Das Kinder- Jugend- und Kulturhaus in Finnentrop

Quelle: Gerrit Cramer, Michael Hunold

Eine ziemlich unverblümte Laudatio

Machen wir uns nichts vor, die Zeiten sind hart. Ein Coronavirus bestimmt seit zwei Jahren die Taktung unseres Lebens und unserer Nachrichten.  Die Schlagzeilen wissen vom Anstieg häuslicher Gewalt ebenso zu berichten wie vom Boom des idyllischen, unabhängigen Lebens mit Wohnmobilen. Überdruss und Freiheitsdrang stehen gemeinsam vor der Tür – auch vor der Kleinen Offenen Tür, von der heute hier die Rede ist.

Genauso kontrastreich wie die Schlagzeilen stellt sich die Ausgangslage der jungen Menschen in der Gemeinde Finnentrop für einen erfolgreichen Lebenslauf dar. Auch Finnentrop ist von einer Gleichheit der Möglichkeiten noch weit entfernt. Schwimmkurs und Kinderlachen im Finto, konzentrierte Lösch- und Bergungsübungen bei den Jugendfeuerwehren, Zuwachs beim Karneval, eine starke Jugendfußballszene auf der einen und Schmierereien am Bücherschrank, Wendehammerbesetzungen am Schulzentrum – mit von minderjährigen Handlangern belagerten alten BMWs, aus denen Deutschrap und Marihuanaqualm knallen – auf der anderen Seite. Die einen Eltern bringen ihre Kinder zum teuren Hobby, die anderen sie um ihre Chancen.

Man kann daran verzagen, mit dem Finger auf andere zeigen, froh sein, auf der „guten“ Seite zu leben, wegsehen oder zynisch werden. Man kann den Löffel, mit dem man sich durch diesen Problempudding frisst, in der linken oder rechten Hand halten.


Oder man kann der Lage so begegnen wie Michael Hunold und Monika Holthöfer mit ihrem erweiterten Team vom Kinder- Jugend- und Kulturhaus der St.-Johannes Nepomuk-Kirchengemeinde: Mit einem nie versiegenden Strom aus sich gegenseitig befruchtenden  Ideen, einem Querdenken im ursprünglichen, positiven Wortsinn, einer hohen Netzwerkqualität, einem feinen Näschen für die Bedürfnisse junger Menschen und einem stoischen Willen zur Integration aller in die positive Umgestaltung dieser Gesellschaft. Gewürzt wird das Ganze mit einer guten Portion Vertrauen darauf, dass die ursprünglichen Absichten eines jeden Menschen als der Regisseur seiner eigenen Bildungsprozesse positiv sind. Gibt das Leben dem Kinder- Jugend- und Kulturhaus also Zitronen, macht es leckeren Saft daraus. Nicht einmal habe ich in den fünfzehn Jahren, die ich die Einrichtung nun schon kenne, jemanden dort klagen oder anklagen gehört. Nein. Offensiv und positiv geht es voran.  Jedem, der ihn freundlich fragt, erzählt Hunold von den zahlreichen Projekten, springt dabei von einer Baustelle zur anderen und schildert dennoch das große Ganze. Michael Hunold und Monika Holthöfer sind die personifizierte Integration.

Letztere ist Weg und Ziel zugleich und ergänzt sich mit dem Motto der Jugendeinrichtung: „Kunst und Kultur machen aus halben Portionen ganze Persönlichkeiten.“

Liest sich die wissenschaftliche Beschreibung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit liest noch ziemlich dröge –

„Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist ein Teilbereich der professionellen Sozialen Arbeit mit einem sozialräumlichen Bezug und einem sozialpolitischen, pädagogischen und soziokulturellen Auftrag. Offene Arbeit begleitet und fördert Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg in die erwachsene Selbstständigkeit und Mündigkeit und integriert sie in gesellschaftliche Prozesse. Der niederschwellige Zugang zu ihren Angeboten und ihre spezifischen Arbeitsprinzipien begünstigen den Erwerb von Bildungsinhalten, die für alltägliche Handlungs- und Sozialkompetenzen wichtig sind .“(Wikipedia-Eintrag am 25.11.2021)


– zeigt sich die alltägliche Liveversion vor Ort meist kunterbunt. Worte, Orte, Land und Leute – das gilt nicht nur für dieses Magazin, sondern auch „Am Markt 5“. Hier und von hier aus werden faire Worte benutzt, Orte hübsch gemacht, das Land bereichert und die jungen Leute aus Nachbarschaft und Gemeinde nach vorn gebracht.

Die Bilder auf diesen Seiten wimmeln vor Leben, Aktion und Freude und zeugen davon, wie junge Menschen einen Platz in der Welt finden dürfen, Beziehungen, Bindungen und Fähigkeiten erproben und dabei eine Strahlkraft und einen Nutzen weit über die Mauern der Räumlichkeiten hinaus erzeugen, die die mutigen Pädagoginnen und Pädagogen mit unverdrossener Leidenschaft und Offenheit bespielen. Bildung und Aneignung von Kompetenzen erfolgen scheinbar nebenbei, Chancen und – aufgepasst! – Offene Räume tun sich auf: Wenn Arthur beim Breakdance seinen ersten Power Move aufs Parkett legt, Max sein erstes Gitarrenriff durch den Verstärker jagt, Lina sich beim Schlittschuhausflug auf den Beinen hält oder Yusuf den Salat endlich perfekt gewürzt hat. Wenn der Nutzungsplan für den Mehrzweckraum steht und das Passfoto den Typ wirklich fabelhaft trifft. Oder wenn – wie jüngst aus der Tagespresse zu entnehmen preiswürdig – junge Menschen ganz gleich welcher Herkunft ihr ganz persönliches Stück Heimat entdecken und präsentieren.

Zum Preis „Kein Platz für Extremismus und Rassismus“ und für die weiterhin gut gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit in Finnentrop herzlichen Glückwunsch aus der WOLL-Redaktion!