Bürgermeister Bartsch und Wirtschaftsförderer Becker:

Bürgermeister Bartsch und Wirtschaftsförderer Becker

„Bürgerinnen und Bürger sind stolz auf Brilon“

„Ich bin davon überzeugt, dass unsere Bürgerinnen und Bürger auf ihre Hansestadt Brilon stolz sind. Wir haben im Vorfeld der für 2020 geplanten internationalen Hansetage einen Prozess durchlebt, wo das sehr deutlich wurde. Das wäre die größte Veranstaltung gewesen, die Brilon in seiner Historie gesehen hätte.“ Brilons Bürgermeister Dr. Christof Bartsch spricht im Konjunktiv, weil Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. „Im Vorfeld merkte man, mit wie viel Begeisterung mitgemacht wurde. Das zeigt mir eine hohe Identifikation der Bürgerinnen und Bürger“, so der Bürgermeister. Das WOLL-Magazin traf Dr. Bartsch und Wirtschaftsförderer Thomas Becker zum Interview.

Zusammenhalt und Miteinander

Über den Zusammenhalt zwischen der Kernstadt Brilon und den verschiedenen Dörfern berichtend, hebt der Bürgermeister den Weg zum Miteinander hervor. Die kommunale Neugliederung vor 50 Jahren erforderte eine neue Zusammenarbeit. „Dörfer konnten zuvor selbstbestimmt handeln, hatten ihr eigenes Vermögen, einen Gemeinderat und einen Bürgermeister. Auf einmal waren sie in einem größeren Komplex, der Stadt Brilon, eingebunden. Heute kann es als gelungener Prozess angesehen werden, der immer auf Augenhöhe passierte. Dieser Lernprozess wurde durch die Menschen selbst betrieben, zum Beispiel die Feuerwehr, die Schützen, die kirchlichen Verbände und den Stadtsportverband, der sich gegründet und die Vereine unter ein Dach gebracht hat. Die Skepsis zu Beginn konnte dadurch aufgelöst werden, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst die Initiative ergriffen haben“, so Dr. Bartsch.

Deutlich stellt der Bürgermeister fest, dass der Wert der Dörfer nicht hoch genug geschätzt werden kann. „Wir achten in Brilon sehr auf die Infrastruktur und die Maßnahmen und Ausgaben, die dahinterstecken. Es muss eine angemessene Verteilung zwischen der Kernstadt und den Dörfern sein. Wir achten streng darauf, dass die Bewohner von vorneherein einbezogen werden“, erklärt der Bürgermeister. 

Beachtliche wirtschaftliche Entwicklung

Bartsch und Becker betonen, dass der Wirtschaftsstandort Brilon sich enorm entwickelt hat. Mittlerweile gibt es in der Hansestadt fast 14.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Dr. Bartsch: „Das sind deutlich über 50 Prozent, bezogen auf die Einwohnerzahl und im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden ist das beachtlich. Ein anderes Kriterium ist das Gewerbesteueraufkommen: 2002 etwa 8 Millionen Euro, 2014 etwa 15,2 Millionen und 2024 vermutlich etwa 32 Millionen Euro. Aktuell haben wir eine Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent. Wir hängen natürlich am Faden der Konjunktur, doch die Branchen sind hier zum Glück sehr breit aufgestellt.“

Stark vertreten ist in Brilon das gesamte Cluster Holz in der vollständigen Wertschöpfungskette: vom Holzlieferanten bis zur verarbeitenden Industrie. Wichtig sind zudem der Maschinenbau, die Elektro- und Ladeindustrie mit Unternehmen, die ihre Produkte weltweit verkaufen. Auch Land- und Forstwirtschaft sind wichtig; nicht mehr so präsent im Stadtkern, doch im Stadtgebiet landschaftsprägende Branchen. Bürgermeister Bartsch: „Brilon ist mit 7.804 Hektar Wald größter kommunaler Waldbesitzer. Ungefähr die Hälfte unseres Stadtgebietes ist bewaldet.“

Brilons Wirtschaftsförderer Thomas Becker
Brilons Wirtschaftsförderer Thomas Becker

