„Ein Meisterstück wird nicht verkauft!“

Alte und junge Meister im Generationenbetrieb der Schreinerei Didam

Handwerk hat Tradition, auch wenn es sich dem Wandel der Zeit nicht vollständig entziehen kann und will. In der Schreinerei Didam in Oberkirchen arbeiten die beiden Brüder Ulrich und Klaus zusammen mit ihren Söhnen Theo und Aaron. Alle vier sind Meister ihres Handwerks, der Familienbetrieb besteht bereits seit 1845. Gemeinsam mit WOLL-Fotograf Klaus-Peter Kappest haben WOLLuntärin Carla Wengeler und WOLL Praktikantin Insa Medack einen umfassenden Einblick in die Oberkirchener Schreinerei bekommen.

Derzeit können in den Räumen der Schreinerei die Meisterstücke der jungen, frisch gebackenen Meister Aaron und Theo Didam bestaunt werden. Theos Meisterstück ist eine bauliche Kombination aus Schreib- und Esstisch, Aaron hat eine modische und funktionale Garderobe entworfen und gebaut. Normalerweise wären beide Meisterstücke im Berufsbildungszentrum in Arnsberg ausgestellt worden, doch aufgrund der Corona-Pandemie hat die Schreinerei ihre eigene kleine Ausstellung bekommen. „Meisterstücke werden auf keinen Fall verkauft“, bemerkt Klaus Didam. „Ja genau“, bestätigt Aaron. „Die Planung dauert nämlich genauso lange wie die Bauphase.“

Meister fallen nicht vom Himmel

Um sich am Ende Meister nennen zu können, haben die beiden Vettern Theo und Aaron zuerst in Bad Fredeburg ihren Ausbilderschein gemacht. Am bbz in Arnsberg wird zuerst ein kaufmännischer Teil mit vielen wirtschaftlichen und rechtswissenschaftlichen Themen gelehrt, bevor sich der handwerkliche Teil anschließt, der aus vielen Lehrgängen besteht. Zur Ausbildung gehört auch ein Lehrgang zum Elektrofachmann für bestimmte Tätigkeiten. Damit kann ein Schreiner dann auch kleine Elektro-Arbeiten selbst machen, beispielsweise Lichtsensoren in seinen Bauwerken einbauen.

Für den Bau des Meisterstücks am Ende der Ausbildung muss eine Zeichnung im Maßstab von 1:5 angefertigt werden, die innerhalb von 16 Tagen erfolgreich in die Tat umgesetzt werden muss. Zum Meistertitel ist es also ein weiter und anstrengender Weg. „Witzig ist, dass ich damals den gleichen Lehrer in meinem Meisterkurs hatte“, bemerkt Klaus Didam nebenbei. „Dieser Lehrer hat mit mir seinen ersten Meisterkurs unterrichtet und mit Aaron und Theo seinen letzten. So klein ist die Welt, hier bei uns im Sauerland.“

In der Welt unterwegs

Um ihren Horizont zu erweitern, haben Theo und Aaron schon vor dem Meisterkurs Erfahrungen im Ausland gesammelt. Theo reiste nach seinem Fachabitur für neun Monate nach Kanada. Dort half er dabei, die University of British Columbia in Vancouver umzubauen. „In anderen Ländern braucht jemand kaum Qualifikationen vorweisen, um sich Schreiner nennen zu können“, schildert Theo seine Erlebnisse „Viele waren fast neidisch auf das duale System in Deutschland, das ist wirklich einzigartig.“ Auch sein Cousin Aaron kann ihm da zustimmen, er war nach der Lehre einige Zeit in Schweden in der Schreinerei eines deutschen Auswanderers beschäftigt. „Im Vergleich mit Deutschland haben die dort schon eine andere Arbeitsweise“, berichtet er. Beide sind sich einig, dass die Erfahrung, die sie dort sammeln konnten, es definitiv wert war.

