Der jüdische Friedhof in Langenei

Im vorwiegend katholisch geprägten Landschaftsbild des Sauerlandes sind Friedhöfe andersgläubiger Gemeinden eher ungewöhnliche Orte. Und tatsächlich ist der jüdische Friedhof in Lennestadt-Langenei auch nicht ganz einfach zu finden: Es ist ein unscheinbares Gelände zwischen dem katholischen Friedhof und dem angrenzenden Wohngebiet.

Der jüdische Friedhof ist heute denkmalgeschützt und befindet sich teilweise im Besitz der Stadt Lennestadt sowie auf dem privaten Grundstück der Familie Kirchhoff. Auf dem eigentlichen Friedhof sind nur noch zwölf gleichförmig gestaltete, grasbewachsene Grabstellen sowie eine Gedenktafel zu sehen, auf dem Privatgelände befindet sich ein ebenfalls grasbewachsenes Doppelgrab mit einem Grabstein für die Eheleute Rika und Abraham Winter, die hier als Letzte 1930 bzw. 1933 beigesetzt wurden.

Unklar ist, wann der Friedhof mit den einzelnen Grabstellen angelegt und wer dort begraben worden ist, da keine Grabsteine mit Inschriften existieren. Bekannt ist lediglich, dass auf diesem Teil des Friedhofs die letzte Beisetzung 1922 stattfand.


Belegt ist auch, dass der Jude Aron Neuhaus mit dem Grafen von Fürstenberg Herdringen 1928 einen Pachtvertrag über das Grundstück für zwanzig Jahre abgeschlossen hatte. 1944 wurde gegen den Willen der Gemeinde in Langenei ein Behelfsheim auf dem oberen Teil des Grundstücks errichtet. Der Grabstein der Eheleute Winter wurde dabei zweckentfremdet und als Treppenstufe benutzt. Auf Drängen von Pfarrer Bremerich schaltete sich schließlich Gemeindebürgermeister Patt ein und veranlasste, dass das Behelfsheim im April 1945 innerhalb von 48 Stunden wieder abgerissen werden musste. Der Grabstein der Eheleute Winter wurde später erneuert.Die Familien Winter und Neuhaus waren die einzigen jüdischen Familien, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Langenei lebten. Beide Familien zogen in den 1920er Jahren nach Altenhundem, wo sie jeweils eine Metzgerei betrieben, bis die Eheleute Neuhaus und weitere Familienangehörige beider Familien unter der Nazi-Herrschaft deportiert und ermordet wurden. Einige ihrer Kinder konnten nach Südamerika bzw. in die USA auswandern.In den 1960er Jahren hat Herr Kirchhoff Senior das Grundstück vom Grafen von Fürstenberg erworben und sich damit verpflichtet, alle Grabstellen zu pflegen. Die Pflege der Gräber ist mittlerweile vom Großvater über den Vater auf die Söhne übergegangen und die Stadt Lennestadt überzeugt sich regelmäßig vom guten Zustand der Gräber. Monatliche Kontrollfahrten der Polizei machen auf traurige Weise deutlich, dass Orte jüdischen Glaubens auch heute noch geschützt werden müssen. Vielleicht ist die Sorge um Vandalismus auch der Grund dafür, dass es kein Schild gibt, das auf den jüdischen Friedhof hinweist.

Fünfzig Jahre nach ihrer Flucht reiste die jüngste Tochter der Eheleute Winter, Hedwig, von Argentinien ins Sauerland und besuchte den jüdischen Friedhof und die Grabstätte ihrer Eltern. Ein Jahr später kam auch ihre Schwester Frieda aus Argentinien nach Lennestadt und feierte dort ihren 80. Geburtstag.2008 wurden vor den einstigen Wohnhäusern der Familien Winter und Neuhaus in der Hundemstraße in Altenhundem sogenannte Stolpersteine angelegt, die an die ehemaligen jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen erinnern.


Heute gibt es keine jüdische Gemeinde mehr im Kreis Olpe, aber an einigen Orten zeugen ehemalige jüdische Friedhöfe wie in Langenei von einstigem jüdischen Leben im Südsauerland: so in Neuenkleusheim, Rhode, Attendorn und Lenhausen. Gerade heute ist es wichtig, solche Gedenkstätten zu erhalten und die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.