Aus Attendorn zu den „Rosenheim-Cops“

„Meine Herren, alles Weitere nach der Obduktion“, die Pathologin Dr. Sabine Eckstein – dargestellt von Petra Einhoff in einer Szene der erfolgreichen ZDF-Serie „Die Rosenheim-Cops“.

Quelle: ZDF/Christian Rieger

Karriere der Schauspielerin Petra Einhoff

„Sie war als junges Mädchen ein wunderbares Kind: aufgeweckt, liebevoll, zugänglich, offen und lustig“, erinnert sich die in Heggen geborene und seit vielen Jahren in Meran in Südtirol lebende Marlies Bauer (geb. Drixelius), die in den 70er Jahren oft auf Petra und ihre Geschwister in Attendorn aufpasste. „Wenn ich sie heute im Fernsehen bei den „Rosenheim-Cops“ sehe – sage ich mir immer, sie ist das Abziehbild ihrer lieben Mutter. Und mir läuft ein Schauer über den Rücken…“ Aus dem Schulkind Petra ist längst eine erfolgreiche deutsche Schauspielerin, Sängerin und Synchronsprecherin geworden: Petra Einhoff, 1963 in Attendorn geboren, als viertes von sechs Kindern. Mutter Hausfrau, Vater Zahnarzt. Seit 1983 lebt Petra in München. Gisbert Baltes, der sie aus jungen Jahren in Attendorn ebenfalls in bester Erinnerung hat, sprach mit ihr über ihre Heimatstadt, die Karriere, über ihr Leben in München und – die bevorstehende Hochzeit …

WOLL: Petra, welche besonderen Erinnerungen hast du an deine Kindheit?

Eine große Familie mit sechs Kindern und Hausmädchen und Riesentöpfe, in denen das Mittagessen gekocht wurde. Außerdem war immer was bei uns los.

Als mein Bruder mit zwei Jahren aus dem 3. Stock vom Balkon fiel und mit einem Schädelbasisbruch überlebte, fragte mein Vater mich später, warum ich ihn nicht hätte auffangen können?! Da war ich vier!

WOLL: Was wolltest du als kleines Mädchen gerne werden?

Ich wollte immer Sängerin werden! Wenn Samstagabends die ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck kam, habe ich mich mit einer Haarbürste als Mikrophon vor den Fernseher gestellt und mitgesungen.

WOLL: Deine Mama war Hausfrau, Papa Zahnarzt. In Attendorn kannte ihn jeder! Was hast du von den beiden gelernt?

Meine Mutter war eine tolle Frau und ist immer mein Vorbild geblieben. Sie war bescheiden, hat sich sozial engagiert, hatte Geschmack, Disziplin und war fleißig. Sie war eine sehr moderne Frau für ihre Zeit und sah blendend aus. Alle haben Sie bewundert, nicht nur ich.

Mein Vater war Big Daddy, das Oberhaupt der Familie. Er hat immer dafür gesorgt, dass es allen gut ging. Vielleicht hat er dabei zu wenig auf sich geachtet, er hat immer nur gearbeitet.

WOLL: Was bedeutete Attendorn für dich?

Attendorn ist die Stadt meiner Kindheit, meiner Wurzeln. Ich habe ein sehr wehmütiges Gefühl, wenn ich daran zurückdenke. Wir sind bis zum Tod unserer Mutter sehr behütet aufgewachsen.

WOLL: Was hast du an deiner Heimatstadt geliebt – was nicht?

Attendorn ist eine kleine Stadt mit großen Möglichkeiten. Heute würde man sagen mit hohem Freizeitwert: Ich bin als Kind geritten, hab an der Burg Schnellenberg Tennis gespielt und wir hatten ein Boot auf der Bigge. Obwohl ich schon als 10-Jährige in der Stadthalle bei einem Talentwettbewerb dabei war, waren kulturelle Ereignisse damals rar. Es gab kein Kino, nur ganz kurz das „Apollo“ in der Bahnhofsstraße und kein Theater. Das nächste wäre in Köln gewesen, was meiner Mutter mit den sechs Kindern zu weit war. Später hat die Stadt Attendorn mich mit meinem Gesangsprogramm in die Aula des Rivius-Gymnasiums eingeladen, eine große Ehre, und so hat sich der Kreis wieder geschlossen.

WOLL: Wann warst du zuletzt da, und wie war das?

Letztes Jahr haben wir Geschwister unser Elternhaus in Attendorn verkauft und waren natürlich auch auf dem Friedhof. Obwohl unsere Familie in alle Himmelsrichtungen verstreut worden ist, haben wir untereinander ein sehr enges Verhältnis und fahren jedes Jahr zusammen in den Urlaub. Ich bin sehr froh und dankbar über diesen inneren Halt, das gibt es nicht so oft! Außerdem ist es immer sehr lustig.

WOLL: Deine Mutter ist sehr früh gestorben, hat ihr Tod dein Leben in irgendeiner Weise verändert?