Herausforderung Fachkräftemangel

Thomas Becker sieht im Fachkräftemangel die größte Herausforderung für Brilon. „Es ist schwierig, Arbeitskräfte zu gewinnen, egal, ob das Ingenieure oder Facharbeiter sind. Das gilt auch für junge Menschen, um sie für eine Ausbildung zu begeistern oder vielleicht für ein duales Studium. Als Stadt versuchen wir ein attraktiver Wohn- und Lebensort mit einem ausgezeichneten Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot zu sein. Eine Dauerbaustelle ist die Suche nach Wohnraum. Weder in der Innenstadt noch auf Brilons Bürgermeister Christof Bartsch den Dörfern haben wir davon genug. Wir bräuchten mehr Bauplätze und sind in regelmäßigem Austausch mit der Bezirksregierung.“

Dazu Bürgermeister Bartsch: „Wirtschaftsförderung ist tatsächlich von zentraler Bedeutung. Darum sind wir sehr aktiv, um für alle Schüler adäquate und gute Bildung zu gewährleisten. Und wir legen viel Wert auf eine gute Gesundheitsversorgung, sowohl stationär als auch ambulant. Der aktuelle Stand ist besser, als wir das noch vor fünf oder sechs Jahren einschätzen konnten. Die Krankenhausplanung NRW ist jetzt in der finalen Phase und wird vermutlich zum 1. April umgesetzt. Da haben wir sehr gute Verhandlungsergebnisse für unser städtisches Krankenhaus, was die Fachbereiche, die uns zugewiesen sind, angeht. Wir haben gute Hoffnung, dass wir die geforderten Standards bedienen können, was Fachkräfte und Ärzte für die Fachbereiche angeht.“

Brilons Bürgermeister Christof Bartsch
Brilons Bürgermeister Christof Bartsch

Marktplatz, Rothaarsteig und Waldfreibad

Brilons Bürgermeister deutet auch die allgemeinmedizinische Versorgung an. „Die Probleme sind bekannt. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wollen heute nicht mehr der Landarzt sein, der 24/7 verfügbar ist. Das ist einfach ein Zeichen der Zeit und darauf muss man sich einstellen. Für Brilon war das eine große Herausforderung, weil wir in die Unterversorgung gerutscht waren. Zum Glück konnten wir das Problem im letzten Jahr, eigentlich schon ab 2017, auflösen. 2017 haben wir ein städtisches MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) als Tochtergesellschaft unseres Krankenhauses gegründet.“

Thomas Becker ergänzt als Wirtschaftsförderer: „Unser städtisches Krankenhaus ist ein großer Arbeitgeber. Die Caritas mit ihren Pflegeeinrichtungen, Wohnheimen und Werkstätten ist der zweitgrößte Arbeitgeber von Brilon. Das alles sind sehr wichtige Arbeitsplätze. Der Mix ist wichtig. Nicht jeder will in der Industrie arbeiten, manche lieber im sozialen Bereich. Als Stadt muss man eine gewisse Vielfalt an Arbeitsplätzen haben, um attraktiv zu sein. Das gilt  zum Beispiel auch für das Handwerk. Wir haben eine sehr engagierte Handwerkerschaft, die versucht, ihre Berufe nach außen zu tragen und zu promoten, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.“

Zum Schluss stellt sich die Frage nach drei touristischen Highlights, die man im Briloner Stadtgebiet unbedingt sehen muss. Bürgermeister und Wirtschaftsförderer sind sich einig: Sie erwähnen als erstes die Briloner Innenstadt mit dem gesamten Ensemble rund um den Marktplatz, mit dem alten Rathaus und dem Museum Haus Hövener sowie dem Gastronomieangebot. Die Innenstadt zeigt nach Meinung von Bartsch und Becker die Historizität von Brilon und die Gastfreundschaft. An zweiter Stelle kommt der Rothaarsteig, der in Brilon beginnt und als repräsentativ für den Wandertourismus in der schönen Briloner Natur gilt. An dritter Stelle kommt das Waldfreibad in Gudenhagen, weil es nach Aussagen der beiden Briloner dasschönste Freibad in Deutschland ist.