„Zur alten Post“ in Bremen
Es ist ein Schicksal, das viele Dörfer bereits ereilt hat: die letzte Gaststätte steht leer. Das gilt auch für Bremen und liegt nicht allein an Corona. Mit einer Bürgergenossenschaft soll das ortsbildprägende Fachwerkhaus zwischen Rathaus und St. Lambertuskirche wieder zum Leben erweckt werden.
Lange Zeit war die Gaststätte „Zur alten Post“ eine feste Größe im Enser Zentralort. Hier wurden hungrige Mägen gefüllt und feuchtfröhliche Abende am Tresen verbracht. Im Saal wurden Familienfeste gefeiert und Vereinstreffen abgehalten. Hier fand das Kaffeetrinken nach der Beerdigung auf dem nahegelegenen Friedhof statt. Touristen und Geschäftsreisende kamen in den Hotelzimmern unter. Von Anfang an war das 1825 erbaute und in den 1960er- und 1980er-Jahren erweiterte Fachwerkgebäude als Gaststätte konzipiert – seinerzeit freilich noch mit Pferdestall.
Mit Anbruch des neuen Jahrtausends wechselten die Pächter immer schneller. Zwischenzeitlich war die Alte Post immer mal wieder geschlossen. Investitionsstau im Gebäude sorgte zuletzt dafür, dass es immer schwieriger wurde einen neuen Pächter zu finden. Der Eigentümer dachte bereits über Abriss und Neubau nach. Problemlos möglich, weil das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht. „Wir wollen das ortsbildprägende Gebäude und die Gastwirtschaft erhalten“, sagte Ex-Bürgermeister Hubert Wegener. Und auch sein Nachfolger, Rainer Busemann, teilt diese Meinung.
Um einen schnellen Abriss zu verhindern, pachtete die Gemeinde das Gebäude kurzerhand selbst. Mittlerweile hat sich eine Gruppe von 18 engagierten Bürgern zusammengeschlossen, um eine Bürgergenossenschaft zu gründen. „Die ersten Gespräche waren durchaus von Skepsis begleitet. Wir wussten nicht, was wir für die Gründung einer Genossenschaft tun müssen und ob wir genügend Mitglieder finden“, sagt Markus Spiekermann vom Initiatorenkreis.
Sein Mitstreiter Markus Bahne macht deutlich, was das Ziel der Genossenschaft ist: „Uns geht es primär um den Erhalt und die Sanierung des Gebäudes, damit hier wieder ein Gastronom tätig werden kann. Wir werden die Gaststätte jedoch nicht selbst betreiben.“
Um das Gebäude für Pächter attraktiv zu machen, muss renoviert und saniert werden. Die Gruppe, die auch einen Businessplan erstellt hat, rechnet im ersten Schritt mit einem Investitionsvolumen von rund 750.000 Euro. Wichtigste Säule, um diesen Betrag zu finanzieren, sind die Genossenschaftsmitglieder. Jeder, der das Vorhaben unterstützen will, kann Anteile zeichnen. Ein Anteil kostet 1.000 Euro und ist mit einem Stimmrecht verbunden. Mehrere Anteile können gezeichnet werden, führen aber nicht zu mehr Stimmrecht.
Doch auch wenn jetzt schon über 200 Interessenten auf der Warteliste stehen – und einige bereits beteuert haben, mehrere Anteile zu zeichnen – wird das vermutlich nicht reichen. „Wir werden wahrscheinlich zusätzliches Fremdkapital benötigen“, sagt Markus Bahne. Zudem verspricht man sich Fördergeld aus entsprechenden Programmen. Die Gemeinde Ense beteiligt sich mit 25.000 Euro ebenfalls an der Genossenschaft und hat einen Gründungszuschuss in Höhe von 50.000 Euro in Aussicht gestellt.
„Wir wissen, dass es gerade eine schwierige Zeit ist. Handwerker sind ausgebucht und die Preise für Material steigen. Außerdem finden Gastronomen kaum noch Mitarbeiter“ erzählt Markus Spiekermann. Trotzdem ist das Team zuversichtlich die ersten Arbeiten schnell vorantreiben zu können. Markus Bahne ist optimistisch: „Ich kann mir Mitte nächsten Jahres als Eröffnungsdatum vorstellen, weiß aber auch, dass ich da sehr mutig bin.“
Nach erfolgreicher Gründung steht zunächst der Kauf der Immobilie an, bevor die Handwerker ihre Arbeit verrichten können. Gleichzeitig wird in Zusammenarbeit mit der Brauerei nach einem geeigneten Pächter gesucht. Als erster Pächter fungiert der Enser Getränkehändler Elmar Suermann, der der Genossenschaft eine gewisse Planungssicherheit bietet. Er will die Gastronomie und das Hotel aber nicht selbst betreiben, sondern weiterverpachten. „Der Erfolg des gesamten Vorhabens steht und fällt mit der Qualität des Gastronomen. Wir wollen einen Pächter finden, der nicht nur von 17 bis 22 Uhr geöffnet hat, sondern ab dem Vormittag und eine große Bandbreite bietet“, so Markus Spiekermann.
Eine Genossenschaft ist kein gemeinnütziger Verein. Sie muss darauf hinarbeiten, schwarze Zahlen zu schreiben und darf nicht allein der Liebhaberei nachgehen. „Wir wollen unseren Mitgliedern natürlich irgendwann einmal eine Rendite zahlen“, sagt Christian Häken. Im Herbst wird es deshalb die Möglichkeit geben die Räumlichkeiten zu besichtigen und sich an einem Infostand über das Genossenschaftsmodell zu informieren.
Wer sich für das Projekt interessiert und es unterstützen möchte, findet auf der Website weitere Informationen: www.altepostense.de