„Die Absicht, gegen den Willen der Bewohner aus ihrer Heimat eine Industrielandschaft zu machen, ist rechtswidrig!“

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Bürgerinitiativen gegen Windkraft erheben gemeinsam Einwendungen und starten eine Informationskampagne mit Flyern

Die aus Anlass des Regionalplan-Entwurfs zusammengeschlossenen neun Bürgerinitiativen aus dem Kreis Olpe und dem HSK haben mit Datum 28.05.2021 ein gemeinsames Einwendungsschreiben an den Regionalrat in Arnsberg gesandt. Darin fordern sie, den Plansatz für Vorrangebiete für Windenergie und die zeichnerischen Darstellungen (WEB), die für ca. 1.300 Windräder bis zu jeweils 250 m Höhe ausgelegt seien, ersatzlos zu streichen.

Gleichzeitig haben ihre Sprecher Matthias Reißner und Frank Dubberke, die das Schreiben an den Regionalrat unterzeichnet haben, angekündigt, ab sofort mit Flyern eine eigene Informationskampagne in den von der Windenergie-Planung betroffenen Orten zu starten. „Viele Betroffene wissen noch gar nicht, was auf sie zukommen wird, wenn der Regionalplan in der vorliegenden Entwurfsfassung beschlossen würde. Wir gehen deshalb davon aus, dass zahlreiche Menschen aus der Region sich unseren Einwendungen anschließen und Postkarten, Briefe, Faxe oder E-Mails nach Arnsberg schicken werden, um ihren persönlichen Protest gegen den rücksichtslosen und völlig übergriffigen Plan auszudrücken“, erläutert Frank Dubberke (Kirchhundem).

Einwendungen k nnten trotz coronabedingter Beschränkungen der politischen Betätigung nur noch bis zum 30.Juni erhoben werden. Denn der Vorsitzende des Regionalrats Droege habe auf die Forderung der BIs vom 31.03.2021, die Frist auszusetzen oder angemessen zu verlängern, bisher nicht reagiert. Die Bezirksregierung Arnsberg habe nicht einmal den Eingang des Schreibens bestätigt. Von einem respektvollen Umgang der Arnsberger Behörde mit der Öffentlichkeit könne man also nicht sprechen.

In den Flyern der BIs wird die rechtliche Bedeutung der Vorranggebiete so erklärt: „Sollte der Entwurf so in Kraft treten, könnten die Kommunen gegen Windräder in den dargestellten WEB nicht mehr gegensteuern. Auch dann nicht, wenn sie diese Bereiche in ihren Flächennutzungsplänen von Windrädern freihalten und als ‚Windkraft-Tabuzone‘ ausweisen würden. Sie wären sogar dazu verpflichtet, die WEB in ihren eigenen Plänen zu übernehmen. Hinzu kommt noch, dass außerhalb der WEB trotzdem überall im Außenbereich weitere neue Windräder oder sogar Windparks errichtet werden können.“ Jede lokale Bürgerinitiative zeigt in den Flyern für ihren Bereich auf, wo und wie viele Windräder jeweils geplant sind.

Ihre gemeinsame schriftliche Einwendung mit der Forderung, ganz auf die Ausweisung von Vorranggebieten im Regionalplan zu verzichten, begründen die Bürgerinitiativen in sachlich gehaltenem Stil damit, dass der Regionalrat schon keinen gesetzlichen Planungsauftrag habe, die Teilregion mit bis zu 1.300 Riesenwindrädern zu überziehen. Es fehle ein auf die drei Kreise bezogener Fachbeitrag „Windkraft“ mit aktuellen Bedarfszahlen. Die Planung sei auch mit bindenden Vorgaben im neuen Landesentwicklungsplan nicht zu vereinbaren. Wald dürfe danach für die Windenergie nur verplant werden, wenn der konkrete Bedarf an Flächen nicht anderweitig befriedigt werden kann. Ein konkreter Bedarf für die drei Kreise sei nirgends ermittelt worden. Da es sich im Regionalplan auch nicht um eine Konzentrationsplanung für die Windkraft handele, könne und müsse der Regionalrat sich planerisch bei der Ausweisung von entsprechenden Vorranggebieten zurückhalten. Die Zuweisung von Waldflächen für Windräder, um der Windkraft „substanziell“ Raum zu verschaffen, bleibe in der Teilregion daher allein den Kommunen überlassen, sofern diese beabsichtigen, die Windkraft im Flächennutzungsplan zu steuern, das heißt, in konfliktarmen Bereichen zu konzentrieren und außerhalb dieser Bereiche auszuschließen.