Meine Mutter ist nur 50 geworden, und ihr plötzlicher Tod hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt, nichts war mehr so, wie vorher. Sie war der Mittelpunkt der Familie.  

WOLL: Du bist dann nach ihrem Tod ins Internat „Schloss Eringerfeld“ in Geseke gegangen. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Ich habe gute Erinnerungen an das Internat. In der Pubertät ist man eh lieber mit Gleichaltrigen zusammen. Es war auch eine Befreiung, ich war dort nicht mehr die Tochter von Dr. Einhoff, sondern ich selbst. Zuhause wäre ich viel mehr an den Tod unserer Mutter erinnert worden.

Das Essen war leider im Internat nicht so dolle und als sie Stacheldraht auf die Dächer des „Mädchenbaus“ legten, um zu verhindern, dass die Jungs einstiegen, (was dennoch vorkam), fanden wir das damals natürlich „blöd“.

Aber „Checkpoint Charlie“, die hauseigene Disco, habe ich geliebt. „Saturday Night Fever“ ist gerade in die Kinos gekommen, ich war John Travolta-Fan und hab‘ dort geübt, auch so tanzen zu können.

WOLL: Deine Schulzeit im Internat führte jedenfalls dazu, dass du zum ersten Mal Theaterluft schnuppern konntest?

Ja, unsere Theaterpädagogin und Leiterin der Theater AG, Frau von Kutschenbach, zeigte mir zum ersten Mal eine ganz andere Welt, nach der ich gesucht hatte und zu der ich nun Zugang bekam. Sie war die erste, außer mir, die mich für talentiert hielt!

WOLL: Welche Rolle hast du in der Theatergruppe gespielt? Tobte das Publikum oder gab es Pfiffe?

Unter anderem spielte ich in „Bunbury“ von Oscar Wilde die Cecily. Übrigens war mein Partner in der Rolle des „Algernon“ Lazi Meyer-Landrut, der später für mehrere Jahre tatsächlich mein erster Freund war, übrigens der Vater von Lena Meyer-Landrut. Und, nein – es gab keine Pfiffe.

WOLL: War das der Moment, wo du dir sagtest: Ja – ich will Schauspielerin werden?

Ja, tatsächlich! Ich fragte Frau von Kutschenbach, ob sie mir diesen Beruf zutrauen würde und sie sagte ja. Viele Jahre später habe ich sie besucht, und sie war sehr froh, dass ihre Empfehlung die richtige Entscheidung für mich war. Mein Vater war danach allerdings nicht mehr so gut auf die Dame zu sprechen…

WOLL: Und wie ging’s dann nach dem Abitur weiter?

Unser Vater hätte mich gerne in seiner Praxis gesehen und bevor ich an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München aufgenommen wurde, habe ich ein halbes Jahr als Zahnarzthelferin bei ihm gearbeitet und sogar mal Abdrücke für Prothesen genommen.

Nach der Ausbildung war mein erstes Engagement am Mainfranken Theater in Würzburg. Mein Traum war es, in den Kammerspielen in München engagiert zu werden und als Dieter Dorn eine junge Schauspielerin für „Schlusschor“ von Botho Stauss suchte, fiel die Wahl auf mich.

Nach sieben Jahren, mit Anfang 30, wollte ich zum Film und ging sechs Monate nach Los Angeles. Für mich begann eine freie und glückliche Zeit. Als ich zurückkam, bekam ich die ersten Rollenangebote.

WOLL: Wann bist du zum ersten Mal im TV aufgetreten und in welcher Rolle?

1987 in „Eine glückliche Familie“ mit Maria Schell, oh Gott, ist das lange her!

In den neuen ARD-Folgen „Um Himmels Willen“ ab März 2022 sind sie Konkurrenten im Streit um das Bürgermeisteramt, privat verstehen sie sich bestens: Fritz Wepper und Petra Einhoff nach den Dreharbeiten.Quelle: privat
In den neuen ARD-Folgen „Um Himmels Willen“ ab März 2021 sind sie Konkurrenten im Streit um das Bürgermeisteramt, privat verstehen sie sich bestens: Fritz Wepper und Petra Einhoff nach den Dreharbeiten.

WOLL: Daraus wurde eine steile Karriere – in welchen Filmen, in welchen Serien hast du überall mitgewirkt?

Julia Roberts hat eine steile Karriere gemacht. Ich bin eher die Arbeiterin, nicht der Filmstar. Ich freue mich über jede der 45 TV-Produktionen, in denen ich mitgearbeitet habe. Die Schauspielerei ist ein sehr persönlicher Beruf, bei dem ich viel über mich gelernt habe. Je älter ich werde, desto entspannter bin ich. Das hätte ich mir früher für mich gewünscht!

WOLL: Parallel arbeitest du als Synchronsprecherin …

… ich habe meine Stimme unter anderen Cate Blanchett und Sarah-Jessica Parker geliehen. Für den Film „Kolya“ habe ich im Studio ein Lied synchron eingesungen. Mit einem ganzen Orchester zu singen, das war schon besonders!

