Eigentlich …

Cilly Alperscheid

Quelle: Cilly Alperscheid

KOLUMNE VON CILLY ALPERSCHEID

 … ist Vorfreude doch die schönste Freude, woll. Unter normalen Umständen wäre getz ja nämlich schon alles gelaufen. Beim Bügeln und Falten der Deutschlandfahnen und der Autowimpel könnte man die spannenden Spiele, die man mit einem kühlen Getränk an einem lauen Sommerabend im Biergarten, aufm Schützenplatz oder am Sportlerheim genossen hat, noch einmal Revue passieren lassen und es überkäme einen getz noch ein kalter Schauer wegen des Nervenkitzels. Da fällt mir gerade ein, dass wir das doch eigentlich bei der Frauen-EM hätten haben können, woll, aber das ist ein anderes Thema.

Die Herren der FIFA haben die Weltmeisterschaft ja diesmal an ein Land vergeben, das zwar nicht mit seinen fußballerischen Leistungen, dafür aber mit besonders hohen Temperaturen im Sommer glänzen kann. Deshalb bekommt der November neben Allerheiligen, Volkstrauertag, 11.11. und Totensonntag also noch ein weiteres Highlight, nämlich die Fußball- Weltmeisterschaft. Und wir die Gelegenheit, uns bis dahin noch ein bisschen zu freuen. Wer hat nicht schon immer davon geträumt, auf dem romantisch beleuchteten Weihnachtsmarkt an der Glühweinbude zu stehen und zwischen Engeln und Weihnachtsmännern auf der Großleinwand Fußball aus einem klimatisierten Wüstenstadion zu gucken, während im Hintergrund ‚Last Christmas‘ und ‚O du fröhliche‘ dudeln. Wenigstens ist der kalte Schauer selbst bei unspektakulären Spielen vorprogrammiert, wenn de 90 Minuten, mit Verlängerung sogar 120, in der Kälte stehen musst, woll.

Aber wer wäre ich eigentlich, die Entscheidung der hohen Fußballgötter in Zürich anzuzweifeln? Die werden schon ihre Gründe haben, warum sie die Weltmeisterschaft an ein Land vergeben haben, wo man im Sommer nicht spielen kann und selbst im Winter noch klimatisierte Stadien braucht, die von Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen in die Wüste gebaut wurden – was laut dem Menschenrechtsexperten und eigentlich Universalexperten Kaiser Franz allerdings nicht stimmt. Ich will ja nix sagen, wonnich, aber gibt es eigentlich nicht schon genug Stadien auf der Welt, in Breitengraden, in denen man auch unklimatisiert spielen kann? Weißte, getz nur mal so wegen Nachhaltigkeit und Klimaneutralität und was nicht alles, woll.

Wie dem auch sei, die FIFA wäre eben nicht die FIFA, wenn sie nicht doch die Vorteile sehen würde, die ein Wüstenstaat ohne vorhandene Spielstätten, mit einem erzkonservativen Herrscherhaus und unheimlich viel Geld mit sich bringt. Wobei es das Geld ja nicht sein kann, wonnich, denn beim Fußball geht es ja niemals ums Geld, heißt es zumindest immer. Obwohl, unser Tante Klärchen hat immer schon gesagt: ‚Cilli, es wird über nix so viel gelogen wie über Geld und Frauen.‘ Das passt doch eigentlich in beiden Fällen, woll. Ich meine, es gibt ja gar keine Fußballspieler, die bei de Männers gehen, wenn de weißt, was ich meine, woll. Obwohl sich die vielleicht beim Titelgewinn über ein schönes Kaffeeservice von Villeroy und Boch freuen würden. Aber selbst wenn es sie gäbe, sollten sie in Qatar die erlogene Freundin dabei haben, denn sonst könnte in dem modernen und freundlichen Gastgeberland aus dem klimatisierten Stadion eventuell auch der nicht-klimatisierte Knast werden.

Also wenn ich mir das so überlege, hält sich meine Vorfreude eigentlich in Grenzen und eigentlich sollte man auch gar nicht gucken, woll, aber eigentlich ist auch eigentlich immer nur eigentlich …