Monument und Wahrzeichen
Würde man nach der Itterbrücke in Willingen fragen, gäbe es da sicherlich viele fragende Gesichter. Fragt man hingegen nach dem Willinger Viadukt, so wissen nicht nur die Upländer, was gemeint ist, sondern auch die Einwohner der Nachbargemeinden und ebenso fast alle Besucher der weithin bekannten Ski- und Wandermetropole.
Imposant und beeindruckend – mit einer Höhe von 31 und einer Länge von 294 Metern – überspannt das elfbogige Brückenbauwerk das Tal am südöstlichen Ortseingang, den Diemelzufluss Itter sowie die Bundesstraße 251. In vier Jahren Bauzeit (1914 bis 1917) von der Königlich Preußischen Staatseisenbahn durch die Eisenbahndirektion Cassel errichtet, ist der Viadukt seit dem 2. April 1917 auf der Bahnstrecke Wabern–Brilon-Wald für den Transport von Personen und Gütern in Betrieb und wird bis in die jetzige Zeit für den Eisenbahnverkehr der heutigen Uplandbahn genutzt.
Ingenieurskunst und Handwerkerkönnen
Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Ingenieurkunst und welchem Handwerkerkönnen dieses beeindruckende Bauwerk vor mehr als einhundert Jahren errichtet worden ist. Aus einer Kombination von Naturstein und Schüttbeton sind die zehn Brückenpfeiler und zwei Widerlager entstanden, die mit ihren elf Rundbögen die einspurige Eisenbahntrasse tragen.
Ein wertvoller Fund
Eine originale Bauzeichnung mit Stempeln und Unterschriften ist heute noch im Hotel Waldecker Hof zu finden; jetzt in der vierten Generation im Besitz von Hotelchef Dirk Werner. Entdeckt wurde sie eher durch Zufall, bei Umbauarbeiten im Keller des Hotels. In einer großen Papphülse befanden sich der Bauplan sowie Plakate zur Anwerbung zum Militärdienst. Ein für die Willinger Stadtgeschichte einzigartiger Schatz.
Die Itterbachtalbrücke
“Was bei dem originalen Bauplan ins Auge fällt, ist die offizielle Bezeichnung, die über den Planungsunterlagen zu lesen ist. Darauf ist der Willinger Viadukt, der ja offiziell als Itterbrücke geführt wird, bei der Planung und dem Bau als ‚Itterbachtalbrücke’ ausgewiesen. „Ich habe das an die offiziellen Stellen weitergegeben“, erklärt Dirk Werner schmunzelnd: „Aber der Name ist nicht geändert worden. Sollte Willingen mal ein Heimatmuseum bekommen, wird dieser Plan dort seinen Platz finden.“
Aufwendige Sanierung Auch der Zugverkehr rund um Willingen wurde während des Zweiten Weltkrieges wiederholt das Ziel feindlicher Fliegerangriffe. Der Viadukt hat diese überwiegend unbeschadet überstanden; die Talbrücke blieb auch in den Nachkriegsjahren ein vielbefahrener und wichtiger Streckenabschnitt. Doch der Zahn der Zeit nagte an dem Brückenbauwerk, die äußere Hülle aus Kalkstein begann bröckelig zu werden. Die Gefahr, dass durch herabstürzende Brocken jemand verletzt werden könnte, wurde zu groß. Es musste reagiert werden. Der Bahnverkehr der Uplandbahn musste von 1999 bis 2003 vorübergehend eingestellt werden. Umfassende Sanierungsarbeiten mit Kosten von neun Millionen Euro waren notwendig. Eine neue Außenhülle aus Spritzbeton gewährleistet jetzt die Sicherheit. Der ungewohnte Anblick der nicht mehr steinernen Brücke, war nicht unumstritten. Um zu zeigen, wie das Bauwerk im Original einmal ausgesehen hat, gibt es Sichtfenster in der Betonhülle. Nach den Betonarbeiten wurden auch Schienen ausgetauscht.
Ein wichtiges Bauwerk
2004 nahm die Uplandbahn ihren Betrieb wieder auf. 2017, zur Feier des 100. Geburtstag, wurde eine auf 1000 Stück limitierte Sonderbriefmarke „100 Jahre Eisenbahnviadukt“ herausgegeben, die die Bedeutung des Viaduktes, besonders für die Willinger, widerspiegelt. Optisch, geschichtlich und touristisch ragt dieser Monumentalbau hervor und hat auch im Rahmen des Hessischen Denkmalschutzgesetzes seinen Platz in der Liste der Kulturdenkmäler erhalten.