Drei Bausenroder Legenden

Quelle: privat

Erster Pfadfinder, Vizegouverneur von Minnesota und Sauerländer Urgestein mit Herz für Tiere

Im kleinen Bausenrode sind Legenden geboren. Der Begründer der deutschen Pfadfinderbewegung Franz Josef Börger, auch bekannt als „alter Wolf“, stammte aus Bausenrode. Vizegouverneur von Minnesota und Abgeordneter im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten, Heinrich M. Arens, erblickte ebenfalls hier das Licht der Welt. Und so manchem Sauerländer ist der Name Ludwig Börger ein Begriff. Er hatte den Zucht-, Reit- und Fahrverein Schwartmecke mitgegründet und für manches „Vertelleken“ gesorgt. Josef Greiten, ältester Einwohner Bausenrodes, und Börgers Schwester Hildegard Korte erinnern sich an die drei besonderen Menschen. WOLL hat die Personalien recherchiert und mit den Zeitzeugen gesprochen.

Freund von Karl May gründete ersten Pfadfinderstamm in Deutschland

Der „alte Wolf“ Franz Josef Börger wurde 1864 geboren und ist 1953 gestorben. Nach einer naturverbundenen Kindheit in Bausenrode und einer Ausbildung zum Gartenbauarchitekt reiste er durch die Welt und gestaltete so manche Gartenanlage. Er erklomm den Mont Blanc. In Straßburg und London traf er auf Pfadfinder und wurde einer von ihnen. Er sagte selbst, er hätte als Pfadfinder das Glück seines Lebens gefunden. In Deutschland gründete er schließlich im Jahr 1909 den ersten Pfadfinderstamm „St. Georg“. In vier Jahrzehnten traf er weltweit viele interessante Menschen. Zu seinen Freunden zählte er zum Beispiel Dichter Friedrich Wilhelm Weber und die Schriftsteller Hermann Löns und Karl May. Zudem war er neben Richard Schirrmann Mitbegründer der ersten Jugendherberge der Welt auf Burg Altena.

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Hildegard Korte erinnert sich an die Rückkehr ihres damals schon alten, aber rüstigen Onkels Franz Josef auf den Hof Börger im Jahr 1945. „Er verwandelte das Stübchen in sein Schlafzimmer. Jeden Abend sagten wir ihm Gute Nacht. Er verteilte dann Klümpchen und erzählte Geschichten von seiner Wanderschaft. Alle Kinder und Jugendlichen der Umgebung und viele Pfadfinder von nah und fern kamen gern zu ihm.“ Josef Greiten ergänzt: „Er gab allen Jungen hier typische Pfadfindernamen oder Namen, die er für passend hielt. Ich war Häuptling starker Büffel und Ludwig nannte er Beppo“. „Von Friedrich Wilhelm Weber hat der Onkel das erste, gedruckte Buch Dreizehnlinden bekommen. Briefwechsel zwischen ihm und Karl May sind im Karl-May-Museum in Dresden untergebracht“, berichtet Hildegard Korte. Franz Josef Börger hat einige Gedichte verfasst mit besonderem Bezug zur Natur, Jugend und Gott, zum Beispiel das „Lilienbanner“. Dieses Gedicht sei in der heutigen, unruhigen Zeit wieder aktuell, sind sich Josef Greiten und Hildegard Korte einig.

Bausenroder Junge im Kongress in Washington

Als eine weitere Bausenroder Legende gilt Heinrich Martin Arens. Er wurde am 21. November 1873 in Bausenrode geboren und starb am 6. Oktober 1963 in Minnesota. Im August 1889 wanderte er als 17-Jähriger nach Amerika aus. Bei seinem Onkel mütterlicherseits in Jordan, Minnesota, kam er unter. Er gründete eine Molkerei in Jordan, war deren Präsident und schließlich Vizepräsident der zentralen Molkereigenossenschaften. Die Farmer-Arbeiter-Partei seines Wahldistrikts schickte ihn ins Repräsentantenhaus. Besonders hervorzuheben ist, dass dies im letzten Jahr des Krieges gegen Deutschland passierte. Er musste sehr angesehen gewesen sein, in diesen Zeiten als Deutsch-Amerikaner eine solche Möglichkeit bekommen zu haben. 1931 wurde Heinrich „Henry“ Arens Vizegouverneur des Staates Minnesota und am 8. November des gleichen Jahres in den Kongress nach Washington gewählt. Dort war er drei Jahre tätig und engagierte sich danach weiter in der demokratischen Partei. Josef Greiten und Hildegard Korte erinnern sich an Heimatbesuche Arens‘ in den Jahren 1948 und 1955. Greiten beschreibt: „Bodenständig wirkte er. Er kam hier rauf und trug das Lied von der Glocke vor. Auch nach vielen Jahren in Amerika konnte er noch gut Platt sprechen. Er wollte mich mit in die USA nehmen. Ich träumte schon von Cowboys und vom Schießen, aber meine Mutter wollte mich nicht mitgehen lassen.“ Besonders erfreuten die Bausenroder in der Nachkriegszeit seine gesandten Care-Pakete. „Er schickte zum Beispiel Schokoladentaler. Die konnte ich immer gut gegen andere Sachen, die ich haben wollte, bei anderen Kindern eintauschen“, berichtet Greiten. „Arens hatte gute Kontakte. Er erzählte, dass er Roosevelt kennengelernt hatte und als er in Deutschland war, reiste er auch aus politischen Gründen nach Berlin und Münster. In Amerika machte er sich dafür stark, dass den Deutschen geholfen werden müsse.“

