„Der Julius Ursell Weg“

Themenweg durch das jüdische Attendorn einzigartig im Sauerland:

In Zusammenarbeit mit der Initiative „Jüdisch in Attendorn“ eröffnete die SGV-Abteilung Attendorn 2018 den Julius Ursell Wanderweg. Der Attendorner Jude Julius Ursell war bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 selbst als Kassierer und Wegewart im SGV tätig. Der Wanderweg war damals der erste jüdische Themen- Wanderweg in Deutschland. Mittlerweile gibt es den Themenweg mit einer Länge von 9,7 Kilometern und anspruchsvollen 159 Höhenmetern zu erwandern. Dieser führt durch die Innenstadt an den Spuren des früheren jüdischen Lebens in Attendorn, aber auch an der SGV-Hütte, dem Biggesee und der Aussichtsplattform Biggeblick vorbei. Die kürzere Version ist 6,6 Kilometer lang mit nur 57 Höhenmetern und führt nicht zu den touristischen Highlights. Dieser Weg wurde im Rahmen des Projektes „Shalom Attendorn 2018“ in Erinnerung an Julius Ursell vom Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld konzipiert und von SGV Wegewart Gerhard Benninghaus ausgearbeitet.

Geschichte ist lang

Die jüdische Geschichte in Attendorn ist lang. Die Unterlagen des Stadtarchivs berichten von der ersten überlieferten Erwähnung einer Jüdin namens Catrin im Jahr 1451 und der ersten ausführlichen Geschichten über den Juden Samuel, der in 16. Jahrhundert als Geldverleiher in Attendorn tätig war. Im 19. Jahrhundert waren es vor allem die beiden jüdischen Familien Cohn, Lenneberg, Ursell, Guthmann oder Böheimer sind noch heute für ältere Attendorner ein Begriff. Der Terror der Nazis löschte das jüdische Leben auch in dieser Stadt vollständig aus. Inzwischen leben wieder einige Menschen jüdischen Glaubens in Attendorn.

Nicht vergessen

Diese besonderen Themenwanderwege sind ein Grund dafür, dass die jüdischen Familien von damals nicht vergessen werden. Der Wanderweg startet auf den alten jüdischen Friedhof an der Straße „Am Himmelsberg“ am Rande der Attendorner Innenstadt. Angelegt wurde dieser Friedhof um 1830 und erweitert im Jahr 1864. 33 Grabstätten befinden sich auf dem Friedhof und die letzte Beerdigung fand 1942 statt.

Der Weg führt entlang des Kaufhauses Böheimer, wo 1923 der jüdische Kaufmann Ari Böheimer im Alter von 66 Jahren verstarb. Kurz nach seinem Tod übernahm der Attendorner Artur Voß das Kaufhaus Böheimer.

Während der Öffnungszeiten kann man im Foyer des Rathauses der Stadt Attendorn die Dokumentation zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt anschauen. Auf verschiedenen Wänden des Foyers sind Thementafeln angebracht, die sich neben den Opfern der beiden Weltkriege auch mit der Verfolgung der Juden in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befassen.

Die Wanderung führt auch am früheren Wohnhaus von Emil und Betty Stern entlang. Die beiden waren die letzten verblieben Juden in Attendorn. In Siegen geboren, waren sie die Geschwister von Hermann Stern, dem Inhaber des Kaufhauses Lenneberg. Dort waren Emil und Betty Stern angestellt. Zunächst lebten sie im eigenen Haus am Hindenburgwall, heute Südwall. Sie mussten nach der Reichspogromnacht ihr eigenes Haus veräußern und bis zu ihrem Freitod 1942 zur Miete im alten Böheimerschen Haus wohnen. Diese Informationen über das frühere jüdische Leben in Attendorn bekommen Besucher des Wanderpfads an 14 Stationen über Hinweisschilder mit QR-Codes geliefert.

Viele Informationen gibt es auch über den Namensgeber von diesen Themenweg, über Julius Ursell. Bis zum Jahr 1938 war die Firma A. A. Ursell ein wichtiger Arbeitgeber für die Attendorner Bevölkerung. Die Anfänge einer der damals größten Firmen in Attendorn gehen auf Aaron Abraham Ursell, den Begründer des Familienbetriebs Ursell, zurück. Er gründete außerhalb von Attendorn am Ollerschott mit sieben Arbeitern in einer alten Baracke eine kleine Fabrik, die sich mit der Produktion von Weißblech- und Zinkwaren befasste. 1921 waren bei der Firma A. A. Ursell 35 Angestellte und etwa 177 Arbeiter beschäftigt. Damit war die Firma der zweitgrößte Arbeitgeber im Stadtgebiet. Julius Ursell musste vor dem Erreichen eines medizinischen Grades das Studium in Freiburg abbrechen, um in die Firma A. A. Ursell einzutreten. Bis zum Tode seines Bruders Albert war er verantwortlich für die technischen Belange und anschließend auch für die finanziellen und personellen Aufgaben in der Firma. Julius Ursell starb 1936 in Brüssel. Die Urne dieses „Attendorner durch und durch“ wurde später auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn beigesetzt.

Mehr Informationen finden Sie im Buch „Jüdisch in Attendorn“ von Hartmut Hosenfeld und auf der Internetseite von Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld: www.juedisch-in-attendorn.org