„Der durchschnittliche Gast existiert nicht.“

Quelle: Schmallenberger Sauerland Tourismus

Das Führungsteam vom Schmallenberger Sauerland Tourismus über Bedürfniswolken und Zielgruppen

„Wir haben uns vom durchschnittlichen Gast verabschiedet: Lieschen Müller, 52 Jahre jung, fährt am liebsten Fahrrad. Das Schmallenberger Sauerland und die Ferienregion Eslohe verfügen über eine unglaubliche Vielfalt und unsere Gäste sind ebenso vielseitig.“

Das sagen Katja Lutter, Thorsten Schulte und Monika Wiese-Gerlach vom Schmallenberger Sauerland Tourismus im Gespräch mit dem WOLL Magazin. Die drei erklären, dass es heute wichtiger ist, zu schauen, welche konkreten Bedürfnisse die einzelnen Menschen haben.

Bedürfniswolken

Geschäftsführerin Katja Lutter gibt einen Einblick in die Philosophie des Schmallenberger Tourismus: „Aus unterschiedlichen Bedürfnissen und Reisemotiven der Gäste haben wir Bedürfniswolken zusammengefasst und genau überprüft, was die einzelnen Gäste sich wünschen. Eine junge Mutter mit zwei Kindern hat andere Bedürfnisse als jemand, bei dem das letzte Kind gerade ausgezogen ist und der eine neue Welt für sich entdecken will. Deshalb haben wir uns weniger auf Personen fokussiert, sondern auf deren Bedürfnisse und darauf, wie wir diese erfüllen können. Die nächste Frage ist natürlich, wie und wo können wir die Gruppen mit ähnlichen Bedürfnissen auch kommunikativ erreichen. Dieses Umdenken wollen wir jetzt in konkrete Ma.nahmen überführen. Hierbei müssen wir alle Touristiker mitnehmen, denn sie sind es, die die Urlaubswünsche schlussendlich erfüllen. Die Bedürfniswolken sind Vorschläge von uns, um zu zeigen, dass der Vielfalt im Sauerland auch eine Vielfalt von Gästen gegenübersteht, die zwar individuelle, aber oft auch ähnliche Bedürfnisse haben.“

Über die wichtigsten Gästegruppen im Schmallenberger Sauerland und in Eslohe sind sich Lutter, Schulte und Wiese-Gerlach einig. Neben den Familien sind es die typischen Kurzurlauberpaare, die mal kurz aus dem Business herauswollen, die keine Zeit für einen vierzehntägigen Urlaub haben. Dann gibt es die Senioren, die mit ihren Enkeln Urlaub machen – die würden in der Persona-Beschreibung der Touristiker aber gar nicht erst auftauchen, dabei äußern sie vielleicht ähnliche Bedürfnisse wie eine Großfamilie.

Thorsten Schulte erwähnt auch die Gruppe der Individualisten: „Der kommt drei Tage: Am ersten Tag macht er einen kurzen Spaziergang, am zweiten Tag eine Fahrradtour und am dritten Tag sitzt er im Wellnessbereich des Hotels. Das sind unserer Philosophie zufolge drei Zielgruppen. Es gibt den klassischen Gast nicht mehr. Umso bedauerlicher, wenn man sich auf eine enge Zielgruppe fokussiert. Jeder Gast hat viele Zielgruppen im Gepäck. Möchte er zur Ruhe kommen, möchte er die Natur eher auf dem Fahrrad oder lieber zu Fuß erleben?“ Katja Lutter ergänzt: „Vielleicht ist der Gast kulturell interessiert. Ihn kann eine thematische Wanderung über den WaldSkulpturenWeg genauso erfüllen wie der Besuch einer Ausstellung im Lenneatelier. Das ist einerseits ein Wanderurlaub, andererseits der kulturinteressierte Urlaub. Wenn ich nur in Zielgruppen denke, würde der Gast an irgendeiner Stelle herausfallen.“

Begegnungen und Geschichten

Diese neue Philosophie sieht man in den letzten Jahren schon in Magazinen wie „Begegnungen. Das Beste aus Schmallenberg und Eslohe“. Thorsten Schulte, der unter anderem für das Online-Marketing und Social Media zuständig ist, bringt es auf den Punkt: „Heutzutage sind nicht mehr die klassischen Prospekte gefordert, worin alles genannt wird, was schön für den Gast ist, wie Wandern, Radfahren, Golf, Tennis. Frei nach dem Motto: Alles muss einmal genannt werden. Nein, in unserer neuen Art von Magazinen zeigen wir ganz klar, was der Gast will. Er will schöne Begegnungen, will interessante Geschichten lesen. Wir haben ja vieles davon. Ich bin überzeugt, dass wir uns von anderen Regionen merklich unterscheiden, wenn wir dies alles richtig verpacken und präsentieren. Durch dieses ehrliche Marketing können wir viele Gäste erreichen.“

Gäste oder Bedürfnisgruppen zu erreichen, ist wichtig für das Team vom Schmallenberger Sauerland Tourismus, speziell in diesen Zeiten, in der die Kommunikation sich von ausschließlich Print bis in die sozialen Medien erstreckt. Monika Wiese-Gerlach ist sich sicher: „Print wird nie verschwinden, egal, ob es um Familien, junge Pärchen oder die Senioren über 80 geht. Alle haben Smartphones, wollen aber trotzdem einen Prospekt haben. Das wird nie aussterben. Der Tourismus muss aber auch über die sozialen Medien wie Facebook und Instagram präsent sein. Über YouTube lassen sich einfach tolle Urlaubseindrücke zeigen. Da muss man schnell auffindbar sein! Man darf nicht darauf warten, dass man gesucht wird, sondern man muss automatisch sichtbar sein. Und man kann natürlich viel spontaner und viel aktueller sein als im Printbereich.“

Katja Lutter fällt außerdem auf, dass auch junge Mütter, die einen Familienurlaub suchen, vermehrt auf den sozialen Kanälen unterwegs sind. Daher könne man die entsprechenden Themen auch dort spielen. „Während sich die Menschen in der Lebensmitte mittlerweile stärker Facebook zuwenden – ich sage mal ab 40 aufwärts – kann man dort andere Themen veröffentlichen, statt einem starren Raster zu folgen“, betont die Geschäftsführerin. Personell seien sie mit Thorsten Schulte gut aufgestellt, der dies alles schon lange mache. „Zusätzlich gibt es einen weiteren Mitarbeiter, der ein nebenberufliches Studium in diesem Segment absolviert. Er bringt uns die neuesten Trends mit ins Haus, sodass wir sehr flexibel reagieren können.“