Hubertus-Kapelle in Rixen als Musterbeispiel für dörfliches Engagement
„Es ist immer etwas Besonderes, wenn ich die Kapelle betrete. Ich freue mich jedes Mal.“ Judith Mendel-Koch ist „mit Liebe“ Küsterin der St. Hubertus-Kapelle in Rixen, dem knapp 100 Seelen zählenden Ort. „Die Kapelle ist ein Juwel mit wunderbarer, künstlerischer Gestaltung und ein Beispiel für den Zusammenhalt des Dorfes. Sie ist über Rixen hinaus ein Magnet.“ Auch Josef Hillebrand und Karl-Josef Niggemann gehen die Herzen auf, wenn sie über das vor über 30 Jahren von der Dorfgemeinschaft gebaute Gotteshaus sprechen: „Die Kapelle ist ein gemeinsames Lebenswerk für Rixen.“
Hillebrand und Niggemann, beide über 80, sind Mitbegründer des ursprünglich 14 Mitglieder umfassenden Kapellenbauvereins. Sie bildeten 1984 als erste und zweite Vorsitzende – gemeinsam mit Geschäftsführer Heinz Hillebrand und Kassierer Fritz Boer – den Vorstand. „Die Generation der über 70- bis über 80-Jährigen hat mit dem Kapellenbau nicht nur einen geistlichen Mittelpunkt fürs Dorf, sondern einen bleibenden Wert geschaffen“, betont Ortsvorsteher Martin Niggemann, zugleich auch erster Vorsitzender der im letzten Jahr 100 Jahre alt gewordenen St. Hubertus-Schützenbruderschaft. „Der Kapellenbau ist ein Vermächtnis für künftige Generationen.“
Pastor aus Recklinghausen nahm Rixener in die Pflicht
Dass es überhaupt zum Bau der in Eigenleistung errichteten und am 20. September 1987 eingeweihten Kapelle kam, dazu bedurfte es „geistlichen Beistandes“. Die Idee, ein Gotteshaus zu errichten, reifte zwar in den 1980er Jahren, doch der entscheidende „historische“ Anstoß kam von Pastor Theo Bollrath von der Kirchengemeinde St. Gertrudis Hillerheide Recklinghausen, die seit 1972 die ehemalige Rixener Dorfschule als Ferienheim nutzte. Pastor Bollrath packte 1984 die Dorfgemeinschaft in seiner begeisternden Predigt beim Feldgottesdienst zum Schützenfest bei der Ehre und nahm sie in die Pflicht: Sollten bei der Kollekte mehr als 1.000 Mark zusammenkommen, dann sollte der Kapellenbau in Angriff genommen werden. Es war ja Schützenfest und die Rixener in bester Stimmung: „Sage und schreibe 1.120 Mark lagen im Körbchen“, erinnert sich Karl-Josef Niggemann. „Das war das Signal für die Gründung des Kapellenbauvereins und den Bau der Kapelle. Natürlich gab es auch pessimistische Stimmen, aber wir haben uns nicht beirren lassen.“
Mit der Gründung des Kapellenbauvereins wurden die rechtlichen Voraussetzungen für ein überragendes Werk der Dorfgemeinschaft geschaffen. 220.000 Mark waren für den Bau kalkuliert. Zwei Einwohner schenkten dem Verein das nötige Grundstück, die Bereitschaft für Finanz- und Sachspenden war groß. Auch einige „Sünder“ waren beteiligt: Ihre Buß- und Strafgelder, die ihnen vom Briloner Amtsgericht auferlegt wurden, flossen in den Bau. Auch der damalige Oberkreisdirektor Dr. Adalbert Müllmann, ein Freund der Dörfer, warb bei seinem Eintritt in den Ruhestand 1987 um Spenden für Rixen: Gut 11.000 DM kamen zusammen. Die Briloner Propsteigemeinde war mit 25.000 DM dabei. Vom Erzbistum Paderborn kam kein Pfennig. Der Bau der Kapelle erfolgte in Eigenleistung. Die Regie führte Architekt Heinz Pack aus Scharfenberg. Beteiligt waren auch Handwerker aus Scharfenberg, Brilon und anderen benachbarten Orten, alle freiwillig.
