Die Kapelle in der Lüttmecke

Kreuze und Kapellen im Sauerland

Tatsächlich ist es aber die „Kapelle der schmerzhaften Mutter Gottes“, die neben dem Hermannsteich einen der Höhepunkte an dem geteerten Spazierweg durch das ruhige Seitental der Lenne darstellt. Ihre aufwendige Dachkonstruktion ist nicht nur ein Zeugnis für die handwerkliche Kunstfertigkeit der Erbauer, sondern auch ein Spiegel der Baugeschichte der Kapelle.

Seit 1955 geht die Oberkirchener Fronleichnamsprozession durchs Hartmecketal. In der Lüttmecke, unmittelbar unterhalb der Zimmerei Schauerte, wurde zunächst ein Altartisch unter freiem Himmel als zweite Prozessionsstation aufgestellt. Aufwendig gestaltet mit Blumenschmuck und Altartuch war er dem Sauerländer Wetter ausgesetzt. Als nach einem besonders verregneten Fronleichnamstag die Sonne wieder herauskam, saßen die Bewohner der Lüttmecke, die Familien Schauerte und Kersting, auf der langen Bank, deren Nachfolgerin auch heute noch am Einstieg zum alten Postweges nach Schanze auf Wanderer wartet. Hier fiel die Entscheidung, in Eigeninitiative eine Kapelle zu bauen – nicht nur als Fronleichnamsstation, sondern als ständiger Andachtsort.

Zugehörigkeit zu St. Gertrudis Oberkirchen

Es war der Zimmermeister Ewald Schauerte, der bei einem Krankenhausaufenthalt die erste Zeichnung erstellte. Schon auf dieser ersten Zeichnung wird klar: Das Kapellendach wird gekrönt von einem kleinen Türmchen, das die Zugehörigkeit der Kapelle zur Oberkirchener Pfarrkirche St. Gertrudis deutlich macht. Das Türmchen hat fast die gleiche Form wie der kleine Glockenturm über dem Kreuze und Kapellen Klaus-Peter Kappest Hauptaltar der Kirche. Ein ähnliches Türmchen ziert auch die Oberkirchener Friedhofskapelle, so dass schon auf den ersten Blick die Zusammengehörigkeit der drei Gebäude deutlich wird.

Unter dem Türmchen verbreitert sich das Kapellendach zu einer sogenannten Welschen Haube, die mit 2,80 m Durchmesser genau auf die Kapelle passt, die 1995 in Eigenarbeit errichtet wurde. Ohne finanzielle Hilfe, sondern nur mit – teilweise üppigen – Spenden aus der Nachbarschaft wurde der Bau finanziert. So wurde zum Beispiel das Schieferdach der Kapelle mit Spendengeldern bezahlt, die beim Tod des Oberkirchener Waldbauern Theodor Feldmann-Hömberg statt Kränzen und Blumen zusammenkamen.

Endlich den richtigen Platz gefunden

In der neuen Kapelle fand eine Pieta ein dauerhaftes Zuhause, die schon häufig umgezogen ist. Die Skulptur „Schmerzhafte Mutter Gottes“, ist eine Kopie eines Werkes vom Münsteraner Bildhauer Wilhelm Achtermann aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich stand sie in einer Nische der Pfarrkirche. Bei der Kirchenrenovierung in den 50er Jahren meinte der damalige Kirchenkonservator, ein so „neues“ Werk passe nicht in eine barocke Kirche. Zeitweilig stand sie auf dem Friedhof im Freien, dann im Pfarrhaus, im Pfarrgarten und schließlich für 30 Jahre im Antoniushäuschen auf dem Graftenberg. Als dort wieder ein Antonius einzog, musste sie erneut weichen und fand nun in der Lüttmecke ihre Heimat.

Der Standort der Kapelle neben einer Zimmerei legte nahe, auch dem heiligen Josef, dem Schutzpatron der Zimmerleute, in der Kapelle einen Platz zu geben – am besten auf einem eigenen Seitenaltar. Im Jahr 2007 erweiterten Ewald Schauerte und seine Nachbarn die Kapelle deshalb auf einen Durchmesser von vier Metern. Neben dem heiligen Josef als Zimmermann fand auch eine Maria als Gnadenspenderin Platz auf einem der beiden neuen Seitenaltäre. Das kunstvolle, alte Dach sollte auf der vergrößerten Kapelle wieder verwendet werden. Mit einem Autokran wurde es einfach vorübergehend heruntergehoben und um ein Zwischendach ergänzt, das – passend geschwungen – die Breite von 2,80 Metern auf vier Meter überbrückt.

Anziehungspunkt für alle, die des Weges kommen

So kam die Kapelle in der Lüttmecke in drei Schritten zu ihrem markanten Dach und Oberkirchen wurde um einen Anziehungspunkt reicher. Ewald Schauerte und seine Familie kümmern sich täglich um den Erhalt der Kapelle, sorgen für Blumen, machen sauber und kümmern sich bei Bedarf um kleine Renovierungen. Sie freuen sich sehr, dass kaum jemand achtlos an der Kapelle vorbeigeht. Einheimische und Gäste verweilen für einen kurzen Moment, zünden eine Kerze an oder machen – wie die junge Familie aus Köln – einfach nur ein Foto.