WOLL: Welche besonderen Ereignisse bei oder am Rande von Dreharbeiten gehen dir nicht aus dem Kopf?

Als junge Schauspielerin in einer meiner ersten Rollen hatte ich einen cholerischen Regisseur, dessen Eskapaden erst Jahre später aufgedeckt wurden. Ich habe sehr unter seiner Abwertung gelitten.

Schauspieler sind sehr eigene Menschen. Sie können von großer Egozentrik sein, aber sich auch mit einer hohen Verletzbarkeit oder Verspieltheit zeigen. Das kann das Arbeiten am Set schwierig machen, aber auch wunderschön. Und so gibt es immer wieder Momente, die mich fordern oder bereichern.

WOLL: Im ZDF liefen kürzlich die alten Folgen der „Rosenheim-Cops“ mit dir als Rechtsmedizinerin „Frau Dr. Eckstein“ an der Seite von Joseph Hannesschläger, der als Kommissar und Landwirt „Korbinian Hofer“ die Zuschauer begeisterte und 2020 im Alter von 57 Jahren verstarb. Welche Erinnerungen sind damit verbunden?

Die Rosenheim Cops waren für mich sehr wichtig, bis heute werde ich auf der Straße als Frau Dr. Eckstein erkannt. Außerdem waren es wirklich schöne Dreharbeiten

mit einem unglaublich netten und kollegialen Team und herrlichen Locations in den Bergen. Mit Joseph habe ich gerne gearbeitet, wir kannten uns von früheren Dreharbeiten und aus der Münchner Theaterszene. Unser Verhältnis war freundschaftlich. Ab und zu gingen wir zusammen Essen, mit ihm die Rechnung zu teilen, konnte übrigens teuer werden, er war ja kein Kostverächter. Aber ansonsten war Joseph ein sehr großzügiger Mensch. Am 20. Januar 2021 war sein erster Todestag.

WOLL: Wie viele Folgen der „Rosenheim-Cops“ hast du gedreht?

Eine Staffel hat fünf bis sechs Folgen, im Jahr haben wir fünf Staffeln gedreht, das sind in sechs Jahren so an die 120 Folgen. Eine der Leichen, die ja von Statisten gespielt werden, wollte mich anschließend zum Essen einladen. Da ich aber immer vorsichtig mit privaten Beziehungen am Set bin, lehnte ich mit dem Satz ab: „Ich gehe nicht mit Leichen aus!“

WOLL: Welche Traumrolle möchtest du gerne spielen?

Ein wirklich langgehegter Wunsch von mir ist, mich im Kino auf der Leinwand zu sehen. Die Rolle ist nicht festgelegt, nur Charakter soll sie haben und Spaß soll es machen.

WOLL: Wie ist denn deine Situation als Schauspielerin in Corona-Zeiten?

Mir ging es im letzten Jahr erstaunlich gut, anders als vielen meiner Kollegen. Ich habe sechs Folgen „Um Himmels Willen“ gedreht. Leider ist im Dezember 2020

nach 20 Jahren die Serie abgesetzt worden. Die neuen Folgen werden aber ab

März 2021 ausgestrahlt, in denen ich als Politikerin an der Seite von Fritz Wepper zu sehen bin.

Außerdem kann ich gut mit Geld umgehen, man weiß ja nie, wie oder ob es weiter geht.

WOLL: Du lebst seit 1983 in München. Was hat Attendorn, das München nicht hat?

Den Biggesee, die Tropfsteinhöhle, die Osterfeuer, gesegnetes Kümmelbrot

(Hmmmm, lecker – schmeckt besser als ungesegnetes), Café Harnischmacher und mein Elternhaus.

WOLL: Wie kommst du klar mit den Bayern?

Das Klischee sagt ja, der Bayer sei grantig, das stimmt für mich nicht, sie sind nur sehr eigen und können auch stur sein und sind damit den Sauerländern nicht unähnlich. München ist mein zweites Zuhause geworden, diese Stadt hat mich immer gut behandelt.

WOLL: Was haben die Sauerländer was die Bayern nicht haben?

Ich bin sehr selten in Attendorn, aber wenn ich komme, heißt es immer noch: Du bist doch eine Einhoffsche?! Wer da geboren wurde, gehört dazu, das rührt mich.

Außerdem ist der Sauerländer sehr praktisch und direkt, das gefällt mir.

WOLL: Du lebst jetzt 23 Jahre mit dem Filmproduzenten Volker Becker-Battaglia zusammen – dieses Jahr soll die Hochzeit sein, hast du gesagt. Bist du sicher?

Das hört sich lustig an! Tatsächlich hatte ich immer Angst vor dieser Art der Bindung. Ich bin sehr katholisch erzogen worden, und die Ehe kam mir lange so vor, als hätte ich einen Ring um den Hals, statt am Finger …

Zum Glück hat sich dieses Bild geändert und ja, ich bin mir sicher!