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Affenzirkus in Bausenrode

Eine Legende aus der näheren Vergangenheit ist Ludwig Börger (geboren am 17. Dezember 1939, gestorben am 3. August 2020) – ein Sauerländer Urgestein mit vielen Flausen im Kopf. Der Pferdenarr und Jäger war in der Umgebung bekannt wie ein bunter Hund mit Pfeife im Mund und seinem Esel Moneypenny vor der Kutsche. Er gründete am 23.10.1965 den Zucht-, Reit- und Fahrverein Schwartmecke mit. Die wohl bekanntesten Erzählungen ranken sich um einen Affen. „Willi Wulf aus Fretter schlug damals als Geschenk zu Ludwigs Geburtstag einen Affen vor, weil zu ihm einfach kein normales Geschenk passte. Wir hörten davon, dass in der Delf der Leiter des Tierparks Dortmund Urlaub machte. Diesen fragten wir und er besorgte uns ein Äffchen. Ludwig lachte und freute sich bei der Übergabe“, so Greiten. Der Affe sorgte für ordentlich Trubel in Bausenrode. „Fritz, der Affe, machte sich nachts selbst das Licht im Stall an und trank dann Milch direkt aus dem Kuheuter“, schildert Hildegard Korte. Josef Greiten ergänzt: „Einmal klaute er einen Lippenstift von Börgers Monika und malte damit ihren Spiegel rot an. Und bei einem Kaffeeklatsch ist er in einem unbedachten Moment auf den Tisch gesprungen und hat aus einer Tasse getrunken. Zum Verhängnis wurde ihm schließlich an einem ersten Mai, dass er so gern die Hunde im Käfig ärgerte.“ Hildegard Korte fällt noch eine weihnachtliche Anekdote zu ihrem Bruder ein: „Ludwig war sehr kinderfreundlich. Er fuhr einmal mit der Kutsche am Nikolaustag verkleidet als Nikolaus durch den Wald auf eine Gruppe Kindergartenkinder zu. Dies war zuvor abgesprochen. Als er sich mit den Worten »Ich reite dann mal wieder in den Himmel« verabschiedete, sagte einer der kleinen Jungen »Lass aber die Pferde hier, die gehören Ludwig Börger.« Die Geschichte hat er gern erzählt.“

Ich rufe die Jugend der Welt unter das
Lilienbanner
Härte und Hochmut erziehen Haß und wir brauchen soviel Liebe in der Welt.
Jugend der Welt, du kampffrohe, wach‘,
Es dämmert ein sieghaftes Tagen!
Laß leben die Liebe, begrabe den Haß,
Dein Banner laß sonnenwärts ragen.
Du bist ja so mächtig, so mutig und stark,
Wie Georg*, der heilige Kämpe;
So stähle von neuem dir Muskel und Mark,
Vernichte des Höllenhunds Ränke.
Es trank doch des kostbaren Blutes genug,
Ach, unsere Mutter, die Erde;
O wandle in Liebe Verderben und Fluch,
Daß Friede und Freude ihr werde.
Dann hast du die Erde dem Himmel versöhnt,
Bist Sieger wie noch keiner gewesen,
Bist strahlend mit blühendem Lorbeer gekrönt,
Vom Haß deiner Ahnen genesen!
Jugend der Welt! Aufschwinge dein Schwert,
Den giftigen Drachen zu schlagen!
Nur so bist wie Georg der Ritter du wert,
Wehr und Waffen zu tragen.
Franz Josef Börger, der „Alte Wolf“

*St. Georg ist Schutzpatron der Pfadfinder.