Ein blaues Wunder in Elkeringhausen

St. Maria Magdalena

An vielen Sauerländer Kirchen bin ich schon zigmal vorbeigefahren oder gelaufen, habe sie aber noch nie betreten. Vielleicht, weil ich sie zu schnell über einen Kamm schere. Wie soll sich eine Dorfkirche schon von einer anderen unterscheiden? Ein Irrglaube, wie ich feststelle, als ich vor der von außen unscheinbar wirkenden Kirche in Elkeringhausen stehe. Hier lohnt es sich definitiv, einmal genauer hinzuschauen, denn hinter der Kirchentür erlebt man im wahrsten Sinne des Wortes sein blaues Wunder.

Ein farbenfrohes Kirchenschiff

St. Maria Magdalena ist hell. Und bunt. Im ersten Moment irritiert mich das, denn es ist nicht die Art von klassischem Buntglasfenster-Bunt, welches man sonst in Kirchen gewohnt ist. Im zweiten Moment setze ich bereits einen Fuß vor den anderen, um die kleine Kirche zaghaft zu erkunden. Ein freundlicher Terrakotta-Farbton umschmeichelt die Wände, der sich nach oben hin in ein weißes Kirchengewölbe verliert und den ganzen Kirchenraum warm und gemütlich wirken lässt.

Am deutlichsten stechen mir aber die Spitzbogenfenster ins Auge. Erst weiß ich nicht genau, was ich da sehe und ob ich überhaupt etwas sehe. Da sind Blautöne, die miteinander verschwimmen, und immer wieder Farbsprenkel in Rot, Grün und Gelb. Es ist die Art von Kunst, bei der man sich fragt, was sich der Künstler dabei gedacht hat. Wie man es zu verstehen hat, ob man es überhaupt zu verstehen hat oder ob es nicht völlig in Ordnung ist, wenn jeder bei der Betrachtung etwas anderes sieht und fühlt.

Die künstlerische Neugestaltung des Kirchenraumes

Doch wie kommt es dazu, dass St. Maria Magdalena in so einem farbenfrohen Kleid daherkommt? Die Dorfkirche von Elkeringhausen wurde bereits 1863 errichtet, nachdem es zuvor schon eine St. Magdalenen-Kapelle gegeben hatte. Neu hergerichtet wurde der Innenraum der Kirche dann Anfang der 2000er Jahre. Mehrere Künstler hatten sich darum beworben, das ganze Dorf durfte mitentscheiden.

Die Wahl fiel schließlich auf die Glasmalerin und Künstlerin Anja Quaschinski aus Düsseldorf. Wieso? Weil sie das Weibliche der Kirche hervorgehoben hat. Ein Thema, das eng mit der Namenspatronin der Kirche, Maria Magdalena, verbunden ist. Sie war die Apostelin der Apostel, stand Jesus bei der Kreuzigung bei und verkündete den Jüngern seine Auferstehung. Gleichzeitig wurde sie jahrhundertelang als lasterhafte Sünderin dargestellt. In der Kunst wechselte die Darstellung ebenfalls. Trat das Sündhafte bei der Darstellung in den Vordergrund, wurde dies oft durch betonte Weiblichkeit unterstrichen. Doch hier wirkt das „betont Weibliche“ anders. Die Kirche wirkt farbenfroh, einladend, warm und strömt eine beruhigende Ruhe aus. Das hat fast etwas Mütterliches.

Kleine Details mit großer Wirkung

Dass sich es sich lohnt, genauer hinzusehen, wird auch bei der Betrachtung der Fenster klar. Fasziniert von den Blautönen, die angenehm frisch und ruhig statt kühl wirken, gehe ich näher heran. Dann sehe ich die Gesichter, hier und da ganz unscheinbar in die Farben eingearbeitet. Darstellungen von Maria Magdalena. Die Idee dahinter gefällt mir. Die Fenster sind zurücknehmend, man braucht Zeit und Muße, um zu sehen, was es zu entdecken gib. Sie sind nicht aufdringlich und ich stelle mir vor, dass während der ein oder anderen Messe ein Kirchenbesucher plötzlich eine stille Überraschung erlebt, wenn er versonnen die Fenster betrachtet.

Auf mich wirken die Fenster wie eine Wasseroberfläche, auf der sich in den gelben Sprenkeln die Sonne bricht oder auf der in den roten Sprenkeln ein Herbstblatt treibt. Dahinter die Gesichter Maria Magdalenas, die man durch die Oberfläche sieht. Es hat nichts Erdrückendes, sondern etwas ganz Ruhiges und Klares. „Ob sich das die Künstlerin dabei gedacht hat?“, frage ich mich selbst, als ich die Kirche später wieder verlasse. Wahrscheinlich nicht. Ob ich so eine Farbenvielfalt in der Elkeringhäuser Dorfkirche erwartet habe? Sicher nicht. Doch eins lehrt einen diese Kirche definitiv – es lohnt sich immer, genauer hinzuschauen.