
Professor Prange aus Brilon neuer Rektor der Fachhochschule Südwestfalen
Seit Anfang Oktober ist ein Sauerländer neuer Rektor der Fachhochschule Südwestfalen, die mit ihren fünf Standorten Meschede, Lüdenscheid, Soest, Iserlohn und Hagen zu den größeren Fachhochschulen in Deutschland zählt. Das WOLL-Magazin bekam Ende des Monats die Möglichkeit, Prof. Dr. Dr. Dr. habl. Alexander Prange (50) aus Brilon in der Verwaltung der Fachhochschule in Iserlohn zu einem Interview zu treffen. Mit dabei Sladjana Matjevic aus Schmallenberg, die als ASTA-Vorsitzende der Fachhochschule das Gespräch organisiert hatte.
WOLL: Seit dem 1. Oktober sind Sie Rektor der Fachhochschule Südwestfalen. Was hat das mit Ihnen gemacht?
Prof. Prange: Das war ein wunderbares nun auch berufliches Wieder-nach-Hause-Kommen. Ich war zwanzig Jahre im Rheinland: für das Studium und anschließend beruflich an der Fachhochschule Niederrhein. Ich habe meine Wohnung in Brilon und die Heimatverbundenheit aber nie aufgegeben. Ich lebe seit meiner Geburt dauerhaft in Brilon und bin gleichzeitig mit Zweitwohnung und vielen Auslandsaufenthalten beruflich viel unterwegs gewesen. Als ich damals zur Wahl von Brilon nach Meschede gefahren bin, da habe ich gedacht: Das ist Heimat. Das ist wohlfühlen. Das ist fast wie im Urlaub sein.
WOLL: An den fünf Standorten der Fachhochschule Südwestfalen, Hagen, Iserlohn, Soest, Lüdenscheid und Meschede studieren über 10.000 junge Menschen aus dem Sauerland, aber auch aus anderen Regionen und dem Ausland in insgesamt 84 Studiengängen. Welche Bedeutung hat das für das Sauerland?
Prof. Prange: Geradezu die wichtigste Bedeutung. Neben der klassischen Ausbildung, was natürlich die Schulen anbetrifft, ist im akademischen Bildungssektor die Fachhochschule Südwestfalen die einzige, die in Südwestfalen flächendeckend präsent ist. Wir haben in unserer Nachbarschaft die Universität Siegen im Süden und wir haben die Technische Universität Dortmund. Wir sind eingerahmt von anderen Fachhochschulen, aber in der großen Fläche mit den über 1,5 Millionen Menschen sind wir im positiven Sinne Platzhirsch. Der Gründungsgedanke der Fachhochschulen war immer, sich an der heimischen Wirtschaft und an den Bedürfnissen der Region auszurichten. Und ich glaube, dass das die Fachhochschule sehr gut abdeckt. Da ist die Präsenz in der Breite und in der Fläche besonders wichtig. Dazu gehört auch, dass wichtige Fächer wie die Betriebswissenschaften und Ingenieurwissenschaften auch an mehreren Standorten angeboten werden.
WOLL: Dürfen wir fragen, was ein Rektor einer Fachhochschule eigentlich macht? Was ist seine wesentliche Aufgabe?
Prof. Prange: Zunächst einmal hat der Rektor Aufgaben, die ihm das Gesetz zuweist. Er vertritt die Hochschule nach Außen und er ist der Vorgesetzte des wissenschaftlichen Personals. Er übt das Hausrecht aus. Seine vornehmlichste und wichtigste Aufgabe ist die Leitung der Hochschule und der Vorsitz mit Richtlinienkompetenz im Rektorat. Er ist verantwortlich für die Weiterentwicklung der Hochschule. Ein Rektor ist natürlich auch ein Kollege im Bereich der akademischen Ausbildung und Forschung. Ich bin im zugrundeliegenden Amt gleichzeitig noch Professor für Lebensmittelmikrobiologie am Standort Soest. Das ist mir auch wichtig, dass ich nicht nur eine reine Verwaltungsaufgabe habe, sondern eben auch die enge Ankopplung an die akademische Ausbildung. Am 22. November werde ich meine Antrittsvorlesung in Soest geben. Zudem bin ich in einzelne Lehrveranstaltungseinheiten der Kollegen eingeladen worden. Da werde ich aus meinem Spezialgebiet, das sind im Wesentlichen Schimmelpilze und Bakterien, etwas beisteuern.
Ergänzend trifft sich das Rektorat alle zwei Wochen mit den Fachbereichsleitungen, um Dinge abzustimmen, die für die Hochschule wichtig sind, wie die Studienentwicklung und Forschungsthemen, und – ganz wichtig an einer Fachhochschule – die Themen Transfer und Zusammenarbeit mit Partnern in der Region.
WOLL: Jetzt ist der neue Rektor ein Sauerländer und der neue Kanzler ein Siegerländer. Geht das gut?
Prof. Prange: Das geht sehr gut! Ich bin bekennender Hochsauerländer. Wenn man in die Feinheiten reingeht, komme ich aus dem Kurkölnischen Sauerland. Der Kollege Müller kommt aus dem Grenzgebiet von Siegerland und Sauerland. Ich glaube, er kennt beide Welten. Und wenn man vom Sauerland ins benachbarte Siegerland nach Wilnsdorf oder Krombach schaut, ist uns das doch noch sehr nahe.
WOLL: Sie haben mal gesagt: „An der Stellenausschreibung ‚Rektor der Fachhochschule Südwestfalen‘ hat mich vor allem der Markenkern der Fachhochschule Südwestfalen, die sich als Partnerin der vorrangig mittelständisch ausgerichteten Wirtschaft in der Region versteht, angesprochen.“ Was ist damit gemeint?
