Alexandra Föster will jede Sache gut machen
Ein Sauerländer Sommermärchen. Auf der legendären Olympia-Regattastrecke von 1972 in München fanden vom 11. bis 14. August dieses Jahres die Ruder-Europameisterschaften statt. Im Rahmen der EUROPEAN CHAMPIONSHIPS MUNICH 2022 erkämpfte sich zur Überraschung der Sportwelt Alexandra Föster aus Meschede die Bronzemedaille im Frauen-Einer. Die junge Sauerländerin hatte erst vor einigen Wochen die U23-Weltmeisterschaft gewonnen und davor das Weltcup-Finale auf dem Rotsee in Luzern. Doch nur Insider zählten die junge Ruderin aus dem Land der tausend Berge auch in München zu den Favoritinnen für diese Europameisterschaft. Alexandra Föster machte es dazu noch äußerst spannend, da sie im Vorlauf den erwarteten Platz unter den ersten Drei, die direkt für die nächste Runde qualifiziert waren, nicht erreichte. Sie musste in den Hoffnungslauf. Doch hier, im Halbfinale und dann im Finallauf, zeigte die ehrgeizige und kampfesfreudige Ruderin aus dem Sauerland, was in ihr steckt. Die Bronzemedaille von Alexandra Föster war zudem das einzige Edelmetall des enttäuschend abschneidenden Deutschen Ruderverbandes bei der Heim-EM in München. Das nationale und internationale Medieninteresse richtete sich entsprechend neugierig auf den neuen Stern am deutschen Ruderhimmel.
Neuer Stern am Ruderhimmel
Kurz vor der Ruder-WM vom 18. bis 25. September im tschechischen Račice (Ratschitz) hat WOLL mit Alexandra Föster und ihrem Trainer Sebastian Kleinsorgen auf der Terrasse des Ruderclubs Meschede über die bisherigen Erfolge und die zukünftigen Pläne und Ziele gesprochen. Im Interview kommen wir schnell auf eine, viele interessierende Frage zu sprechen. War der Weg über den Hoffnungslauf bei der EM in München vielleicht eine taktische Entscheidung? Alexandra Föster verneint das vehement: „Die ersten Drei wären ja weitergekommen und wir dachten, das sei eher eine leichtere Aufgabe. Ich glaube, die Bedingungen waren da das größte Problem für mich. Wir hatten starken Gegenwind. Wenn man dann direkt nach dem Start zwei Längen hinterherrudert, können die anderen das natürlich sehr gut kontrollieren. Bei Gegenwind ist das Rennen langsamer und die Führenden haben eine stärkere Kontrolle. Außerdem waren die starken Wellen bei dem Rennen problematisch.“ Trainer Sebastian Kleinsorgen ergänzt: „Da kam eins zum anderen. Die Belastungen im Vorfeld der Meisterschaft. Und die fehlende mentale Stärke, die nötig ist, um in einem solchen Rennen erfolgreich zu sein. Körperlich war Alexandra topfit. Hätte man geahnt, dass die Europameisterschaften in München auf ein so großes Medieninteresse stoßen, hätte man die Saisonplanung natürlich viel stärker auf dieses Event in München ausgerichtet.“
Steigende Erwartungen und größeres öffentliches Interesse
Der Erwartungsdruck stieg nach den Erfolgen in Luzern und bei der U23-WM enorm. Selbst der eigene Verband sorgte mit Informationen auf der Website für einen gewissen Druck. Alexandra Föster: „Und dann steht da abends im Internet: Jetzt hat sie heute das Halbfinale gewonnen, dann muss sie morgen unter den besten Drei sein.“ Neben den sportlichen Herausforderungen strebt die Elektrotechnik- Studentin an der Fachhochschule in Meschede auch in ihrem Studium einen guten Abschluss an. „Ich schreibe gerade noch an meiner Projektarbeit. Dann kommt noch die Bachelorarbeit. Die Projektarbeit muss ich in zwei Wochen abgeben. Das kriege ich hin. Je näher die Frist rückt, desto mehr arbeite ich daran. Das ist ja das Problem.“ Auf den Hinweis, dass sie ja im Zweifelsfall noch einen zweiten Versuch habe, antwortet die erfolgreiche Sportlerin unmissverständlich: „Das ist aber nicht mein Anspruch. Ist ja schon schlimm genug, dass sie noch nicht abgegeben ist.“ Keine Frage: Alexandra will nicht irgendwie etwas leisten, es soll immer ordentlich und bestens sein.
