Blueskalender von Martin Feldmann

WOLL Sauerland Blues

Martin Feldmann (59) ist Journalist und Sammler. Journalist durch seinen beruflichen Werdegang. Sammler, weil er die Musik, speziell den Blues, liebt. In seinen Regalen stehen meterweise Tonträger, darunter wahre Goldstücke auf Vinyl. Drumherum sind die Wände mit Plakaten und Fotos der Szene bedeckt. Auf den ersten Blick wird klar: Hier atmet der Blues. In den späten 1970er- und den 1980er-Jahren bereiste Feldmann mehrmals die USA, besuchte die Blues- Metropolen des Landes, wo die Besten des Genres die Clubs zum Kochen brachten, und machte Unmengen von Fotografien – von Konzerten und Gigs, legendären Orten oder zufälligen Begegnungen. Viele dieser Ablichtungen lagern seit Jahrzehnten in Kisten.

WOLL Sauerland Blues

Jimmy Davis (1925-1995), ein Original von und auf der berühmten Maxwell Street in Chicago.


Nun hat der gebürtige Olper begonnen, seine Archivalien zu sichten. Seine Kalender und Ausstellungen – unter anderem im Oktober im Alten Lyzeum in Olpe – zeigen großartige Vintage- Fotografien und erlauben eine vielsagende Reise in die Welt des echten Blues, die jedem Fan und Kenner das Herz aufgehen lassen. Man begegnet Musikern wie Buddy Guy, Junior Wells oder Bobby „Blue“ Bland und spürt die wahre Blues-Atmosphäre auf der Straße, im Barber Shop oder im sagenumwobenen „Poor Ike´s Blues Room“ im einstigen New Michigan Hotel, das in den 1920er Jahren Residenz von Al Capone war. Weil WOLL eine gute Reiseleitung schätzt, haben wir uns mit Martin Feldmann getroffen.
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„Sinatra des Blues“ wurde er auch genannt: Bobby Blue Bland mit seinem charakteristischen Gurgellaut († 2013) rechts und Wayne Bennett (†1992) links, 1981.


Hallo Martin, wie bist du auf den Blues gekommen?
Auslöser war mein Musiklehrer am Städtischen Gymnasium Olpe, Horst Schmitz. Dann habe ich mir die verschiedenen Sendungen im Radio angehört. 1973 fing ich an, Platten in den USA bei Alligator Records in Chicago zu bestellen. Mit Briefumschlag und Dollars drin. Zwei bis drei Monate später kamen die Scheiben als Schiffspost.
Erinnerst du dich noch an deine ersten Vinyls?
An die ersten zehn bis 20. Eine war das Debutalbum von Hound Dog Taylor, gleichzeitig die erste Veröffentlichung von Alligator Records. Das Cover zeigt den Musiker mit seiner Gitarre. Das Motiv hat sich dann die hier heimische „Slidin‘ Alex & The Downhome Bluesband“ aufs T-Shirt drucken lassen. Die planen jetzt zur Olper Ausstellung nach zwanzig Jahren Pause ein Revival.
Was ist so faszinierend am Blues?
Blues ist ein Lebensgefühl. Dahinter steht eine ganze Kultur, die der Afroamerikaner. Blues ist was für Underdogs. Das ist mir sympathisch. Die richtigen Typen von früher gibt es heute nicht mehr. So wie T-Bone Walker, Muddy Waters oder John Lee Hooker. Und mit B.B. King ist einer der letzten Großen gestorben. Auch wenn es in den USA noch immer eine große Szene gibt, ihre Ursprünglichkeit hat sie längst verloren.
Wie kamst du dazu, die alten Negative zu entstauben?
Es war die Idee von den Olper Brüdern Bernd und Michael Alexander, beide übrigens von der „Slidin‘ Alex & The Downhome Bluesband“. So nach dem Motto „Retro ist voll im Trend“. Der erste Kalender kam 2013 raus. Daraufhin wurde ich angesprochen, mal eine Ausstellung zu machen.
Die Bilder sind noch nie gezeigt worden…
Manche schon. Vor allem in den 1980er-Jahren in Reportagen, die ich für die Frankfurter Rundschau oder Musikmagazine wie „Jazz Podium“ geschrieben habe, oder in Magazinen in den USA. Rund 300 Fotos kann man auch in der Datenbank der University of Mississippi, Oxford, finden.
Du hast damals mehrere Reisen auf den Spuren des Blues in den USA unternommen …
Meine erste 1979. Von New York nach Chicago, dann in den Süden bis Mississippi, Louisiana und Texas. Später noch einmal das Ganze umgekehrt. Dreimal ging es auch an die Westküste – Los Angeles und San Francisco. Zuletzt 1988.
Welcher Ort, welche Atmosphäre hat dich am meisten angesprochen?
Ich denke, die schwarzen Blues-Clubs auf der South und West Side Chicagos – und die Open-Air-Musik auf der Maxwell Street in Chicago. Als Weißer in den Black Neighborhoods fällst du echt auf. Die Atmosphäre ist klasse, weil authentisch.
Was macht deiner Meinung nach ein herausragendes Fotos aus?
Das Wichtigste ist wohl, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Den ganzen Schnickschnack, den man oft mit sich rumträgt, braucht man eigentlich nicht. Hauptsache ist, die Stimmung einzufangen. Damals in den USA hatte ich zwar eine ziemliche Ausrüstung dabei. Abends aber war ich dann doch nur mit einer Pocket unterwegs.
Bisher sind drei Kalender erschienen. Sie stießen in Deutschland, aber auch in Amerika und in England auf Interesse. Wird es im kommenden Jahr einen neuen geben?
Ja. Einen Wandkalender unter dem Motto „Sweet Home Chicago“. Die Suche in den vielen Aufnahmen ist auch für mich ganz spannend. Ich habe alleine ungefähr 3.200 Aufnahmen auf Negativen.
In Olpe ist die Ausstellung „Further on up the Road“ drei Wochen lang zu sehen. Und dann?
Dann geht sie für drei Monate in die Stadtbibliothek nach Neu-Isenburg.
Du warst fast 30 Jahre als Redakteur bei der Frankfurter Rundschau, schreibst jetzt als Freelancer für verschiedene Musikmagazine und Zeitschriften und machst auch Reisereportagen vom anderen Ende der Welt. Was ist dein aktuellstes Projekt?
Ein Buch über die Geschichte des legendären Frankfurter Musikclubs „Sinkkasten“.
Du stammst aus Olpe, hast hier dein Abitur und in Siegen dein Volontariat gemacht und wohnst seit Mitte der 1980er-Jahre im Raum Frankfurt am Main! Was bedeutet dir heute das Sauerland?
Ich mag das Sauerland. Wenn ich im Sommer hier bin, zelte ich. Und natürlich schmeckt mir das Pils. Ich würde sagen, in den letzten 20 Jahren hat sich in Olpe viel getan.
Du bist also immer noch ein Sauerländer?
Hesse bin ich ganz sicher nicht. Zunächst erstmal Westfale. Und den Sauerländer in mir, den leugne ich bestimmt nicht.
von B. Engel [Text] und M. Feldmann [Fotos]
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