Das Ü40-Blasorchester

Musikverein Herdringen bietet Erwachsenen Instrumentenunterricht an 

Über einen Musikverein aus Arnsberg zu schreiben, ist nun wirklich nichts Besonderes, schließlich hat fast jeder Ortsteil einen. Auch wenn der Herdringer Musikverein schon seit 1927 existiert (die Idee wurde bereits 1884 geboren) und mit seinen 400 Mitgliedern zu den größeren gehören dürfte – es gibt viele Dörfer, die hier mithalten können. Dass wir trotzdem weder Tinte noch Papier gespart haben, liegt daran, dass der Verein mit der Krähe im Emblem der einzige im Hochsauerlandkreis ist, der ein EBO hat. Ein Erwachsenen-Blas-Orchester! 

Die Idee, einen derartigen Ausbildungszweig ins Leben zu rufen, kam von einem „Youngster“. Andreas Schulte, damals Ende 20, hatte von einer Gruppe in Süddeutschland gehört, die es Erwachsenen ermöglicht, ein Instrument zu erlernen. In seinem Musikverein, in dem er die Posaune spielt, stellte er das Modell vor. 2013 setzte man sich zusammen und plante. Wen sprechen wir an? Haben wir genügend „manpower“, d.h. gibt es Ehrenamtliche, die die Gruppe unterrichten wollen? Wie ziehen wir das Ganze auf? Diese und viele andere Fragen wurden geklärt und am 1. Mai 2014 startete das EBO mit 23 Mitgliedern. Allen gemein war, dass sie noch nie ein Instrument gespielt hatten, keine Noten kannten und sich somit auf ein großes Abenteuer einließen. Eine Dame der ersten Stunde ist Margot Kaiser. „Ich wollte schon immer Saxophon spielen, hatte aber keine Gelegenheit. Meinen Sohn habe ich zum Musikunterricht kutschiert, für mich selbst fehlte jedoch die Zeit. Als ich auf dem Herdringer Weihnachtsmarkt 2013 einen Flyer in die Hand gedrückt bekam, mit dem Interessierte gesucht wurden, sah ich meine Chance gekommen. Heute spiele ich Altsaxophon, mein Mann Posaune.“ 

Musik verbindet 

Auch Werner Eickel war von Anfang an dabei. Der ehemalige Fußballspieler und –wie er sich selbst bezeichnet- „Mensch des Vereinslebens“ war zwar Mitglied im Gesangsverein, ein Instrument zu spielen hatte er jedoch nie gelernt. „Mir war ein wenig mulmig zumute, war ich doch damals mit 68 Jahren der Älteste. Dieses Prädikat schmückt mich heute übrigens immer noch. Aber der Wunsch, Trompete spielen zu können, war größer als meine Bedenken. Nach den ersten Treffen waren meine Zweifel verschwunden. Alle Anfänger waren auf dem gleichen Stand, alle glänzten durch Nicht-Können. Letzteres änderten unsere qualifizierten Ausbilder schnell. Durch die Unterstützung von Werner Schulte, Ernst-Willi Schulte, Herbert Schulte-Eickhoff und Meinhard Wiegard wurde aus der Gruppe derjenigen, die in den ersten Jahrzehnten ihres Lebens keine Noten kannten, ein richtiges Orchester. Nach unserem ersten öffentlichen Auftritt, dem Wunschkonzert 2015, waren wir stolz wie Bolle.“ Dass er weitaus mehr üben muss als jüngere Menschen, stört Werner Eickel nicht im Geringsten. „Als Rentner habe ich Zeit, zu Hause kann ich proben, wann ich will. Meine Frau hat sich an die neuen Töne in unseren Räumen gewöhnt. Wenn ich ihr doch mal auf den Senkel gehe, findet sie irgendwo ein ruhigeres Plätzchen“, lacht der Senior. „Viel geholfen hat mir vor allem am Anfang mein musikalischer Enkel, der selbst aktives Mitglied ist. Außerdem treffe ich mich ab und zu mit anderen zur gemeinsamen Probe.“ 

Geselligkeit gehört dazu 

Und die Ausbilder? Sind die ebenso begeistert wie ihre Schüler? „Unbedingt“, meinen Werner und Ernst-Willi Schulte. Beide sind Dirigenten, der eine unterrichtet zusätzlich die Blech-, der andere die Holzbläser. „Die Erwachsenen fordern uns mehr als die Kinder und Jugendlichen. Sie sind ungeheuer motiviert und zielgerichtet. Die merken sofort, wenn wir nicht gut vorbereitet sind. Dafür können wir aber nach den Proben das ein oder andere Bierchen miteinander trinken, was wir als Ausgleich für die intensive Vorbereitungszeit buchen“, fügen sie augenzwinkernd hinzu. Stichwort „Geselligkeit“. Die wird nicht nur im EBO, sondern im gesamten Verein groß geschrieben. Probenwochenenden, Wanderungen, Weihnachtsfeiern oder gemeinsame Essen fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl und machen eine Menge Spaß, wie das Vorstandsmitglied Andreas Schulte betont. Wen wundert es da, dass es eine geringe Fluktuation gibt? Von den Kindern, die schon im Kindergartenalter erste Erfahrungen durch die musikalische Früherziehung des Vereins machen, über die Klassenorchester, die durch Kooperation mit der Heinrich-Knoche-Schule entstehen, bis hin zu dem Ausbildungs- und dem Hauptorchester bleiben viele dem Musikverein Herdringen treu. Nachwuchssorgen existieren hier nicht. Die Verantwortlichen verstehen es, durch ihre ehrenamtliche, mit Herzblut ausgefüllte Arbeit die Mitglieder zu begeistern und bei der Stange zu halten. Sollte nun jemand Lust bekommen haben, im EBO mitzuspielen, kann sowohl er als auch sie sich gerne beim Verein melden. Voraussetzung: Sie sind über 40 Jahre alt und haben noch nie oder nur vor sehr langer Zeit ein Instrument gespielt. Trompeten, Saxophone und ähnliches können gemietet werden, der Spaß am Musizieren wird garantiert. 

Quelle: Musikverein Herdringen e.V.