Der beste Springer in der Welt

Mit Disziplin, Ehrgeiz und Begeisterung zu sportlichen Höchstleistungen

 Vor zwei Jahren berichtete das WOLL-Magazin bereits über einen Ausnahme-Sportler aus Schmallenberg. Jetzt sitzen wir wieder im Garten von Dr. Eberhard Linke und die erste Frage lautet: „Wie verliefen die letzten zwei Jahre? Konnten die Erfolge nach dem Frühjahr 2020 fortgesetzt werden? Oder brachten die Corona-Einschränkungen ein ungewolltes Ende?“ Dr. Eberhard Linke (78) antwortet spontan: „Eine unvollendete Symphonie sollte es als Abschluss nicht sein!“ Und so startete der leidenschaftliche Leichtathlet und frühere Hautarzt im Sommer 2021 noch einmal bei den Deutschen Senioren-Meisterschaften in Baunatal voll durch. Im Frühjahr dieses Jahres folgte die Teilnahme an der Europameisterschaft im portugiesischen Braga sowie bei der Leichtathletik- Senioren-Weltmeisterschaft im finnischen Tampere. Und die errungenen Erfolge können sich sehen lassen. Doch dem 78-jährigen Schmallenberger geht es nicht nur um sportliche Erfolge. Die Leidenschaft für den Sport, speziell für die Leichtathletik, gehört seit der Kindheit zum Leben von Dr. Eberhard Linke.

WOLL: Wie geht es Ihnen heute und wie ist Ihre derzeitige Form?
Dr. Eberhard Linke:
Nach meiner Knie-Operation im Herbst 2019 habe ich, sobald es möglich war, mit dem Training begonnen und das habe ich bis heute fortgesetzt. Auch während der Corona-Einschränkungen, wo Training im Verein nicht möglich war, habe ich mein eigenes Programm durchgeführt. Das hat mich fit gehalten und ich fühle mich derzeit in Bestform.

WOLL: Erzählen Sie uns von Ihren aktuellen Erfolgen, insbesondere von Ihrer Doppel-Weltmeisterschaft Ende Juni. Welche konnten Sie in den letzten zwei Jahren erzielen?
Dr. Eberhard Linke:
Bei den Deutschen Senioren- Meisterschaften in Baunatal konnte ich den ersten Platz im Dreisprung erreichen. Auch im Weitsprung lief es bestens und ich war haushoher Favorit. Allerdings habe ich diesen Erfolg selbst verpatzt, indem ich die Meldekarte zu spät abgab und somit nicht mehr für den Wettkampf zugelassen wurde. Das war schade. Im vergangenen Frühjahr fanden mit der Europameisterschaft in Braga die ersten internationalen Wettkämpfe nach Corona statt. Dort siegte ich im Weitsprung in der Altersklasse M75 mit 4,50 m und im Dreisprung mit 9,62 m. Auch bei der WM in Tampere in diesem Sommer war ich in Bestform und konnte mich nach einem wirklich spannenden Wettkampf über einen Doppelsieg freuen. Im Weitsprung war der Titel trotz starken Gegenwindes schnell deutlich, beim Dreisprung befand ich mich allerdings nach dem ersten Sprung nur auf Silberkurs. Ich bin aber ein Kämpfer und wusste, ich kann noch alles rausholen. So übertraf ich beim letzten Sprung den bis dato dominierenden Finnen deutlich. Ein toller Moment. Bei der Staffel sprang ich dann noch spontan ein, das war gar nicht so geplant. Na ja, da haben wir dann auch noch Gold geholt.

WOLL: Wie oft und in welcher Form trainieren Sie?
Dr. Eberhard Linke:
Mindestens zweimal pro Woche trainiere ich bei meinem Verein, der LG Kindelsberg-Kreuztal, vor den Wettkämpfen auch dreimal. Aber auch im eigenen Garten, im Wald oder in der Umgebung halte ich mich fit. WOLL: Achillessehnen-Verletzung, Knie-OP, Corona- Einschränkungen. Was treibt Sie immer wieder an, im hohen Alter diese Weltklasse-Höchstleistungen zu erringen? Dr. Eberhard Linke: Es ist die Freude am Sport, an der Fitness, egal, wie alt man ist. Es ist aber auch der Ehrgeiz, der Anspruch an sich selbst. Nur mit großer Disziplin und Willensstärke schafft man das. Außerdem ist es wichtig, dass Familie und Freunde hinter einem stehen und einen anspornen. Meine Frau ist immer bei den Wettkämpfen dabei und opfert viel Zeit dafür. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Sie sagt über mich: „Sobald Du einen Sportplatz siehst, bist Du weg.“

