Der Traum vom Schreiben

Marcella Schwark aus Finnentrop-Heggen verfasste schon als 7-Jährige gern Geschichten. Wie sie es schaffte, als Ella Marcs ihr eigenes Buch zu schreiben und über 25.000 Mal zu verkaufen.

„Kira, ich bin wirklich froh, dass wir endlich Zeit gefunden haben, uns ausgiebig kennenzulernen.“ Ella Marcs öffnet eine Flasche Rotwein und gießt schwungvoll den dunkelroten Rebensaft in das große, runde Burgunderglas. Es ist schon ein Grund zu feiern, die Hauptfigur seines ersten Romanes näher kennenzulernen. „Für mich bitte Rosé“, erwidert Kira Spatz schnell. „So wahnsinnig viel Zeit habe ich leider nicht. Es gib noch hundert Dinge für mich zu tun. Du weißt ja, ich kann einfach nicht Nein sagen.“  Ella lächelt. Und ob sie das weiß.

Kira Spatz ist die Hauptfigur von Ella Marcs erstem veröffentlichten Roman „Lieber den Spatz in der Hand als gar keinen Vogel“. Doch bis Kira den Weg von Ellas Fantasie auf die Buchseiten geschafft hat, hat es einige Jahre gedauert.

„Ich habe schon als 7-Jährige gern geschrieben.“

Geboren wurde Ella Marcs im Jahre 1972 als Marcella Bruse in Attendorn. Schon als Grundschulkind schrieb sie gern und erinnert sich natürlich an ihre erste Geschichte: „Ich war etwa sieben Jahre alt, als ich einen Comic über einen Marienkäfer geschrieben habe. Meine Freundin malte die Bilder dazu und gemeinsam klebten wir alles zusammen. Ich sehe noch den Kleister an unseren Händen. Schon zu der Zeit liebte ich das Schreiben. Eigentlich habe ich, seit ich denken kann, Geschichten geschrieben. Aber das Basteln habe ich dann aufgegeben.“ Ellas braune Augen strahlen. Ihr sympathisches Lachen erfüllt den Raum. Nicht nur ihr Roman zeugt von ansteckendem Humor.

So ist es wenig verwunderlich, dass sie als frisch gebackene Abiturientin zunächst eine Ausbildung in einer Werbeagentur absolviert und nach ihrem BWL-Studium in Trier eine Karriere in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit anstrebt. „Das Texten und Schreiben hat mich tatsächlich auch beruflich immer begleitet, natürlich nicht in Romanform“, erinnert sich die nun 49-Jährige an ihre Marketingvergangenheit. „In den 90er Jahren habe ich für Bitburger die Pressearbeit erledigt und durfte dabei sogar Michael Schumacher und Günter Netzer kennenlernen. Das war eine spannende Zeit, in der ich auch lernte, beim Schreiben kritikfähig zu sein. Nicht selten musste ich meine Pressemitteilungen mehrmals überarbeiten.“

Von der „Romanschmiede“ zur Literaturagentur von Lianne Kolf

Der Liebe wegen verlässt sie wenige Jahre später Rheinland-Pfalz und kehrt zurück in die Sauerländer Heimat. Sie heiratet ihren Mann Andreas Schwark und arbeitet in seiner Firma. 2003 wird sie zum ersten Mal Mutter. „Ich nutzte die Zeit während der Elternzeit, um meine schriftstellerischen Fähigkeiten weiter auszubauen und besuchte die Romanschmiede von Lea Korte. Sie hat mir geholfen, mein Buch voranzubringen, den Plot – also die Geschichte – zu verbessern und die Figuren zu gestalten. In ihren Kursen haben wir Schreibenden die Möglichkeit, uns auszutauschen und uns gegenseitig zu unterstützen. Das ist sehr schön und hilfreich, da das Schreiben an sich ja eine sehr einsame Geschichte ist. Hier lernte ich auch, dass man als Autorin wirklich jeden Tag schreiben muss und Durchhaltevermögen braucht. Das Schreiben ist ein Handwerk, das gelernt werden muss“, erzählt Ella Marcs, die eigentlich Marcella Schwark heißt. Ihre Entscheidung zu einem Alter Ego begründet sie folgendermaßen: „Ich wollte einfach mein „Autoren-Ich“ von meinem privaten Leben trennen und wählte deshalb ein Pseudonym. Ella Marcs ist ein Anagramm, also eine Umstellung der Buchstaben meines Vornamens.“

Den entscheidenden Schwung zur Fertigstellung ihres ersten Romans gaben Ella die Schreibwochen in Spanien. Ella schwärmt: „Lea Korte lädt ausgewählte Autorinnen und Autoren regelmäßig in ihr Haus am Meer nach Spanien ein. Tagsüber schreiben wir. Abends tauschen wir uns aus und sprechen über unsere Geschichten. Das hilft sehr bei der Ausgestaltung des eigenen Romans.“