Künstler Ernst Suberg schaffte „Gesamtkunstwerk“
„Vielleicht war es Zufall oder Fügung, Gottes Hand oder menschliche Nachhilfe“, wie es Heinz Hillebrand in einem Rückblick schreibt, dass mit Ernst Suberg aus Olsberg-Elleringhausen, ein überregional bekannter Bildhauer und Maler die künstlerische Gestaltung der Kapelle übernahm. Kunsthistoriker sehen in Subergs Werk ein Gesamtkunstwerk und Juwel – von der Eingangstür bis zum Altar. „Allein die Eingangstür ist ein Kunstwerk“, so Herbert Johannes Koch, Kunsthistoriker und Ehemann von Judith Mendel-Koch. „Auf der Außenseite des Portals erzählt Suberg in vier Reliefs die Lebensgeschichte des heiligen Hubertus, dem Patron der Kapelle. Auf der Innenseite werden ebenfalls in vier Reliefs vier Tugenden in einzelnen Szenen dargestellt: Glauben, Helfen, Verzeihen, Gerechtigkeit.“ In den von Gönnern gestifteten sechs Rundbogenfenstern werden Heilige mit erläuternden Begebenheiten aus ihren Leben dargestellt: Antonius, Heilige Familie, Hubertus, Kaiser Heinrich II., Gertrud von Helfta, Florian. Der massive hölzerne Blockaltar ist auf einem gemauerten Sockel aus Schieferstein platziert. Suberg gestaltete darüber hinaus u. a. die Wangen der Kirchenbänke, Ambo, Stühle, Leuchter, ein Postament für die Monstranz und einen Kreuzweg.
Jürgen Suberg setzte Werk seines Vaters fort
Mit großer Betroffenheit nahm die Dorfgemeinschaft die Nachricht von Ernst Subergs Tod zur Kenntnis, der am 18. Dezember 1987 nur wenige Monate nach der Einweihung der Kapelle verstarb. Rixen war sein letztes großes Werk, das sein Sohn Jürgen Suberg fortsetzte, der ebenfalls als Bildhauer und Maler überregional bekannt ist. Von ihm stammt auch das Friedensmal vor der Kapelle, das auf der Vorderseite die Muttergottes zeigt, die ihren toten Sohn umschließt. Auf der Rückseite wird die Auferstehung mit den drei Frauen am leeren Grab und dem Engel symbolisiert. Jürgen Suberg gestaltete auch das neue Auferstehungskreuz auf dem Woltenberg. Es ist ein Gabel- und Siegerkreuz mit V-förmig aufstrebenden Armen als Zeichen für Victory. Das Kreuz steht damit in Verbindung zur Kapelle. „Es war vor allem ein Wunsch von Heinz Hillebrand, diese Verbindung zu schaffen“, sagt Judith Mendel-Koch. „Der Kreuzweg mit den 14 Stationen auf drei Steinen beginnt an der Kapelle und führt zum Woltenberg.“
33 Jahre nach der Konsekration hat die Kapelle nichts von ihrer Faszination verloren. „Sie ist ein Magnet“, so Judith Mendel-Koch. „Normale Gottesdienste, Hochzeiten oder Taufen finden hier statt. Führungen werden angeboten und angenommen. Die Besucher kommen nicht nur aus dem Raum Brilon.“ Eine Orgel fehlt. Zu den Gottesdiensten bringt Küsterin Mendel-Koch, eine anerkannte Orgelbaumeistern, ein „Elektronium“, eine Art Keyboard, mit. Bei Todesfällen läutet die Kapellenglocke an drei Tagen um 11.45 Uhr. Ansonsten wird der Engel des Herrn täglich um 7, 12 und 19 Uhr geläutet, als Glaubensbekenntnis und auch als Zeichen des „Lebenswillens und Gemeinschaftsgeistes“, wie es Dr. Adalbert Müllmann bei der Einweihung am 20. September 1987 betont hatte.