Quelle: privat
Max im Glück
Es war einmal … So beginnen Märchen. Märchen, die uns zum Träumen, zum Weinen und zum Lachen bringen. Am Ende verwandelt sich die Magd in die Prinzessin, der Frosch in den Prinzen und alle sind glücklich. Das Märchen von „Max im Glück“ begann im April 2011, wenige Tage vor Ostern. Die Rede ist dabei von dem Sauerländer Max Hesse (19) aus Menden, der im April 2011 noch auf den Namen Zeyad hörte.
In einer Reportage von Beatrix Gerstberger in der Zeitschrift „BRIGITTE wir“ vom Oktober ist zu lesen: „Der
Hof, auf dem aus Zeyad aus dem Jemen Max aus dem Sauerland wurde, liegt am Rand eines kleinen Dorfes inmitten einer hügeligen Landschaft. Eine geschwungene lange Auffahrt zu einem ehemaligen großzügigen Bauernhof, liebevoll restauriertes Fachwerk, ein Teich mit Bootssteg. Im Haus stehen dicke Ledersofas vor einem mächtigen Kamin, und manchmal liegt eine Beinprothese in der Diele oder auf einem der vielen Sessel.“ Beatrix Gerstberger beschreibt in ihrer Reportage das Leben der Familie Hesse und das Märchen von Max im Glück.
Ein jahrelanger Kampf
Zeyad, ein jemenitisches Kind, kommt im Alter von sechs Jahren mit Hilfe einer Ärzteorganisation nach Deutschland, um den gebrochenen linken Unterschenkel zu retten. Nach einem halbjährlichen Krankenhausaufenthalt geht es zurück zu seinen bitterarmen Eltern und zwölf Geschwistern. Wenige Monate später wird Zeyad erneut nach Deutschland geflogen. Als der Junge aus der Klinik entlassen wird, bittet die Hilfsorganisation ein älteres Ehepaar, das Kind für fünf bis sechs Wochen bis zum Rückflug zu beherbergen. Die neue Familie weiß nicht, was auf sie zukommt. Zeyad hat sich zu einem sozial verwahrlosten Kind mit Hospitalismus-Symptomen entwickelt. Ein jahrelanger Kampf um das körperliche und seelische Wohl des Kindes entbrennt. Doch der Junge aus dem Jemen gibt nie auf. Zwischen Zeyad und Max, wie er heute heißt, liegt ein langer, spannender, schwieriger Weg für ihn selbst und seine Angehörigen.
Glücklich sein
WOLL vereinbart Mitte November ein Video-Interview mit Max, um zu erfahren, wie es dem Sauerländer Jungen mit jemenitischer Herkunft heute geht. Max sitzt an seinen Hausaufgaben. In einigen Monaten stehen für ihn die Abiturprüfungen an. Zum Beginn des Gespräches berichtet Max über seine freiwillige Tätigkeit am Wochenende in einem Altenheim. Dort besucht er Bewohnerinnen und Bewohner und unterhält sich mit ihnen, spielt mit Ihnen Brettspiele oder fährt sie im Rollstuhl ein paar Runden durch den Park. „Ich gehe besonders zu den Damen, die überhaupt keinen Besuch mehr oder nur ganz selten Besuch bekommen. Da spüre ich, wie wichtig es diesen Menschen ist, ab und zu die Geschichten aus ihrem Leben anderen zu erzählen“, sagt Max. „Am Sonntag gehe ich immer zuerst zu einer Dame, der ich in den Rollstuhl helfe und die unbedingt möchte, dass ich ihr die Füße auf die Fuß-Pedale hebe. Die anderen Pfleger machen ihr das wohl zu schnell und sind nicht vorsichtig genug.“ Damit spielt Max darauf an, dass er sein linkes Bein verloren hat und ganz gut weiß, welche Schmerzen bei einem unbedachtsamen Umgang auftreten können. Und da ist sie, die wohl entscheidende Wendung im Leben von Max. Als ihm vor zwei Jahren der behandelnde Mediziner in der Uniklinik von einem Moment auf den anderen deutlich machte, dass das linke Bein amputiert werden müsse, war seine Entscheidung gefordert. „Nach den jahrelangen Versuchen zahlreicher Ärzte, das Bein irgendwie zu retten, was für mich mit ungeheuerlichen Schmerzen und Enttäuschungen verbunden war, habe ich mich sofort entschieden: das Bein muss ab!“ Max erzählt dies emotionslos. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens!“ Das Bein ist ab, die Prothese angepasst und wenn man es nicht wüsste, merkt man dem Abiturienten nicht an, dass da jemand mit nur einem Bein unterwegs ist. Und bist Du glücklich, Max? „Ohne Wenn und Aber, ich bin rundherum glücklich“, strahlt Max, „wenn man Glück und Glücklich sein über einen längeren Zeitraum betrachtet.“ Und schmunzelnd ergänzt er: „Heute eine Fünf in Deutsch lässt sich morgen durch eine Zwei in Englisch schnell ausgleichen. Daher, ich bin wirklich sehr, sehr glücklich mit meinem Leben.“
Alte Heimat, neue Heimat
Max ist ein nachdenklicher, junger Mensch. Er hat eine Menge erlebt. Über seine alte Heimat und das karge Leben dort kann er detailgenau berichten. Er erklärt, warum und wieso das Leben im Jemen so anders ist und eine Änderung kaum zu erwarten ist. „Das ist eine andere Kultur. Das können wir hier in Deutschland nicht verstehen.“ Max ist ein junger Mann, der das Leben in seiner neuen Heimat, im Sauerland sehr schätzt und die Freiheiten und Möglichkeiten liebt. So manche Oberflächlichkeit, auch seiner Altersgenossen findet er schade. „Die ernsthaften und nachdenklichen Gespräche mit den älteren Menschen, die über ihre Erlebnisse und Erfahrungen im Krieg und nach dem Krieg berichten, geben mir, ehrlich gesagt, meistens mehr, als so manche dumme Flaxerei mit den Mitschülern. Von der Zukunft hat Max schon klare Vorstellungen. „Ich könnte mir vorstellen als Zahnarzt so zu arbeiten, dass die Patienten keine Angst vor der Behandlung haben. Dafür muss man seinen Beruf hundertprozentig gut können.“
Das Buch erhalten Sie in den Sauerländischen Buchhandlungen und direkt beim WOLL Verlag.
Bianka Hesse: Max im Glück • WOLL Verlag • 316 S. • LVP: 14,90 Euro • ISBN: 978-3-948496-18-0