Das Aquädukt im Krenkeltal

Mitten im Wald gelegen, ist die Gefahr groß, dass sich das Laubgitter im Krenkelbach vor dem Aquädukt schnell zusetzt.

Eine einzigartige Brückenkonstruktion

Der Krenkelbach schickt sein Gebirgswasser in die Heinsberger Aa. In dem landschaftlich idyllisch gelegenen Krenkeltal sind die Belange von Naturschutz und Denkmalschutz eng miteinander verwoben. Vor dem Mundloch des ehemaligen Eisenbahntunnels auf Heinsberger Seite stellte der je nach Jahreszeit und Witterung unberechenbare Krenkelbach die Ingenieure vor besondere Probleme: Das Gewässer unterspülte zeitweise die neu geschaffene Bahntrasse. Guter Rat war teuer. Gemeinsam wurde nach zahllosen Messungen ein verwegener Plan entwickelt. Der tiefe Taleinschnitt sollte mit einer Brücke überquert werden. Aber mit einer weit und breit einzigartigen. Aus dem Viadukt wurde ein Aquädukt, der das Wasser schadlos für die Bahnstrecke auf die andere Talseite beförderte und dieses noch heute verrichtet.

Je weniger Schwemmmaterial sich in dem Aquädukt befindet, umso höher ist die Fließgeschwindigkeit des Baches.
Je weniger Schwemmmaterial sich in dem Aquädukt befindet, umso höher ist die Fließgeschwindigkeit des Baches.

Das Bauwerk, das im Rahmen der Gleisbauarbeiten entstand, ist beispiellos im Land. Nur in der Nähe von Gummersbach gibt es eine kleine „Wasserbrücke“, allerdings weit aus kleiner und nur aus Stahl und Blech.

Es ist also gar nicht so einfach, an diesem Tunnel im Krenkeltal die Belange von Naturschutz und Denkmalschutz in Einklang zu bringen. Gleichzeitig gilt es doch, den Bestand des Aquäduktes hier mitten im Wald zu schützen.

Christoph Söbbeler, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Arnsberg weißt auf den hohen Naturschutzwert des Krenkeltals hin. Vor zwei Jahren habe es auf Interventionen einiger Bürger einen Termin vor Ort mit allen zuständigen Behörden gegeben. Dabei sei das Aquädukt als standsicher beurteilt, weshalb auf absehbare Zeit keine Sanierung geplant sei.

Wertvolle Unterstützung erhalten die Verantwortlichen in Heinsberg und den übergeordneten Behörden durch Matthias Dingeldein. Der begeisterte Eisenbahn-Fan lernte den Heinsberger Tunnel samt Aquädukt bereits als Schüler kennen, als er mit Kameraden in Sachen obere Lahntalbahn recherchierte. Im Jahre 2003 ging es dann los. Dingeldein, der sich selbst als Einzelgänger bezeichnet,  hielt sich lieber im Wald auf und schippte Kies und Laub, statt diverse Studentenfeten zu bevölkern. In der Folgezeit sah er mindestens einmal pro Jahr nach dem Rechten.

Sein erster Kontakt mit dem Krenkeltal blieb nicht ohne Folgen. Dingeldein: „2003 habe ich festgestellt, dass der Bachlauf vor dem Aquädukt völlig zugeschwemmt war. Das große Laubgitter im Bachlauf tat sein Übriges dazu, das Gewässer über die Ufer treten zu lassen.“

Der inzwischen 40-Jährige studierte an der Hochschule in Aachen Elektrotechnik. Sein damaliges Ziel: Er wollte als Ingenieur selbst Elektro-Lokomotiven konstruieren. Sein Abschluss als Elektroingenieur hat er längst in der Tasche. Der mittlerweile aus Wetter in Hessen nach Siegen umgesiedelte Dingeldein arbeitet heutzutage als Lockführer. Meistens ist er mit Güterzügen in Deutschland unterwegs.

Matthias Dingeldein(40) in voller Aktion. Der Eisenbahnfan scheut keine Mühen.
Matthias Dingeldein(40) in voller Aktion. Der Eisenbahnfan scheut keine Mühen.

Ein typisches Szenario bei einem seiner Arbeitseinsätze: Der eher schmächtig wirkende Dingeldein ist unglaublich zäh.  Zuerst muss er über einen mächtigen umgestürzten Fichtenstamm klettern, dann in Gummistiefeln eine Böschung hoch, die beiden schweren, randvoll befüllten Plastikeimer in eine Schubkarre auskippen, dann mit dieser 20 Meter zur Abladestelle fahren. Stunde um Stunde, Tag um Tag. Alles im Einklang mit sich selbst und der Natur natürlich und dank seiner Handarbeit überaus umweltschonend, bis das Aquädukt wieder frei durchströmt werden kann.

In den beiden letzten Jahren hat es Dingeldein aus Zeitgründen nicht geschafft, sich wieder bei dieser lobenswerten Reinigungsaktion einzusetzen. Zudem zieht es ihn längst wieder zu seinen alten Heinsberger Freunden. Bei seinem ersten Einsatz im Jahre 2003 hatte er – natürlich mit Bahn und Bus aus Aachen angereist – Quartier beim örtlichen Vikar gefunden. Als er später das SGV-Urgestein Hermann-Josef Backmann kennenlernte, bot ihm dieser einen Schlafplatz im SGV-Heim an, wo Dingeldein mit Schlafsack für mehrmals mehrere Nächte campierte. Schließlich fand er dann aber eine Unterkunft im Wohnhaus von Beckmann selber.

„Ich habe Heinsberg und das Aquädukt natürlich nicht vergessen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, zu helfen, dieses einzigartige Bauwerk zu erhalten. Wenn ich nur ein wenig zeitlichen Spielraum habe, werde ich wieder im Krenkeltal bei Heinsberg aufschlagen.“

Der Heinsberger Tunnel im Verlauf der einstigen Bahnstrecke Altenhundem-Birkelbach ist ein von 1911 bis 1913 erbauter, 1.303 Meter langer, eingleisiger und 1945 stillgelegter Eisenbahntunnel unter dem Hauptkamm des Rothaargebirges. Wegen akuter Einsturzgefahr sind die beiden unter Denkmalschutz stehenden Tunnelportale zugemauert und mit einer schweren Eisentür verschlossen.