, die stellvertretende Leiterin. „Besonders die U3-Kinder brauchen die Bewegung.“ Gerade sausen ein paar Vorschulkinder durch die kleine Halle. Die ganz Kleinen haben sich mit Sabina Gasser und Ina Arens in den Ruheraum verkrümelt, um Knete „zu backen“. Gaby und ich staunen.

„Ihr habt noch nie Knete selbst gemacht?“, will Ina von uns wissen. Wir schütteln den Kopf und fragen neugierig nach dem Rezept. „Ihr braucht 500 Gramm Mehl, 175 Gramm Salz, drei Esslöffel Zitronensäure, sieben Esslöffel Sonnenblumenöl, 500 Milliliter kochendes Wasser, Lebensmittelfarbe und Glitzer. Ihr gießt alle Zutaten mit dem heißen Wasser auf und verknetet es mit dem Handmixer. Am besten spielt ihr erst mit der Knete, wenn alles abgekühlt ist.“ Los geht’s!


„ … reagieren flexibler auf Unvorhergesehenes“: Projektorientiertes Arbeiten

So viele verschiedene Angebote, für jeden Geschmack ist etwas dabei. „Die Vielfältigkeit ist uns besonders wichtig. Die offene gruppenübergreifende Projektarbeit hat eine ganzheitliche Angebotsstruktur, wobei die Kinder aktiv in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die religiöse Arbeit. Dabei erfahren die Kinder wichtige christliche Inhalte und wir sprechen über die Bedeutung kirchlicher Feiertage, wie beispielsweise Weihnachten“, erläutert die 35-jährige Leiterin. „Dabei zeigen wir auch Interesse für andere Religionen. Im letzten Jahr hat ein türkisches Kind vom Zuckerfest berichtet und einen Koran mitgebracht. Das war für uns alle sehr spannend,“ ergänzt Claudia Peters, Erzieherin im Anerkennungsjahr.

„ … sind eher offen für Neues“: Blick über den Kita-Tellerrand

Einen Blick über den Kindergarten-Tellerrand werfen die Kinder regelmäßig bei ihren Ausflügen zum benachbarten Seniorenzentrum „Haus Habbecker Heide“. Seit 2002 besuchen die Kleinen alle zwei Wochen die Bewohner, spielen und singen mit ihnen. Ein Angebot, das niemand mehr missen möchte. „Manche Bewohner freuen sich die ganze Woche auf die Kinder und warten schon auf sie“, freut sich Erzieherin Kathrin Krabbe über die Kooperation. Doch nicht nur mit dem Seniorenzentrum kooperiert die Einrichtung, die im September mit dem Qualitätsgütesiegel des Bundesverbandes Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. ausgezeichnet wurde. Auch mit Fachdiensten, Ärzten, Therapeuten, Grundschulen und Ämtern ist sie vernetzt. „Wir betreuen, bilden und fördern seit vielen Jahren inklusiv. Die Begleitung der Kinder und Eltern wird individuell nach deren Bedürfnissen unterstützt“, berichtet Erzieherin Svenja Leermann.

„ … wissen eher, was ihnen gut tut“: Verrückter Freitag

Unser Besuch neigt sich dem Ende zu, doch bevor wir an der großen Sonne vorbei über das weitläufige Außengelände mit seinen bunten Spielgeräten zurück in das dunkle Oktoberwetter gehen, ruft uns Valentin zu: „Ihr müsst unbedingt am verrückten Freitag wiederkommen. Dann ist es hier am lustigsten!“ Jennifer Flick lacht: „Ja, an jedem Freitag, dem 13., passieren hier spaßige Dinge. Dann dürfen sich die Kinder etwas Verrücktes wünschen. Manchmal kommen wir im Schlafanzug, ein anderes Mal verkleiden wir uns oder wir frühstücken unter dem Tisch!“

Das klingt herrlich verrückt. Und so erhellt uns nicht nur die große Kita-Sonne den Tag.