Wo die Kirche noch mitten im Dorf steht

Foto: Ralf Litera

Die Pfarrkirche St. Nikolaus in Cobbenrode

Bei einer Fahrt durch den Ort Cobbenrode, entlang der Bundesstraße 55, kann man die Pfarrkirche St. Nikolaus nicht übersehen. Das Kirchengebäude thront unübersehbar auf einer Anhöhe, unweit der Straße. An der Giebelseite ist der Turm zur Hälfte in das breite Mittelschiff gerückt. An dessen Vorderseite befindet sich ein überdimensional großes Fenster über dem Hauptportal. Schmale Seitengänge flankieren das Gebäude. Auffällig sind die Strebepfeiler an den Seitenwänden. Mit seinem weißen Anstrich und der Schiefereindeckung gibt das dreischiffige Gotteshaus ein regionaltypisches Bild ab. Doch der Schein trügt. Denn das Gebäude unterscheidet sich vor allem im Innenraum von den Kirchen in der näheren Umgebung.
In den Chroniken heißt es: „Der Anbau an die katholische Dorfkirche kann als einer der wenigen geglückten Fälle von Kirchenerweiterungen gelten.“ Es war jedoch mehr als ein Anbau, denn die ursprüngliche Kirche St. Nikolaus aus dem Jahre 1761 genügte Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr den Anforderungen. Im Jahre 1930 lagen die Entwürfe von drei Architekten vor. Man entschied sich für den Entwurf von Carl Wibbe. Er errichtete den Neubau auf den Fundamenten des Vorgängerbaus. Die Erzbischöfliche Behörde beanstandete zunächst einige Mängel. Vor allen Dingen missfiel das Größenverhältnis zwischen Turm und Dach. Im Sommer 1931 entschied man sich jedoch positiv für den Wibbe-Entwurf und der Bau wurde bis zum Jahresende fertiggestellt.

Foto: Ralf Litera

Foto: Ralf Litera

Der Entwurf des Architekten war typisch für die Zeit und unterschied sich von den Konzepten der Kirchen, die Jahrhunderte vorher gebaut wurden. Vorherrschend war der Gedanke, dass der Altar, als Sinnbild Christi, unmittelbar im Zentrum stehen soll. Nichts sollte ablenken. So eröffnet sich dem Betrachter, wenn er den Kirchenraum betritt, ein großer Einheitsraum, an dessen Ende die Altarzone, um vier Stufen erhöht, zu sehen ist. Gliedernde Elemente wie Kapitelle, Gesimse oder Schlusssteine sucht man vergebens. Im Gewölbe findet man parallele geschwungene Grate in reinem Weiß, die den hallenähnlichen, puristischen Charakter optisch unterstreichen. Auch die Lichtregie verstärkt diesen Effekt. Der Altar wird von beiden Seiten durch schräg gestellte Lamellen belichtet. Nichts soll hier ablenken. Der Nebenaltar befindet sich in einer Nische, der Taufstein in einer hinteren Kapelle, die Glasbilder im Seitengang sind wenig bestimmend und Licht fällt gleichmäßig von hinten durch das Turmfenster ins Schiff. Aus der alten Kirche erhalten geblieben sind der barocke Hoch- und Nebenaltar und das Kruzifix, das auf 1530 datiert wird, die Pietà und Heiligenfiguren des St. Nikolaus aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die Plastiken der Elisabeth, des Antonius Eremita, des Franz von Assisi und der Katharina mit dem Schwert, allesamt aus Weichholz und gotischen Ursprungs aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts und der Zeit um das Jahr 1500.
Die Cobbenroder sind stolz auf ihre Kirche. Im Oktober dieses Jahres realisierte man hier erstmals das Projekt „Baustelle Jugendkirche“. Im Rahmen der Firmvorbereitung haben Jugendliche die Kirche für eine Woche umgestaltet. Sitzbänke wurden beispielsweise kreisförmig umgestellt und jeden Tag gab es außergewöhnliche Aktionen, die Jung und Alt in die Kirche einladen sollten – zum Entdecken, Erleben und Eeten. Mit guter Resonanz . „Das war eine schöne Erfahrung“, so Pastor Klaus Danne. Für das nächste Frühjahr ist geplant, den Innenraum der Kirche zu renovieren.