Christliche Menschenliebe und Versöhnung

Zimmer in der Gedenk- und Begegnungsstätte mit Möbeln von Franz Stock aus seiner Pariser Wohnung

NRW-Stiftung fördert erneut Franz-Stock-Gedenkstätte

Eine Gedenktafel und der Name der Straße weisen darauf hin, dass das Haus Nr. 18 in der Neheimer Franz-Stock-Straße eine museale Gedenk- und Begegnungsstätte beherbergt. Sie will die Erinnerung an das von tiefer christlicher Menschenliebe und Versöhnungswillen geprägte Wirken von Franz Stock wachhalten.

Porträt von Franz Stock mit Stacheldraht- und Gitterstäbensymbol, gemalt von seinem Schwager Pierre Savi

1904 geboren, wuchs Franz Stock in diesem Haus seiner Eltern auf. Als Priester wurde er 1934 Rektor der deutschen katholischen Gemeinde in Paris. Ab 1940, als Paris von deutschen Truppen besetzt war, war er zusätzlich verantwortlicher Seelsorger der Pariser Gefängnisse, in denen vorwiegend französische Widerstandskämpfer inhaftiert waren. Da die deutschen Besatzer diese zu Geiseln erklärt hatten, mussten sie ohne Urteil mit der Exekution rechnen (bis zu 100 Geiseln für einen getöteten Deutschen). Obwohl Franz Stock offiziell der deutschen Wehrmacht angehörte, setzte er sich mit großer Aufopferung und Nächstenliebe für die Franzosen ein, die ein grausames Schicksal erwartete: Es waren weit über 1.000 Gefangene, die der Priester auf ihrem schweren Gang zur Hinrichtungsstätte begleitete. Zuvor hatte er ihnen in der Todeszelle unermüdlich seelsorgerischen Beistand geleistet, wenn sie zum Beispiel letzte Worte für die Angehörigen schrieben. Heimlich brachte er Mitteilungen in das und aus dem Gefängnis und übermittelte auch die Todesnachricht.

Am Ende des Krieges kam Franz Stock als amerikanischer Kriegsgefangener in ein französisches Lager. Dort wurde er Leiter einer Bildungsstätte für deutschsprachige Priester und andere Geistliche, die im „Stacheldrahtseminar“ auf ihre Aufgaben in der Nachkriegszeit vorbereitet wurden. Diese französisch initiierte Einrichtung kann als Wegbereitung zur deutsch-französischen Aussöhnung angesehen werden. Franz Stock starb 1948 an Herzversagen.

Lebendige Erinnerung

Elternhaus von Franz Stock, heute Gedenk- und Begegnungsstätte

In der Neheimer Gedenkstätte findet man sich in einer zwar engen, aber gemütlichen Wohnung im Stil der Vorkriegszeit mit Stocks Möbeln aus seiner Pariser Zeit wieder, als hätte er gerade das Zimmer verlassen. Eine Unmenge von Fotos und Gemälden, die teils von Stock selbst stammen, rufen Erinnerungen an diesen auch in Frankreich verehrten „Seelsorger in der Hölle“ wach. Das Franz-Stock-Komitee, das die Erinnerungsstätte betreut, ist froh, dass die NRW-Stiftung, die 2020 bereits 90.000 Euro zur Verfügung stellte, nochmals 50.000 Euro vergibt. Dadurch wird ein Anbau ermöglicht, der auch für größerer Besuchergruppen wie Schulklassen und für Veranstaltungen Raum schafft.