Prof. Prange: Damit meine ich, dass hier eben diese enge Verzahnung von Wissenschaft in der Forschung, aber auch in der Ausbildung von der Hochschule ganz nach oben gestellt worden ist. Wenn man sich die Stellenausschreibung bundesweit anschaut, gibt es oft die Betonung gesellschaftlicher Aufträge, die haben wir selbstverständlich auch. Aber dieses klare Bekenntnis, diese Grundwurzel, aus der die Hochschule vor 50 Jahren zusammengefügt worden ist, als Partner der Unternehmen in der Region da zu sein, das ist aus meiner Sicht der Beitrag, den die Hochschule – auch als gesellschaftlichen Beitrag – leisten kann, um die Region stark zu machen. Wir haben hier die berühmten Hidden Champions. Wir haben die Unternehmen vor Ort, die Ausbildung und Nachwuchs brauchen. Und ich glaube, das geht Hand in Hand.

WOLL: Welche Themen und Aufgaben muss die Fachhochschule in Zukunft im Zeichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels in unserem Land stärker berücksichtigen?
Prof. Prange: Es muss besser erklärt werden, was und warum wir es tun – in Lehre, Forschung und Transfer. Das halte ich für ganz entscheidend. Wir sind steuerfinanziert, und ich finde, da haben wir die Verpflichtung deutlich zu machen, wo das Geld investiert wird. Wir gehen sehr sorgsam mit den Ressourcen um. Wir leisten hier eine hervorragende Ausbildung, müssen es aber sichtbarer machen. Das sind wir unseren Finanziers, und das ist die Gesellschaft, schuldig.
WOLL: Welchen Ratschlag oder Tipp als Rektor der Fachhochschule Südwestfalen haben Sie für die jungen Menschen, vor allem für die Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen im Sauerland?
Prof. Prange: Wichtig ist, dass sich Schülerinnen und Schüler bewusst machen, dass es heute ein riesiges Angebot gibt. Wir haben in Deutschland 20.000 Studiengänge, in die man sich einschreiben kann. Wir haben allein hier an der Hochschule etwa 80 verschiedene Studiengänge. Ich würde Schülern zunächst einmal empfehlen, wenn sie ihre fachlichen Neigungen kennen, sich vor Ort die Dinge anzugucken. Wir haben Kontakt zu allen Gymnasien und zu allen Berufskollegs in der Region. Wir laden die Schüler und Schülerinnen gerade in den höheren Klassen ein, sich das praktisch einmal anzugucken. Und was auch ganz entscheidend ist: Dass sich Schüler und junge Menschen überlegen, ob für sie eine heimatnahe Ausbildung interessant ist, oder ob es auch mal ganz gut ist, rauszukommen. Ich bin selbst seiner Zeit aus dem Sauerland nach Bonn zum Studium gegangen. Das hat mich im Leben weitergebracht und mir viel Freude bereitet. Ich habe aber die Wurzel nicht verloren und bin gerne zurückgekommen. Das muss jeder für sich entscheiden.
WOLL: Was gefällt Ihnen besonders an ihrer Heimatstadt Brilon und am Sauerland insgesamt?
Prof. Prange: Es ist die ganze Region, in der Bewegung drin ist. Nicht umsonst ist es einer der aktivsten Wirtschaftsräume, die wir bundesweit haben. Gerade in heutigen Zeiten ist es wichtig, das würde ich jungen Leuten auch immer empfehlen: Engagiert euch im demokratischen Gemeinwesen in eurem Umfeld – in der Kommune für das Dorf oder die Stadt. Das ist völlig egal, welche politische Farbe das hat. Ich bin seinerzeit in die Kommunalpolitik gegangen und habe als sachkundiger Bürger im Schulausschuss angefangen. Aktuell bin ich immer noch, jetzt im elften Jahr, Ratsmitglied der Stadt Brilon. Entscheidend ist: Wir brauchen Menschen, die sich für ihre Heimat und unser demokratisches System engagieren. Das tun viel zu wenige. Da darf man sich auch mal streiten. Und ich sage mal so: Im Sauerland reden wir handfest miteinander. Und was alle verbindet, ist, dass man für Lösungen streitet.
Brilon ist für mich: Heimatbasis, Familie, Wald, Schnade und der Menschenschlag im Hochsauerland.
WOLL: Gibt es noch etwas zu sagen, was wir nicht gefragt haben?
Prof. Prange: Ja, vielleicht ein Punkt, der mich wirklich sehr gefreut hat: Ich bin an dieser Hochschule vom ersten Tag an so positiv und so herzlich willkommen geheißen worden. Das ist schon bemerkenswert. Egal, wo man nachgefragt hat, bei den Mitarbeitern oder bei den Studierenden, es ist ein großes Interesse da, an dieser Hochschule zusammenzuarbeiten. Und Südwestfalen als Marke, was wir in Zukunft auch noch ein bisschen stärker mitbegleiten wollen. Dieser berühmte Spruch trifft es: Südwestfalen – alles echt.
WOLL: Sie wissen, dass wir als WOLL-Verlag und WOLL-Magazin, dies etwas anders sehen?
Prof. Prange: Das weiß ich. „Sauerland“ ist natürlich auch eine Marke und nicht nur ein Landstrich, aber alleine dieser schöne Ausdruck „woll“ im Nachsatz fügt es zusammen.
WOLL: Vielen Dank, Herr Prof. Prange für das sehr interessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen für Ihre Arbeit als Rektor der Fachhochschule viel Erfolg!