Friseurmeister Willi Hartwig
Eine gute Adresse in Neheim ist die Lange Wende 33. Hier befindet sich seit 1924 der Friseursalon der Familie Hartwig. Geleitet wird dieser in der dritten Generation von Friseurmeister Willi Hartwig, 60.
„Ist das Wasser so warm genug?“ Willi, der mit vollem Namen Bernhard Hartwig, 60, heißt, wäscht seinen Kunden gern die Haare. Das gehört für ihn zu seinem Service dazu. „Der Kunde ist König.“ Und deshalb legt er sich jeden Tag aufs Neue dafür ins Zeug.
Ihm zur Seite stehen dabei Ehefrau Susanne (Susi) und seine Töchter Helena (Lena) und Valeria (Vally) – auch der Nachwuchs hat den Meisterbrief in der Tasche. Darin verbirgt sich eine große Portion an Wissen über Damen- und Herrenfrisuren. Unzählige davon hat er vollbracht mit Kamm, Schere, Haarschneidemaschine und einer gehörigen Prise an Gesprächsstoff. Er weiß viel und kann viel erzählen, er weiß aber auch, dass es bei jedem Kunden besser ist, zunächst erst einmal zu schweigen. „Man soll erst dann anfangen, beim Haareschneiden zu reden, wenn der Kunde damit von sich aus anfängt“, überlässt er dem Kunden gerne das Feld. Dieser Ratschlag steht nicht im Friseurhandbuch, wird aber in seinem Familiensalon von ihm vorgelebt.
Und während die frisch gewaschenen Haare mit einem Handtuch trocken gerubbelt werden, bereitet sich Willi innerlich schon auf den Haarschnitt vor. Der Frisierumhang sitzt, der Kunde ist bereit. „An den Seiten kürzer als auf dem Deckhaar – kein Problem.“ Der Meister hat viele Stammkunden, deren Wünsche er kennt, und doch jedes Mal auf Neue nachfragt. „Der Kunde ist König – was er wünscht, wenn er auf dem Friseurstuhl vor mir Platz nimmt, wird gemacht.“
Geschickt legt Willi Hartwig los, kürzt zunächst mit der Schere die Haare am Pony, legt dann die Ohren frei. „Die Koteletten sollten länger bleiben – das ist modischer.“ Der Kunde geht gerne darauf ein. Wenig später kommt das Rasiermesser zum Einsatz, es kratzt leise über die Haut. Willi vergleicht die Länge der Koteletten an beiden Kopfseiten und ist zufrieden. Der Kunde ist es auch. Diese Frisur bedarf noch des Einsatzes der über 40 Jahre alten Haarschneidemaschine. Mehrere dieser Exemplare sind im Salon Hartwig im Einsatz, und passen hervorragend zur Gesamtausstattung, in der sich Tradition mit Moderne verbindet. „Diese Maschine war schon bei meinem Vater im Einsatz.“
Von diesem, Bernhard Hartwig, hat er viel gelernt. Dabei war der Filius nach der Mittleren Reife an der Bodelschwinghschule noch unsicher, wohin ihn sein beruflicher Weg führen soll. „Ich wollte entweder Kaninchenzüchter oder Pastor werden.“ Doch schließlich gelang es seinen Eltern Bernhard und Maria Hartwig (geborene Funcke), ihren Willi zu motivieren, Friseur zu werden. Nach seinem ersten Stufenhaarschnitt mit 17 Jahren unter der Anleitung seines Vaters fand ihr Sohn dann Gefallen am Friseurhandwerk, begann am 1. August 1977 seine Ausbildung im elterlichen Salon, machte aber auch Erfahrungen bei Funcke (Lange Wende) und bei Rüther (Möhnestraße). Als Friseurgeselle im Jahr 1980 bereitete er sich auf seine Meisterprüfung vor. Diese bestand er am 2. April 1984 mit Auszeichnung – für seinen Notendurchschnitt mit 1,75 bekam er von der „Stiftung für Begabtenförderung im Handwerk“ eine Prämie in Höhe von 3500 DM zur Förderung der Selbständigkeit.
Stolz ist er darauf, dass er seinerzeit der vierte Friseurmeister der Familie war: „Der erste war mein Großvater Willi Funcke, danach mein Vater und meine Mutter und dann ich.“ Willi ist wie seine Vorfahren ein guter Handwerker. Dass ihm seine Kunden auch nach der Corona-Pandemie nach wie vor die Treue halten, liegt aber auch an der Art und Weise, wie er für jeden Kunden da ist. Ob über Politik, Sport oder Wirtschaft gesprochen werden möchte, Willi ist ein guter Gesprächspartner. Er kann aber auch einfach schweigend seiner Arbeit nachgehen, wenn ihm kein Gesprächsangebot gemacht wird. „Friseure haben Schweigepflicht“, es soll nicht allzu viel ausgeplaudert werden. Denn das gehört zu seinem Ehrenkodex.
All dies weiß seine Kundschaft zu schätzen. „Der Kunde steht immer im Mittelpunkt“, stellt Willi bescheiden fest, der sich voll und ganz auf den vor ihm liegenden Fassonschnitt oder den so genannten Stufenschnitt konzentriert. Dieser ist bei ihm ein Klassiker, und wird etwa von 95 Prozent der Kunden verlangt. „Ich habe aber auch schon ein „Spinnennetz“ geschnitten“, erinnert er sich an sein bisher ausgefallenstes Werk.
Aber ob Fasson, Spinnennetz, oder ein anderer Kundenwunsch, letztendlich steckt immer viel Handarbeit in jedem Haarschnitt, von dem Willi Hartwig erst dann überzeugt ist, wenn es der Kunde ist. Und das ist dann der Fall, wenn der Nacken mit dem Rasiermesser ausrasiert wurde, und zum guten Schluss der Spiegel für den 360-Grad-Rundumblick zum Einsatz kommt. Hier oder dort noch ein wenig kürzer? Gerne! Willi Hartwig macht es möglich. Und wenn seine Kunden zufrieden sind, ist er es auch. „Ich werde nie vergessen, wie eine Kundin nach einem Haarschnitt so strahlte, als wären Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag gefallen. Sie war einfach nur glücklich“, denkt er gerne zurück. „Der Laden und meine Kunden, das ist mein Leben.“