DIE SACHE MIT DER DIVERSITÄT …

Cilly Alperscheid

Quelle: Cilly Alperscheid

KOLUMNE VON CILLY ALPERSCHEID

Was ist doch alles kompliziert geworden, woll. Über vieles hätte man sich früher gar keine Gedanken gemacht, aber dann kommen de Enkelkinder und dann denkste doch schonmal: Geht das denn noch so einfach? Weißte, seit dieser Diskussion um en Winnetou ist man ganz verunsichert. Da hieß es ja, die Geschichten von Karl May würden gar nicht die wahre Geschichte wiedergeben. Weißte, das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner werde ja gar nicht so gezeigt, wie es war. Und die Darstellung in den Filmen sei rassistisch, weil sie Vorurteile bediene. Und sich als Indianer – ne amerikanischer Ureinwohner – verkleiden ist sowieso tabu, weil, das ist nämlich kulturelle Aneignung.

Das soll man alles noch verstehen, woll. Und dann fragt man sich ja auch besorgt: Geht es em Winnetou in Elspe jetzt etwa auch an den Kragen? Oder kleben sich da demnächst irgendwelche Leute und im schlimmsten Falle die eigenen Enkel in der Einfahrt nach de Bühne auf der Straße fest? Aber wo ich getz eigentlich drauf raus will, woll, es steht ja nu Weihnachten vor der Tür. Sag ma, darf man noch ruhigen Gewissens ne Krippe aufstellen?

Weißte, ich hab mir da so meine Gedanken drüber gemacht. Darf man eine jüdisch-aramäische Familie einfach in einen sauerländischen Fachwerkstall stellen? Oder ist das auch kulturelle Aneignung? Weil doch alles nur noch so dargestellt werden soll, wie es wirklich ist, woll. De Jupp sagt: „Cilli, das ist doch gar kein Problem, dann baue ich dir einfach eine orientalische Krippe.“ Ich sag, Jupp, sag ich, da kommt doch dann schon das nächste Problem, wenn du als alter weißer Mann getz en orientalischen Krippenstall baust, woll, dann baust du den ja so, wie du dir vorstellst, dass das da aussieht und das ist dann ja wieder rassistisch und voller Vorurteile.

Und getz geht es erstmal nur um den Stall und die Landschaft, woll. Da haben wir über die Figuren noch gar nicht gesprochen, wonnich. Dann muss ja auch das blonde Jesuskindchen überarbeitet werden. Und es Maria und de Josef und die Hirten auch. Und der dunkelhäutige König darf nicht zu dunkelhäutig aussehen und warum kann eigentlich der dunkelhäutige Kaspar nicht auch mal der Balthasar, also der Europäer sein oder der Melchior aus dem Orient? Und warum gibt’s außer Maria in der Krippe eigentlich nur Männer? Unser Denise, unserm Elisabeth das Mädchen, woll, würde getz sagen, dass das total frauenfeindlich und diskriminierend ist. Gut, bei uns gibt’s noch ne Wasserträgerin, aber auch das geht eigentlich gar nicht – typisches Rollenklischee, woll. Ne, ich werde noch ganz geck, woll.

Aber weißte was, ich glaube, ich stelle de Krippe so auf wie jedes Jahr, denn eigentlich gibt es doch gar nichts zu meckern. Guck, ist doch alles da: Eine jüdische Familie. Männer und Frauen. Ein alter Christ aus Europa, der Balthasar heißt. Melchior, ein mittelalter Muslim aus dem Orient. Ein jugendlicher König aus Afrika, genannt Kaspar. Und ein Engel namens Gabriel, der in der Regel eher aussieht wie ne Gabriele. Männlein, Weiblein und ein bisschen Diversität – und alle lächeln verzückt. Hömma, was wäre das schön, woll, wenn die Welt nicht so kompliziert wär, sondern so einfach und friedlich wie bei Alperscheidts unterm Weihnachtsbaum.