Quelle: privat

WOLL: Denken Sie schon mal ans Aufhören oder in welche Richtung gehen Ihre Zukunftspläne?
Dr. Eberhard Linke:
Ans Aufhören denke ich nicht, solange ich mich noch fit genug fühle. Im September möchte ich an der Mehrkampf-Meisterschaft in Lage/Ostwestfalen teilnehmen, eine Woche später finden die Senioren-Einzelmeisterschaften in Erding bei München statt. Danach muss ich mich leider einer Knie-OP unterziehen, denn auch das andere Knie muss erneuert werden. Nach der ersten OP 2019 war ich schnell wieder fit, das wünsche ich mir auch für diese Operation. Frühestens nach drei Monaten, das heißt Anfang 2023, kann ich vermutlich mit leichtem Training beginnen. Wenn´s gut läuft, ist mein Ziel, 2024 bei der WM in Göteborg zu starten – dann wäre ich 80. Und ein zweites Ziel ist es, dabei auch die beiden Weltrekorde im Weit- und Dreisprung in dieser Altersklasse zu brechen. Der Wille jedenfalls ist da.

WOLL: Was ist das für ein Gefühl, wenn man oben auf dem Treppchen steht und die Nationalhymne ertönt?
Dr. Eberhard Linke:
Das ist einfach ein tolles Gefühl. Es ist Erleichterung, Freude, Stolz, aber auch eine gewisse Demut. In diesem Moment wird einem wieder bewusst, was man dafür getan hat. Und dass es sich gelohnt hat.

WOLL: Vielen Dank dafür, dass Sie uns einen kleinen Einblick in ihre sportliche Welt gegeben haben.

Für Dr. Eberhard Linke ist der Sport ein roter Faden im Leben. Er begann schon als Kind mit Sport. Bereits in jungen Jahren erkannte man seine Talente und bezeichnete ihn als Rohdiamant, den es zu schleifen gelte. Durch das Studium, die berufliche Laufbahn und die Familie war nie genügend Zeit, um im Profisport durchzustarten. Einen Ausgleich allerdings fand Dr. Linke beim Sport immer. „Man bekommt den Kopf frei und hat ein großes Durchhaltevermögen, auch in schwierigen Situationen.“

Quelle: WOLL Magazin

 Mit dem Schritt in den Ruhestand vor 14 Jahren konnte sich der in Lübeck geborene Ausnahmesportler wieder intensiver seiner alten Leidenschaft, der Leichtathletik, widmen. Seitdem feierte er viele nationale und internationale Erfolge. Was ihm im Senioren- Sport in seinen Altersklassen besonders gefällt, ist der Zusammenhalt untereinander. Dabei stand für den Arzt immer der Spaß an erster Stelle. Den hat er bis heute nicht verloren. Schade findet er, dass manche Sportarten heute nicht richtig gewürdigt werden. Die Sportler leisten Hervorragendes, genießen aber nur selten das Interesse der Öffentlichkeit und werden bei der Förderung und Unterstützung zudem oft vernachlässigt. „Früher hat die Leichtathletik eine viel größere Rolle gespielt, aber heute geht sie als Randsportart eher unter“, bedauert Dr. Linke. „Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Leichtathletik zum Beispiel als Basis-Training im Fußball dient.“ Er wünscht sich mehr Wertschätzung.

 Für ihn gehört der Sport zum Leben dazu. Wenn alles passt und auch sein Körper fit bleibt, macht er weiter. Und bisher konnten ihn auch Verletzungen oder ein neues Knie nicht aufhalten. Als Mediziner achtet man vielleicht noch etwas mehr auf sich. „Man muss auf seinen Körper hören“, sagt er. Und dass er kurz vor einer erneuten Knie-OP Dreifach-Weltmeister wurde, zeigt, dass man durch passendes Training, aber auch mit der nötigen Energie und Willensstärke einiges erreichen kann.