Der Bestand Schultheiß Cordes

Quelle: WOLL Magazin

Serie aus Sauerländer Archiven

Neben dem amtlichen Schriftgut der beiden Ämter Schmallenberg und Fredeburg (bis Ende 1974) und der Stadt Schmallenberg (ab 1975) beherbergt das Stadtarchiv auch eine Reihe von privaten Nachlässen und kleineren Deposita. Ein solches Depositum ist zum Beispiel der Bestand „Schultheiß Cordes, Niederhenneborn“, welcher im April 2008 dem Stadtarchiv in Schmallenberg übergeben worden war.Unter diesem unscheinbaren Namen („Schultheiß Cordes, Niederhenneborn“) versteckt sich aber im Stadtarchiv Schmallenberg einer der wohl spannendsten Bestände zur Erforschung der Übergangszeit von der hessischen zur preußischen Herrschaft, am Anfang des 19. Jahrhunderts. 1803 fiel der Schmallenberger Raum, welcher seit jeher zum kurkölnischen Herzogtum Westfalen gehörte an den Landgrafen von Hessen-Darmstadt und wurde säkularisiert, das heißt, die Bauern, welche zuvor noch zum Kloster Grafschaft gehörten, waren fortan frei. In der Folge des Wiener Kongresses wurde das Herzogtum Westfalen ab 1816 preußisch.Der für den Bestand namensgebende Johann Georg Cordes wurde um 1773 auf dem gleichnamigen Hof Cordes in Niederhenneborn geboren. In den Jahren 1810 bis 1818 war er Schultheiß für den District Dorlar.

Allzu viele Worte möchte ich auch gar nicht mehr darüber verlieren, denn es ist viel mehr der Verdienst meines Vorgängers Dr. Günter Schulte, welcher den Bestand bis zu seinem Ruhestand im Herbst 2022 zur Hälfte ausführlich verzeichnet hatte und aus dessen Vorwort zum Findbuch ich nachfolgend zitieren möchte, wenn es um die Aufgaben eines Schultheißen und der Bedeutung des Bestandes geht:„Als Schultheiß, das Amt des Schultheißen war im Jahre 1808 von den hessischen Behörden eingeführt worden, oblag ihm ein ‚weites Wirkungsfeld‘, das die Schriftstücke des Bestandes wiederspiegeln. ‚Er war kommunaler Gerichtsherr in Zivil- und Strafsachen, Aufsichtsbeamter über die allgemeine Ordnung und Sicherheit, das Feuerlöschwesen, das Gesundheits- und Wohlfahrtswesen, die Straßen und Wege, das Gewerbe, die Kirchen- und Schulangelegenheiten. Er hatte die landesherrlichen Interessen auf dem Gebiet des Militärwesens, ebenso die im Bereich des Steuer- und Finanzwesens und der Forstangelegenheiten liegenden staatlichen Belange zu vertreten.‘ (M. Schöne, Das Herzogtum Westfalen unter hessen-darmstädtischer Herrschaft 1802 – 1816, Olpe 1966, S. 47). Der Bestand lässt damit auch Rückschlüsse auf die Lebenswirklichkeit der zumeist bäuerlichen Landbevölkerung zu, die sich gerade in dieser Zeit deutlich und nachhaltig zu verändern begann. Hier sei nur auf die ‚Bauernbefreiung‘ und die damit einhergehenden Entwicklungen verwiesen.“Im Dezember 2022 konnte der Bestand abschließend verzeichnet und ein Findbuch dazu erstellt werden. Der Bestand umfasst dabei 29 Archivmappen unterschiedlichen Umfangs. Den Großteil bilden dabei Unterlagen zu Streitsachen, Rechnungen, Schuldenliste und Korrespondenzen des Schultheißen. Mit der vollständigen Erschließung des Bestandes, steht dieser nun auch für Recherchen und Nachfragen allen interessierten Archivnutzern und allen, die es noch werden wollen, offen.