Spaß am Rudern
Hinter einer erfolgreichen Ruderin steht immer eine Trainerin oder ein Trainer, die oder der den Weg bereitet und das gemeinsame Ziel leidenschaftlich mitverfolgt. Bei Alexandra Föster ist dies Sebastian Kleinsorgen. Er hatte irgendwann mit dem Rudern angefangen, weil er unsportlich war. Dann bekam er Spaß am Rudern. Im Laufe der Zeit hat er zusammen mit seiner Frau das Training beim RC Meschede übernommen. Sebastian Kleinsorgen: „Wir haben damals einen Übungsleiterschein gemacht: Wie vermittle ich Kindern das Rudern? Dazu kamen noch der DLRG-Rettungsschein und ein Erste-Hilfe-Kurs. Aber so einen richtigen Trainerschein habe ich erst viel später gemacht. Alles ist dann so gewachsen, nachdem wir ein paar Kinder und Jugendliche im Training hatten, aus denen vielleicht mal was werden konnte. Und mit denen haben wir Schritt für Schritt das Training entwickelt. Irgendwann fuhren wir zu Wettbewerben auf nationaler Ebene. Mehr und mehr haben Training und Wettkämpfe Spaß gemacht. Und auf einmal fand das Training statt zweimal in der Woche plötzlich siebenmal in der Woche statt.“
Zeit und Training
Vor und nach den Europameisterschaften hatte es innerhalb des Deutschen Ruderverbandes Kritik aus den eigenen Reihen am Training der Ruderinnen und Ruderer gegeben. Alexandra Föster hat dazu auch eine Meinung: „Das hat etwas mit Langfristigkeit zu tun. Gerade bei uns im Frauenbereich haben viele, gerade in den vergangenen Jahren, nicht lange genug durchgehalten.“ Die Ruderin aus dem Sauerland gehört aktuell dem Perspektivkader des Deutschen Ruderverbandes an. Darüber hinaus gibt es noch den Olympiakader. Den hat sich die Meschederin inzwischen wohl verdient, oder besser errudert. Trainer Sebastian Kleinsorgen und Ruderin Alexandra Föster haben ein gemeinsames Ziel, das sie antreibt. Das ist Olympia 2024 in Paris. Alexandra Föster: „Ziel ist es, sich für Olympia 2024 in Paris zu qualifizieren. Den Rest wird man dann sehen.“ Diesem großen Ziel wird das Rudertalent aus dem Sauerland in den kommenden 24 Monaten wohl alles unterordnen. Auch Trainer Sebastian Kleinsorgen plant entsprechend. Seine Tätigkeit bei der Bezirksregierung in Arnsberg hat er reduziert, damit er, neben der Zurverfügungstellung der Freizeit, weitere Zeit für die Trainingsvorbereitung, das Training und die Zeiten bei den Wettkämpfen hat. Das alles aus Begeisterung und Freude am Rudern und an den Erfolgen seiner aufstrebenden Ruderin. Dass diese sportliche Höchstleistung im Ehrenamt in Zukunft als honorierte Trainerstelle durch den Deutschen Ruderverband ausgewiesen wird, kann man Sebastian Kleinsorgen und Alexandra Föster nur wünschen. Vielleicht wird ein gutes Ergebnis bei der kommenden Weltmeisterschaft in Račice die Augen und Taschen beim Ruderverband öffnen, wenn wieder herausragende Erfolge von den deutschen Ruderinnen aus dem Sauerland kommen.