DER HERBST IST DA …

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Die Kolumne von CILLY ALPERSCHEID

Cilly AlperscheidQuelle: Cilly Alperscheid
Cilly Alperscheid

Hömma, vielleicht ist das ja auch ein Grund für die Erderwärmung, woll. Guck, es gibt ja nun mal immer mehr Menschen auf der Welt, also auch immer mehr Frauen. So, und wenn getz immer mehr Frauen, die auch immer älter werden, gleichzeitig ‘ne Hitzewelle kriegen, dann kann es ja auch sein, dass sich dadurch die Atmosphäre aufheizt, oder nicht? Ich weiß es nicht, wonnich.

Aber ich wollte auch eigentlich auf was anderes hinaus, nämlich auf de Jahreszeiten, woll. Die werden ja auch gerne mal auf den Menschen übertragen. Und dabei vor allem der Herbst. Der Trubel des Lebens ist vorbei, die Geschäftigkeit des Sommers weicht der Vorbereitung auf den Winter und so, wie das Laub fällt, fallen beim Menschen de Haare und de Zähne.

Das hat man natürlich nicht so gerne, wonnich, und deshalb wird auch lieber vom ‚goldenen Herbst‘ gesprochen, oder wie de Ernst Neger aus Mainz immer gesungen hat: „Im Herbst blüh’n erst die Rosen, im Herbst reift erst der Wein, drum kann man auch mit 50 noch jung und glücklich sein.“ Und ich weiß noch, wenn unser Tante Klärchen sagte: „Cilly“, sagte se immer, „auch der Herbst hat noch schöne Tage.“ Dann machte se sich chic und ging zum Altennachmittag von der Caritas. Da aß se sich en echtes Stücksken Kuchen und trank sich en Körnchen und kam mit rosigen Backen und zufrieden nach Hause.

Aber so, wie die Jahreszeiten in der Natur immer mehr verschwinden, passiert das auch bei uns Menschen. Unser Beatrix geht ja auch getz auf de 50, woll, aber es meinte: „Mutti, ich hab‘ da keine Probleme, denn 50 ist das neue 30.“ Man muss heutzutage eben immer jung bleiben. Statt Herbst gibt’s den endlosen Sommer. Nix mehr Kaffeetrinken im Pfarrheim. Auch mit 75 noch ab an en Ballermann. En bisschen so, wie die Grille in der Geschichte, die en ganzen Sommer lang fidelt – nur Trallafitti und bloß nicht dran denken, dass irgendwann der Winter kommt. Da laufen Mütter rum wie ihre Töchter und hungern sich schlank, damit se mit denen de Sachen tauschen können. Also ich hätte nix dagegen gehabt, wenn sich unsere Mädches an meinem Kleiderschrank bedient hätten, aber ich hätte mich doch nicht gefrackt wie die, wonnich.

Und so mancher Mann verwechselt seinen Herbst mit dem Frühling und statt es sich in seinem heimischen Bau gemütlich zu machen und sich auf en Winterschlaf zu freuen, geht er auf Balz und ersetzt die Gattin durch en jüngeres Modell. Und was ist das Ende vom Lied? Mit 60 nochmal Vater und dann mit Baseballkappe und Kind um en Balg gebunden neben seiner 30 Jahre jüngeren Frau spazieren gehen und für den Opa gehalten werden.

Da lobe ich mir doch den Herbst, aber nicht den „goldenen“, sondern den trüben Novemberherbst mit Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag. Weißte, nix mehr machen müssen und mal sagen können: „Ne, hömma, dafür bin ich zu alt, das muss ich nicht mehr mitmachen.“ Und dann legste dich gemütlich auf es Scheselong, trinkst dir en Körnchen, hast rosige Bäckchen und lässt ganz zufrieden den Herrgott einfach mal en guten Mann sein, woll.