Von der Wiege bis zur Bahre

Die Tätigkeiten eines Schreiners sind unglaublich abwechslungsreich und kreativ. Jeden Tag kann etwas anderes entstehen, beispielsweise ein neuer Eingangsbereich mit Fenstern, Türen und Fassade. Schreiner können ihre eigenen Ideen umsetzen, aber im Mittelpunkt stehen natürlich die Wünsche und Vorstellungen ihrer Kunden. Die Schreinerei Didam verfügt über ein breitgefächertes Spektrum und dem Betrieb kommt zugute, dass verschiedene Generationen miteinander arbeiten. Modernisierung, Möbelaufbereitung, Parkettarbeiten, Balkone und Treppen gehören ebenfalls zum Dienstleistungsangebot. Der große Vorteil ist, dass sich die Fähigkeiten gegenseitig ergänzen. „Auch ein monatelanger Meisterkurs kann nicht 30 Jahre Erfahrung ersetzen“, beschreibt Ulrich Didam passend.

Schreiner ist ein Beruf, der viele interessante Aspekte bietet. Da ist fast für jeden was dabei. Mit der Zeit hat sich natürlich auch die Technik weiterentwickelt. Vielen Leuten ist es vielleicht gar nicht so bewusst, aber ein Schreiner macht heutzutage nicht mehr alles per Hand. Inzwischen schreiben sie auch Programme für die Maschinen, die sie bedienen und die von einem Computer gesteuert werden. Dennoch müssen sie auch per Hand zeichnen oder Zeichen-Programme am Computer nutzen können. Spannend und vielseitig ist der Beruf, der viele Tätigkeiten miteinander vereint. Auch bei der Schreinerei Didam ist der Maschinenpark auf dem aktuellsten Stand.

Man kann sich immer weiterbilden

„Toll am Beruf des Schreiners ist, dass wir mit einem natürlichen Rohstoff arbeiten, der nachwächst. Ich arbeite gerne mit Massivholz, es ist großartig, wenn ein Bauelement aus einem einzigen Stück Holz gefertigt werden kann“, antwortet Theo auf die Frage, was er an seinem Beruf besonders schätzt. Aaron löst gerne komplexere bauliche Aufgaben und Klaus macht gerne Gebrauch von den modernen Maschinen im Betrieb. Ulrich hat sich auf einen anderen Teilbereich spezialisiert: die Restauration. Mit seinen 58 Jahren hat er sich dazu entschieden, noch eine Fortbildung zum Restaurator im Handwerk zu machen. „Ich mag es, alte Gegenstände wieder aufzuwerten“, erklärt Ulrich seine Leidenschaft. Die Bandbreite der Schreinerei Didam ist also enorm groß, von Restauration bis zur Nutzung der modernsten Techniken.

Derzeit planen Aaron und Theo, weitere Erfahrungen in anderen Betrieben zu sammeln. Eine Auflage im familiären Betrieb gibt es allerdings: „Einer muss immer hierbleiben“, sagt Klaus bestimmt, mit einem Lächeln im Gesicht. Zuerst wird Aaron eine Stelle in einer anderen Stadt antreten, und wenn er wieder da ist, kann sich Theo auf die Reise machen. Die Arbeit in verschiedenen Betrieben bringt neue Erfahrungen und einen Perspektivenwechsel mit sich und kann für die jungen Meistereine gute weitere Fortbildung sein. Und danach geht es zurück in die Heimat, ins Sauerland!

Eine Frage zum Schluss:
Was wünscht ihr euch in Zukunft für das Handwerk?

Klaus: … dass das Traditionelle nicht verloren geht und die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Schreinereien nicht zu große negative Folgen hat.
Theo: … dass es auch in Zukunft noch genug Auszubildende geben wird, damit sich die Anzahl der Fachkräfte nicht reduziert. Damit verbunden ist natürlich auch, dass die Qualität des Handwerks weiterhin wertgeschätzt wird.
Aaron: … dass es auch weiterhin genügend Aufträge und somit auch genügend Arbeit gibt.
Ulrich: … dass die Betriebe Nachfolger finden und nicht schließen müssen, weil sie keinen haben. Wir sind da zum Glück in einer sehr guten Lage.