Es sei, angesichts einer fehlenden Bedarfsprognose, ein schwerwiegender Abw gungsmangel, dass der Regionalrat den vermeintlichen Bedarf an Flächen für die Windenergie stets über alle anderen beeinträchtigten Belange (Artenschutz, Wald, Landschaftsschutz, touristische Hotspots) gestellt hat. So habe der Verwaltungsgerichtshof für Baden- Württemberg erst im Jahr 2020 in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Vorranggebiete für Windkraft wegen der einseitigen Überbewertung eines angeblichen Flächenbedarfs für die Windkraft im Regionalplan keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien.

Es komme hinzu, dass sich die Vorgaben zur weiteren Förderung des Tourismus im Entwurf des Regionalplans und die Festlegungen zu den Vorranggebieten für die Windenergie eklatant widersprächen. Das gelte auch für den Gewässerschutz, weil in den sensiblen Bereichen zum Schutz des Grundwassers und der Gewässer im Regionalplan-Entwurf trotzdem Windr der zulässig sein sollen, obwohl der Bau und Betrieb von Windrädern schon aufgrund der großflächigen Bodenversiegelung mit dem Gewässerschutz nicht vereinbar seien. Schließlich sei der Umweltbericht zum Regionalplan in erheblicher Weise unvollständig, weil er keinerlei Angaben zu den Auswirkungen von Windparks auf das Klima und den Boden enthalte. Es sei aber schon länger bekannt, dass die Luftverwirbelungen von Großwindanlagen zu messbaren Temperaturerh hungen führe, die das Wetter beeinflussen und zusätzlich die Austrocknung von Böden bewirken könnten. Was das für den in der Teilregion bereits gestressten Wald, in dem die meisten WEB liegen würden, bedeuten könne, sei schlicht unerwähnt geblieben.

Auch schweige der Umweltbericht dazu, dass die Auswirkungen des Infraschalls von Großwindanlagen an Land auf die menschliche Gesundheit bisher nicht erforscht sei. In vielen Ländern müsse deshalb bis zur Vorlage von Forschungsergebnissen ein Vorsorgeabstand von 2.000 m zur Wohnbebauung eingehalten werden. Der Entwurf des Regionalplans unterschreite diesen Vorsorgeabstand um 1.000 m. Das damit verbundene gesundheitliche Risiko für die Menschen, die in einem Abstand von 1.000 m bis 2.000 m zu den WEB wohnen, sei vom Regionalrat überhaupt nicht thematisiert worden.

Schließlich soll der bereits bestehende normative Landschaftsschutz im Bereich der WEB vollständig – das heißt, nicht nur zugunsten der Windkraft, sondern auch zugunsten aller anderen verbotenen Nutzungen – liquidiert werden. Was diese geplante „Aufhebung“ des Gebietsschutzes auf tausenden von Hektar in der Teilregion für Mensch und Natur bedeutet, sei an keiner Stelle des mehrere tausend Seiten umfassenden Umweltberichts dargestellt und bewertet worden.

Das Fazit der Einwendungen fasst BI-Sprecher Matthias Reißner aus Drolshagen so zusammen: „Die Absicht der Macher des Regionalplan-Entwurfs, gegen den Willen der Menschen aus der Region eine Windindustrie-Landschaft zu machen, ist nach unserer Analyse klar rechtswidrig! Sollte der Regionalrat an dem seinem Entwurf festhalten, würden wir gegen den Regionalplan klagen.“

Bei den örtlichen Bürgerinitiativen, die sich gegen den Regionalplan-Entwurf verbündet haben, handelt es sich um Windkraftgegner aus Olpe, Drolshagen, Wenden, Attendorn, Repetal, Frettertal, Heinsberg, Brachthausen, Albaum, Wirme, Oedingen, Cobbenrode, Milchenbach, Werntrop, Oberveischede und aus dem benachbarten Wildenburger Land.