Christmette statt Karl May

Hier hätte er seine Weihnachts-Predigt gehalten: Pfarrer Christoph Gundermann vor dem Felsen der Elsper „Karl-May-Bühne“. Foto: Klaus-Peter Kappest

Lennestädter Gemeinden wollten „Heilig Abend“ gemeinsam auf der Elsper Freilichtbühne feiern

Die Bänke sind bis auf den letzten Platz gefüllt, die Kerzen brennen und laut ertönt es aus hunderten Kehlen: „Christus, der  Retter ist da“. Vielleicht ist es genau diese Botschaft der Weihnacht´, vielleicht auch eine kleine Portion romantischer Verklärtheit  – fest steht jedenfalls: Weihnachten wird mit der Christmette eingeläutet! Doch was passiert, wenn eine dicht gedrängte  Gemeinde, wenn gemeinsames Singen und Feiern nicht vorstellbar ist? Muss Weihnachten dann etwa ausfallen? „Keineswegs,“  sagt Pfarrer Christoph Gundermann, der Leiter des Pastoralen Raumes Lennestadt, „ganz im Gegenteil haben wir so vielleicht  die Chance, die Heilige Nacht einmal auf eine ganz andere Weise zu erleben.“ 

Die Türen öffnen

„An Weihnachten feiern wir, dass Jesus in unser Leben gekommen  ist. Gerade in ungemütlichen Zeiten sollten wir  ihm die Türen öffnen, ihn an unserer Seite wissen“, also ist  es Pfarrer Gundermann und dem Pastoralteam der katholischen  Kirchengemeinden in Lennestadt auch – oder gerade  – in diesem besonderen Jahr wichtig, die Christmette  mit möglichst vielen Gemeindemitgliedern zu feiern. In  der Gesellschaft beobachtet er eine neue Sensibilisierung  für die Zerbrechlichkeit des Lebens, eine Rückbesinnung  auf das, was wirklich wichtig ist. In einer Situation, in der  „Christus, der Retter ist da“ noch mal eine ganz andere  Bedeutung hat, möchten die Kirchengemeinden die Türen  öffnen, damit die Menschen diese Einladung annehmen  und Jesus ihr Herz öffnen können. 

Foto: Klaus-Peter Kappest
Foto: Klaus-Peter Kappest

An diesem besonderen Heiligabend würden die Kirchengebäude  im Pastoralen Raum Lennestadt allerdings nicht  ausreichen, um die Gemeinden mit genügend Abstand  unterzubringen; doch so lange wie einst Maria und Josef  mussten die Pfarrer nicht suchen, um eine geeignete „Unterkunft“  zu finden: „Die Freilichtbühne in Elspe bietet  unter den geltenden Abstandsregeln eintausend Menschen Platz, es gibt ein fertiges Hygiene und  Anmeldekonzept, und so fiel mir  direkt der Vorschlag eines Gemeindemitglieds,  auch dort mal eine Messe  zu feiern, wieder ein, als es um die  Planungen der Christmette ging“, erzählte  Pfarrer Gundermann noch vor  wenigen Wochen dem WOLL-Magazin. 

Schnell war der Kontakt zu Philipp Aßhoff, dem Geschäftsführer des „Elspe  Festival“, hergestellt, und da dieser  auch schon die gleiche Idee gehabt  hatte, waren keine Überzeugungskünste mehr nötig: Die  Gemeinden des Pastoralen Raums Lennestadt wollten die  Christmette auf der großen Freilichtbühne feiern – sofern  es die dann geltenden Maßnahmen zulassen. Und genau  die machen nun einen Strich durch die Rechnung. Nur wenige Stunden vor Redaktionsschluss dieser WOLL-Ausgabe erreichte die Redaktion die Nachricht, dass die  geplante Christmette auf der Karl-May-Bühne  aufgrund der neuesten Corona-Schutzverordnung  (Stand 2. Dezember 2020)  abgesagt werden muss. „Es ist schade,  aber wir müssen uns auf der vorsichtigen  Seite bewegen“, sagt Pfarrer  Gundermann. Thomas Schauerte,  Verwaltungsleiter im pastoralen  Raum Lennestadt, meint: „Wir  sind dem Elspe-Festival sehr dankbar,  dass sie uns so großartig unterstützt  haben.“ Was nicht ist, könne ja  noch werden. Nicht ausgeschlossen sei  beispielsweise die Osternacht, so Corona  das denn zulässt. Elspe-Festival Geschäftsführer  Aßhoff blickt optimistisch in die Zukunft: „Es wäre sehr  schön gewesen. Aber wenn nicht jetzt, dann eben später!“ 

Die „Stille Nacht“ im Schatten der Felsen

„Unsere Weihnachtstraditionen sind schön, doch vielfach  haben wir uns so sehr an sie gewöhnt, dass wir sie gar nicht  mehr hinterfragen. Der Kern, die eigentliche Botschaft, ist  doch die Freude darüber, dass Gott Mensch geworden ist  und in seinem Sohn in unser Leben gekommen ist. Dies  noch einmal neu zu erleben, einen anderen Zugang zu finden,  halte ich für eine große Chance.“, hatte Pfarrer Gundermann  noch vor wenigen Wochen auf die Frage geantwortet,  ob die Planung nicht auch eine Herausforderung  sei. 

Winnetou-Schauspieler Jean-Marc Birkholz. Foto: Stefanie Funke
Winnetou-Schauspieler Jean-Marc Birkholz. Foto: Stefanie Funke

Vermutlich wäre zwar das Licht der Kerzen von der riesigen  Naturbühne verschluckt worden… Doch sei es nicht  genau diese Dunkelheit, in die das Licht der Welt geboren  wurde? „So werden wir viel näher ans  biblische Geschehen herankommen. In  der Krippe war es schließlich auch nicht  mollig warm…“, gab Pfarrer Gundermann  in unserem ersten Gespräch  zu bedenken. Doch das ist nun alles  nicht mehr möglich. Gundermann:  „Wir werden in den zwölf Pfarrkirchen  in Lennestadt die Christmette  feiern. Mit den dann gültigen Abstandsregeln.“  Gemeinschaft erleben trotz Abstand – auf  der Freilichtbühne wäre dies für Christen wohl  ein einmaliges Erlebnis geworden. Selbst der langjährige  „Winnetou“ Darsteller Jean-Marc Birkholz, der in  Minsk lebt, hatte die ursprüngliche Idee gelobt: „Für die  Christmette gibt es wohl kaum einen authentischeren Ort  als den Rübenkamp. Die Ställe in der Nähe, umgeben von  der Natur; wenn dann noch gesungen wird, kommt bestimmt  eine magische Stimmung auf … Karl May wäre  glücklich gewesen, Weihnachten dort zu erleben, wo Winnetou  normalerweise seinen Friedensappell hält!“ 

Nun ist alles anders. Aber nicht hoffnungslos.