Die Kunst des Feuermachens

Paul Krächter und seine historischen Feuerzeuge

Mit Schürze und Filzhut steht Paul Krächter vorm selbstgebauten Holzhaus in Bad Fredeburg, über der Feuerstelle hängt ein Rost, auf dem lederartige Scheiben liegen. Eine solche Scheibe klopft Paul gerade mit einer Holzkeule – er stellt Zunder her, auf die altmodische Art, mit Feuerstein und Schlageisen. „Heute wissen die meisten Menschen nicht mehr, was für ein Kraftakt es Mitte des letzten Jahrhunderts war, Feuer zu machen. Der Beruf des Zundermachers war wichtig, ganz besonders in dieser Gegend. Das war eine richtige kleine Industrie“, so der 61-Jährige.

Der Letzte seiner Art

Die Bad Fredeburger „Schwammklöpper“ waren für ihren Zunder bekannt, den sie aus Baumpilzen herstellten. Zusammen mit Schlageisen und Feuerstein wurde das „Feuer des kleinen Mannes“ auf heimischen Märkten verkauft und nicht nur zum Feuermachen, sondern auch als Wundauflage verwendet. Paul Krächter ist wohl „der Letzte seiner Art“ und führt das uralte Handwerk weiter.

Gekonnt nimmt er ein Stück Zunder, legt es auf einen Feuerstein und schlägt mit dem Schlageisen schnell von oben nach unten. Die entstehenden feinen Späne erhitzen sich durch die Reibung und springen glühend in den Zunder. So leicht ging Paul das Feuermachen nicht immer von der Hand.

Am 10. November 1959 in Bad Fredeburg geboren, interessiert er sich schon als kleiner Junge für die Kunst des Feuermachens. „Ich war schon immer gerne draußen in der Natur und habe mich dann oft gefragt: Wie hat das eigentlich alles ohne Streichhölzer und Feuerzeuge funktioniert? Wie haben die Menschen das früher gemacht?“, erzählt er. 1985 fiel ihm dann zufällig ein Stück Zunder in die Hand und seine Leidenschaft war endgültig entflammt.

Was sich zu einem lebenslangen Hobby entwickeln sollte, beginnt zunächst mit einer langen, intensiven Suche. Aufzeichnungen darüber, wie Zunder einst hergestellt wurde, gibt es keine. Paul besucht Museen, wälzt Bücher und probiert aus. Nach zwei Jahren gelingt es ihm 1987 erstmals, erfolgreich Zunder herzustellen. „Es hat mich unzählige Versuche gekostet herauszufinden, dass nur die Baumpilze von Birke und Buche verwendet werden können, und nochmal genauso viele Experimente, bis mir klar wurde, dass sich nur die Faserschicht eignet, die direkt unter der Pilzkruste liegt.“ Seit nunmehr 25 Jahren befasst sich der Sauerländer nun schon mit der Geschichte des Feuers – von Feuerzeugen aus der Steinzeit bis hin zu den ersten Benzinfeuerzeugen aus dem Jahr 1904.

Kleinste Feuerzeugfabrik Deutschlands

Sein Wissen gibt Paul Krächter gerne weiter, vor Corona auf zahlreichen Mittelaltermärkten in ganz Deutschland. Seit letztem Jahr haben er und seine Frau Uschi, die ihn stets begleitet, auch einen festen Marktstand mit vier Wänden – die Zunderhütte. Während Paul vor dem Laden großen und kleinen Feuermachern zeigt, wie Zunder hergestellt wird, verkauft Uschi drinnen Dekoartikel, farbenfrohe Keramik, nachhaltige Seifen und Bürsten. Jedes Produkt wird genau unter die Lupe genommen, bevor es ins Sortiment der Zunderhütte aufgenommen wird. Besucher können aber nicht nur einkaufen, sondern auch auf Zeitreise gehen – die Geschichte des Feuermachens ist mit zahlreichen Relikten aus einer längst vergangenen Zeit ausgestellt. Hinter dem Laden befindet sich Pauls Werkstatt. Hier stellt er Lederbeutel und Zundertaschen her, bastelt Feuerkugeln und Linsen, schmiedet Feuerschlagmesser und Eisen. All das gibt es ebenfalls zu kaufen.

Zurzeit arbeitet Paul vor allem an seiner eigenen Version eines Benzinfeuerzeugs, mit Feuerstein und Docht. „Man könnte mich wohl als die kleinste Feuerzeugfabrik Deutschlands bezeichnen“, lacht er. Dann wendet sich der letzte Schwammklöpper Bad Fredeburgs wieder seinem Zunder zu.