Früher Folterstätte, heute Mahnmal gegen Diskriminierung
Rüthen galt im 17. Jahrhundert – zumindest in der näheren Umgebung – als Hochburg der Hexenverfolgung und Inquisition. An der Stadtmauer befindet sich der letzte einzig erhaltene mittelalterliche Turm der Stadtbefestigung. Das halbrunde Gebäude bekam im Volksmund die Bezeichnung „Hexenturm“. Der „Hexenturm“ diente nicht speziell „während der Inquisition“, der Phase der Hexenprozesse“, sondern in der Frühen Neuzeit als Kerker und Folterkammer.
Im Sauerland selbst wurden in jener Zeit rund 600 Menschen als Hexen verurteilt, die Hälfte davon waren Männer. In Rüthen selbst wurden 102 Menschen der Hexerei bezichtigt, verurteilt und auf brutale Weise verhört und Todesurteile gesprochen. Nur zwei Personen überlebten diese Verhöre.
Hexerei, Hexen …
Bei dem Begriff Hexe stellen wir uns sofort eine alte, gebrechliche Frau mit Buckel, roten Haaren, schwarzer Warze auf der Nase und einer auf der Schulter sitzenden Katze vor. Grimms und Bechsteins Märchen tragen wohl ihren Hauptteil dazu bei.
Anders mit Mittelalter. Die meisten „Hexen“, die auf dem Scheiterhaufen landeten, waren Frauen, die einfach etwas besser konnten als andere. Da reichte es manchmal schon aus, dass sie die Butterherstellung besser beherrschten Der Neid eines Zeitgenossen ließ sie dann gleich zu „Butterhexen“ werden.
Oft waren es auch alleinlebende Frauen, die ein hohes Wissen über Pflanzen, Kräuter und deren Wirkung besaßen. Sie verstanden sich auch mancherlei Heilkünste. Die Dorfbewohner eilten zu ihnen, um sich Rat oder ihre Hilfe bei Niederkünften einzuholen. Medicus und Pfarrer sahen das natürlich nicht gern und so fanden die Besuche oft im Geheimen statt. Auch wenn das nicht jeder zugab, so hatten diese Frauen doch ein hohes Ansehen …
So lange alles gut ging. Ging aber irgendetwas schief – sei es, dass das Heilkraut nicht anschlug, eine Missernte erfolgte, eine Totgeburt oder eine Seuche auftrat – fiel der Verdacht sofort auf eine heilkundige Frau: Sie hätte das Unglück sehen und verhindern müssen. Schnell wechselte es vom hohen Ansichten zum schlecht Ruf. Man verleumdete sie, bezichtigte sie der Hexerei aufgehetzt. Viele unschuldige Frauen wurden besonders zur Zeit der Inquisition gefoltert und zum Scheiterhaufen verurteilt. Mehrheitlich richtete sich die Hexenverfolgung gegen Frauen, doch auch Männer wurden der Zauberei und Hexerei bezichtigt.
Zeugen der Folter
Betritt man das mittelalterliche Gebäude befinden sich kleine Schießscharten und damalige üblichen Verhörinstrumente an den Wänden, zum Beispiel Foltergeräte, wie eine Daumenschraube, eine eiserne Folterzange und ein Richtschwert. Beleuchtete Informationstafeln zur geschichtlichen Hexenverfolgung sind im Boden eingelassen. Ins Obergeschoß gelangt man über eine schmale Holztreppe, dort hängen an den Wänden eine alte Rute und eine Halsfessel. Weiterhin befindet sich hier ein sogenannter „Aufzug“ – eine Schlinge, die an einem schweren Stein befestigt ist. Und ein hölzerner Folterstuhl.
Hexen in heutiger Zeit
Trotz allem, was man diesen Menschen im Mittelalter angetan hat, kam Mitte des 19. Jahrhundert der Neopaganismus, das Neuheidentum, auf. In den USA z. B. ist der Wicca-Kult als Religion anerkannt. Weltweit gibt es wohl mehr als 800.000 Menschen, die in kleineren, meist unabhängigen Hexenzirkeln, sogenannten Coven, zusammenkommen.
Diese Frauen (und auch Männer) bezeichnen sich stolz und selbstbewusst als Hexe(r). Sie nutzen – wie schon ihre Vorgänger in alter Zeit- die Naturkräfte der Mondphasen, Edelsteine, Kräuter etc. Ihre drei wichtigsten Hexenregeln lauten: „Tu was du willst, und schade niemanden“, „Alles was du aussendest, kehrt dreifach zu dir zurück“ und „Jeder Zauber hat eine Wirkung“.
Rüthens Bewusstsein
Mit einer Bronzetafel am zweigeschossigen Hexenturm erinnert Rüthen an diese Zeit: „Wir können nicht rückgängig machen, was geschehen ist, doch wir wollen die Opfer nicht schuldig im Gedächtnis behalten“. Damit setzt sich die Stadt ganz klar gegen „menschenverachtende Vorteile, soziale Ausgrenzungen und inhumane Diskriminierungen in Gegenwart und Zukunft“ ein. Ein vorbildlicher Umgang mit der Vergangenheit, woll