Das Brotbaumregime

Quelle: Egger

Von fiktiven römischen Berichten voller Barbaren-Klischees über Grimms Märchen als erbauendem Gegenentwurf während der Napoleonischen Kriege bis hin zur Instrumentalisierung von Wald als Projektionsfläche ideologischer Inhalte im NS-Regime: Einflussreiche Dichter und Denker verknüpften das Naturphänomen Wald seit Anfang des 19. Jahrhunderts zunehmend mit nationalpolitischen Bedeutungen. Der „deutsche Wald“ geriet zu einem vielgestaltigen Denkmuster, das die Beschwörung romantischer Sehnsuchtslandschaft wie auch die Legitimation nationalsozialistischer Herrschaftspraxis umfassen konnte.

Dr. Johannes Zechner

Waldeinsamkeit und Waldsterben

In seinem Vortrag „Deutsche Waldanschauungen zwischen ‚Waldeinsamkeit‘ und ‚Waldsterben'“ beleuchtet der Historiker Dr. Johannes Zechner auf Einladung des Kulturprojekts „Das Brotbaumregime“ anhand ausgewählter Quellenbelege die lange Geschichte der Verflechtung von Natur und Nation, ausgeführt in seinem Buch „Der deutsche Wald: Eine Ideengeschichte zwischen Poesie und Ideologie 1800–1945“ (2016, WBG Darmstadt).

Zechner war am Deutschen Historischen Museum als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und wurde an der Freien Universität Berlin promoviert. Seit 2018 ist er Ausstellungskurator bei der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der NS-Weltanschauung, des Antisemitismus sowie des Umwelt- und Naturschutzes.

Quelle: Brotbaumregime

29.10.22 um 17 Uhr im Forum der VHS Arnsberg/Sundern, Peter Prinz Bildungshaus, Ehmsenstr. 7, 59821 Arnsberg. Keine Anmeldung erforderlich.

Brilon – Egger – Fichtenforste

Das Spanplatten- und Sägewerk in Brilon bietet im Rahmen der Recherchen zum Kunstprojekt „Das Brotbaumregime“ am 28. Oktober um 19 Uhr einen zweistündigen Werksbesuch an.

Von den ersten Gesprächen der Österreicher Firma Egger mit der Stadt Brilon als möglichem Standort für ein neues Spanplattenwerk im April 1988 bis zur Eröffnung im Frühling 1991 gab es in Brilon und benachbarten Städten intensive öffentliche Debatten zur potenziellen Umweltverschmutzung durch das Werk. Die Bevölkerung war besorgt, dass die Industrieanlage viel Dioxin ausstoßen würde, wie es bei ähnlichen Anlagen der Fall war.

Nach seinem Bau galt das Werk Egger in Brilon dann als umweltfreundlichstes Spanplattenwerk Europas. Haben die Bürgerproteste dazu beigetragen? Haben erfolgreiche staatliche Vorgaben und Kontrollen dazu geführt? War über das Jahrzehnt des sauren Regens ein grundsätzlich größeres Bewusstsein für Ökosysteme entstanden – auch bei den Inhabern der Firma?

Seit den 1990er Jahren entstanden auf dem Werksgelände dann auch eine MDF-Anlage, eine OSB-Anlage und ein Sägewerk. Aktuell beschäftigt der Egger-Standort Brilon 1.100 Menschen.

Das Team des Kunstprojekts interessiert, welche Beziehungen zwischen den regionalen Waldflächen und Produktionsstätten der Holzindustrie bestehen. Wie werden welche Bäume von wo verwertet? Was passiert, wenn die Fichtenforste in ein paar Jahren mehr oder weniger leer sind? Worauf stellt sich die Firma mit dem Klimawandel langfristig ein? Wie wird aus dem Baum ein Ikea-Schrank? Die Leser sind herzlich dazu eingeladen, beim Werksbesuch mehr zu erfahren.

Die Teilnahme ist kostenlos und die Anmeldung erfolgt per Email an hallo@brotbaumregime.info. Treffpunkt ist das EGGER Besucherforum, Im Kissen 19, 59929 Brilon. Mitfahrgelegenheiten im Raum HSK können organisiert werden.

Bei dem Projekt „Das Brotbaumregime“ geht es um Waldkultur, Waldtransformation und Waldsterben im Sauerland. Die Ausstellung, initiiert und getragen von der freischaffenden Künstlerin Theresa Kampmeier in Kooperation mit den Kulturbüros der Städte Arnsberg, Brilon und Schmallenberg, findet vom 1. Juli bis 1. Oktober 2023 im Sauerland-Museum, dem Museum Haus Hövener und der Südwestfälischen Galerie statt. Schon davor und drumherum gibt es ein offenes Rahmenprogramm. Das Projekt wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Regionalen Kultur Programms – RKP, durch die LWL-Kulturstiftung, den Fonds Soziokultur und die Kunststiftung NRW. Mehr dazu gibts auf www.brotbaumregime.info oder auf Instagram / Facebook @brotbaumregime.