Christus ist im Sauerland geboren

Reinhard Schulte erzählt die Weihnachtsgeschichte ganz im Geiste Franz von Assisis

Weihnachten ohne Krippe war für den jungen Messdiener Reinhard Schulte undenkbar, doch der bettlägerig-kranke Küster wollte die Figuren nicht herausgeben. „Du bekommst sie nur, wenn du sie in Zukunft selbst aufbaust“, bekam der 11-Jährige zu hören – und das hat er sich zu Herzen genommen. 57 Jahre später stellt er trotz eines schweren Unfalls im Frühjahr zu Beginn der Adventszeit auch in diesem Jahr wieder die historischen, bis zu 70 Zentimeter großen Tonfiguren eines Künstlerpaares aus Königswinter im Seitenschiff der Bad Fredeburger Kirche auf.

Großartiges wird greifbar

Franz von Assisi kam in der Mitte des 13. Jahrhunderts auf die Idee, die Menschwerdung Gottes den Gläubigen ganz greifbar vor Augen zu führen. Er wäre nicht Franziskus, wenn ihm dabei nicht vor allem die Armut und Bescheidenheit einer Geburt in einem Stall besonders wichtig gewesen wäre. Dieser Gedanke fasziniert auch Reinhard Schulte: „Eine Weihnachtskrippe – das ist Glaube zum Anfassen – sie macht Großartiges greifbar.“ Diese Überzeugung spornt ihn jedes Jahr an, die Krippe noch etwas besser aufzubauen: „Es kommt auf die Details an. Wenn man wirklich zeigen will, was dort vor über 2000 Jahren vorgegangen ist und was die ganz realen Menschen vor Ort dabei wahrscheinlich empfunden haben, muss man zum Beispiel beim Aufbau genau darauf achten, wann welche Figur wohin schaut.“ Glücklicherweise sind die alten Figuren mit beweglichen Köpfen und Gliedern ausgestattet.


Christi Geburt in Bad Fredeburg

Ausgehend von Franziskus’ Wirkungsstätte im italienischen Greccio, dem Ort des ersten Krippenspiels und der ersten Weihnachtskrippe, verbreitete sich die Tradition des Krippenbaus über ganz Europa. Franziskus wird auch der Ausspruch zugeschrieben: „Baut Eure Krippen zum Lobe des Herren, aber baut sie so, wie Eure Heimat ist, denn Christus ist überall geboren.“ Auch das hat sich Reinhard Schulte zu Herzen genommen. Als im Jahr 2018 vom Maler Jost Pieper ein neuer Hintergrund für die Krippe gestaltet wurde, entschieden Maler und Krippenbauer gemeinsam, als Vorbild den Blick vom Bad Fredeburger Burgberg Richtung Rimberg zu wählen. Wer sich heute den Hintergrundprospekt der Krippe anschaut, erkennt links den Blick Richtung Altenhof und rechts den Hömberg. Als Tischlermeister hat Reinhard Schulte passend dazu die Gebäude in schwarz-weißem Fachwerk und mit grünen Türen stilecht sauerländisch geschaffen. Folgt man so dem Gedanken des Heiligen Franziskus, wurde Christus also genauso in Bad Fredeburg geboren wie in Betlehem.


Eine Geschichte in acht Bildern

Die meisten Krippen werden heute erst kurz vor dem Heiligen Abend aufgestellt und verschwinden nach dem Fest der Heiligen drei Könige wieder auf den Dachböden oder in den Kellern. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war das anders. Die Krippendarstellungen erzählten in wechselnden Bildern viel mehr von der großen Geschichte aus dem Lukas-Evangelium, ganz wie es Franziskus angeregt hat. Und auch in dieser Hinsicht folgt Reinhard Schulte der ursprünglichen Idee. Er baut die Krippenlandschaft bereits zum zweiten Adventssonntag auf. Das erste Bild ist die Verkündigung des Engels an Maria. Im Kirchenjahr wird Maria Verkündigung natürlich im März gefeiert. Da die Weihnachtsgeschichte aber nun einmal damit beginnt, stellt das erste Bild den länger zurück liegenden Termin nach. Vor Weihnachten folgt dann noch die Herbergssuche und der Einzug in den Stall. Die opulenteste Szene ist natürlich zum Heiligen Abend die Geburt im Stall und die Verkündigung an die Hirten auf dem Feld. In den folgenden Wochen folgt die Anbetung durch die Hirten, der Besuch der drei Könige und später deren Abschied. Erst Ende Januar folgt das letzte Bild mit der Flucht nach Ägypten.