Schließlich wird die renommierte Literaturagentin Lianne Kolf auf Ella aufmerksam. Sie entdeckte unter anderem Patrick Süskind, den Autor des Weltbestsellers „Das Parfüm“, und vertritt das Schriftstellerehepaar Iny Lorentz, die nicht nur mit ihrem Buch „Die Wanderhure“ berühmt wurden. Wenn sich jemand mit guter Literatur auskennt, dann Lianne Kolf. Sie nimmt Ella in ihre Agentur auf, bietet ihren mittlerweile fertigen Roman „Lieber den Spatz in der Hand als gar keinen Vogel“ verschiedensten Verlagen an. Leider erfolglos. Der Grund? „Die Liebesgeschichte ist ja gut, aber im Sauerland? Nein, danke! Sie haben meine Geschichte wirklich wegen des Sauerländer Handlungsorts abgelehnt“, wundert sich die Heggenerin noch heute.

Die Autorin erklärt der WOLL-Redakteurin Silke Meier wie sie ihre Romane plant.


Lebensechte Figuren mit einer großen Portion Humor

„Doch so schnell gebe ich nicht auf. Ich habe dann halt alles selbst gemacht. Das Marketing, Druckereien ausgewählt, das Layout gestalten lassen, Amazon mit ins Boot geholt. Ein Buch auf den Markt zu bringen, ist wirklich wahnsinnig viel Arbeit. Zuhause stapelten sich die Buchkartons. Silvester haben wir sogar die Kisten als Stehtische benutzt.“ Doch diese Plackerei hat sich gelohnt. Mittlerweile hat Ella über 25.000 Exemplare, sei es digital oder in Buchform, verkauft. Über 1.000 Leserrezensionen finden sich auf Amazon. Diese Leserinnen und Leser loben die Autorin, dass sie „die Protagonisten so lebensecht darstellt, mit einer großen Portion Witz, Charme und Humor, bei denen man als Leser häufig lachen muss, aber auch ins Grübeln kommt.“

„Und genau das ist es, was ich möchte. Ich möchte die Menschen berühren und unterhalten. Dabei darf der Anspruch allerdings nicht zu kurz kommen. Das Schreiben bedeutet mir einfach alles. Mein großer Traum ist es, irgendwann vom Schreiben leben zu können“, schwärmt Ella von ihrem Ziel.

Und dafür setzt sie sich jeden Tag, entweder frühmorgens oder abends, an den Computer im Wohnzimmer und lässt die Finger über die Tastatur fliegen: „Im Moment arbeite ich am Nachfolgeroman meines ersten Buches. Dort geht es um Sabin, Kiras Freundin, um ihre Natürlichkeit. Um eine starke Frau. Der Titel lautet „Lieber den Frosch geküsst als gar keinen Prinzen“. Parallel schreibe ich an einem Jugendabenteuer und gemeinsam mit weiteren Autoren an einem Thriller, der in der Jetztzeit spielt und bei dem es um eine Droge aus dem Zweiten Weltkrieg geht. Ich schreibe vier bis fünf Stunden pro Tag und es wird absolut nicht langweilig.“

Zurzeit wird ihr aktueller Roman zu einem Hörbuch vertont. Ein Drehbuch für dessen Verfilmung ist auch schon angedacht.

Auf einen Wein mit der Hauptfigur

Doch wie wird aus einer Idee ein ganzes Buch? „Zuallererst treffe ich mich in Gedanken mit meiner Hauptfigur zum Interview und lerne sie richtig kennen. Ihre Charakterzüge, ihre Art zu denken, ihre Gefühle. Manchmal ist es erschreckend, wie gut ich meine Figuren kenne“, lacht die Autorin. „Und so war es mit Kira auch. Wir haben uns bei einem Gläschen Wein getroffen und erzählt. Und dann nahm die Geschichte ihren Lauf: Kira fand gemeinsam mit den anderen Romanfiguren den Weg auf die Buchseiten und in die Herzen der überwiegend weiblichen Leser.“

Mittlerweile bin ich neugierig geworden und möchte Kira, die einfach nicht Nein sagen kann und immer einen vollen Terminkalender hat, näher kennenlernen. Ich schenke mir ein Gläschen Wein ein, setze mich ich meinen Gartenstuhl, schlage das farbenfrohe Cover um und fange an zu lesen. Was Kira mir erzählen wird? Was wird sie wohl erleben?

Kapitel 1

Eigentlich wäre es cool, wenn ich durch den Erdkern fallen und auf der anderen Seite der Welt wieder hausauskommen könnte….