Bäckerfachschule in Olpe – fast 100 Jahre Faszination und Leidenschaft

Mit Vielseitigkeit und modernster Ausstattung Fachkräfte ausbilden

Die Erste Deutsche Bäckerfachschule in Olpe gehört zur „Akademie Deutsches Bäckerhandwerk“, einem deutschlandweiten Verbund aus neun Fachschulen. Die Privatschule ist ein gemeinnütziger Verein in Trägerschaft des Bäckerinnungsverbands West und erfüllt den Auftrag, die Bildung im Handwerk zu fördern. Der Landesinnungsmeister Christian Modersohn gründete 1926 die erste deutsche Bäckerfachschule, in der heute über 100 Meisterschüler pro Jahr ihre Kurse und Prüfungen absolvieren, davon sind rund 50 Prozent Bäcker und 50 Prozent Meister in anderen Berufen.

Bereits vor dem Gebäude weht mir der unvergleichliche Duft von frischem Brot entgegen und lässt mich die Faszination fürs Backen erahnen. In der Backstube herrscht geschäftiges Treiben, um aus wenigen Zutaten mit den eigenen Händen kreativ neue Produkte zu erschaffen – die Meisterschüler sind mit Eifer am Werk.

Brot ist Immaterielles Kulturerbe in Deutschland (UNESCO)

Mit rund 3.200 verschiedenen Brotsorten ist Deutschland das sortenreichste Land der Welt, was auf die historische Kleinstaatlichkeit und Konkurrenz der Kurfürsten in den vergangenen Jahrhunderten zurückzuführen ist. Heute dient Brot nicht bloß zu Ernährungszwecken, sondern ist vielmehr ein Genussmittel, zudem nehmen der Gesundheitsaspekt und die Qualität des Produkts einen immer höheren Stellenwert ein. So entstehen zunehmend Brotmanufakturen, die sich auf wenige Brotsorten beschränken und auf maximale Qualität setzen. Das ist auch daran zu erkennen, dass einige Discounter bereits mit Bäckereien vor Ort zusammenarbeiten und deren frische Produkte vermarkten. „Brot ist viel mehr als ein Handwerksprodukt, es ist ein Nahrungsmittel, das Genuss und Emotionen verbindet“, drückt Wolfgang Vollmer, Schulleiter am Standort Olpe, seine Leidenschaft für das Bäckerhandwerk in einem Satz aus. „Es sind die Wertschätzung und schöpferische Tätigkeit, die das Handwerk ausmachen. Jeden Tag Menschen mit den einzigartigen Produkten glücklich zu machen und immer wieder neue Kreationen zu entwerfen – etwas Schöneres gibt es nicht.“

Modulares System für fachübergreifende Meisterkurse und vielfältige Fördermöglichkeiten

Das duale Ausbildungssystem, das seit dem Berufsbildungsgesetz 1969 besteht und sich aus der praktischen Ausbildung im Betrieb sowie der Berufsschule und überbetrieblichen Lehrgängen zusammensetzt, ist in Deutschland beinahe einzigartig, und das deutsche Handwerk deshalb im Ausland hoch angesehen. Die Erste Deutsche Bäckerfachschule in Olpe ist breit aufgestellt und bietet neben den Fachlehrgängen für Bäckerund Fachverkäufer-Azubis auch Meisterkurse für Bäcker und Konditoren sowie Qualifizierungsmaßnahmen für Quereinsteiger im Verkauf an.

Eine Besonderheit sind zudem die Inhouse-Seminare, Tagesseminare, die in den Bäckereien vor Ort stattfinden, wie etwa Mitarbeiterführungsseminare oder Verkaufsschulungen. Die Meisterkurse bestehen aus vier Modulen, von denen die ersten beiden fachspezifisch sind und ausschließlich für Bäcker und Konditoren angeboten werden, während die Module 3 und 4 fachübergreifend die Themen BWL und Pädagogik umfassen und deshalb von Meisterschülern aller Handwerksberufe belegt werden können. So kann es sein, dass in einem Kurs angehende Bäckermeister gemeinsam mit Dachdeckern, Orthopädieschuhmachern oder Tischlern aus ganz Deutschland lernen.

Zusätzlich werden Kurse für „Berufliche Orientierung für Zugewanderte“ angeboten, die die Teilnehmer praktisch auf den Einstieg in eine Ausbildung oder die Einstiegsqualifizierung vorbereiten. Seit zwei Jahren gibt es zudem eine Kooperation mit der FH Mannheim, an der Bäckereimanagement als neuer Studiengang gelehrt wird. Die Finanzierung der Meisterkurse muss heute auch kein Hindernis mehr darstellen, da Meisterschüler neben dem deutlich angehobenen Meister-Bafög eine Meisterprämie bekommen und zusätzliche Unterhaltsförderung von der Kfw-Bank beantragen können. Ab Sommer 2025 wird zusätzlich der Lehrgang „Betriebswirt des Handwerks“ für Meister aller Handwerksberufe angeboten, der ebenfalls Bafög-förderfähig ist.

Entwicklung und Imagewandel im Bäckerhandwerk

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Betriebe zurückgegangen, es gibt weniger Backstuben, aber mehr Verkaufsfilialen. Da der Einsatz von Technik die körperliche Arbeit erleichtert, ist Bäcker schon lange nicht mehr der typische Männerberuf. So sind heute in den Backstuben viele Bäckerinnen und Bäckermeisterinnen anzutreffen, in den Meisterkursen machen Frauen bereits über ein Drittel aller Teilnehmer aus.

Die Erste Deutsche Bäckerfachschule wird ihrem überregional sehr guten Image mit einer großen Vielfalt an Kursen gerecht und bietet mit einer modernen Unterkunft, Vollverpflegung und exklusivem Freizeitprogramm ein Rundum- Wohlfühl-Paket für die Kursteilnehmer. „Das Miteinander in unseren Kursen ist unglaublich wertvoll“, so Schulleiter Christian Bertelsbeck, „tatsächlich verabschiedeten sich schon viele Teilnehmer am Ende des Kurses unter Tränen, weil die schöne Zeit zu Ende ging. Eine große Stärke unserer Schule ist auch die Evaluation und die stetige Modernisierung. Wir holen von jedem Teilnehmer Feedback ein und versuchen uns so immer weiterzuentwickeln und zu verbessern.“

Eine weitere Besonderheit ist der Olper Backwaren-Design- Preis, der in jedem Meisterkurs als Wettbewerb unter den Meisterschülern verliehen wird und in Deutschland einzigartig ist. Außerdem wurden kürzlich für über acht Millionen Euro neue Räumlichkeiten geschaffen und bestehende renoviert, und über eine Millionen Euro wird zurzeit in die Digitalisierung investiert.

„Ich kann nur jedem raten, ein Praktikum beim Bäcker zu machen, es einfach auszuprobieren“, appelliert Bertelsbeck an junge Menschen, die noch nicht wissen, wo sie beruflich Fuß fassen wollen, oder solche, die sich umorientieren möchten. „Bei mir war es auch eher Zufall. Ich musste damals ein Schülerpraktikum machen und mein Vater schlug mir vor, in die Bäckerei zu gehen – von der ersten Minute an war ich fasziniert von dem Handwerk und bin es bis heute!“ Da ist sie wieder, die Faszination Bäckerhandwerk – und der Geruch von frischem Brot begleitet mich nach draußen. Nach knapp 100 Jahren sind Faszination und Leidenschaft für das Bäckerhandwerk an der Fachschule so präsent wie nie.  

Quelle: WOLL Magazin